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DeS Mädchen« H?rz schlug heftig, daS Blut wallte rascher; alle Sinne schienen ihr zu schwinden; aber der Gedanke an ihren Vater und ihre Sendung brachten sie wieder zu sich selbst. Wenn eS auch noch in Ihr stürmte, so faßte sie sich gewaltsam und verneigte sich vor der stolzen Lady, welche sich erhoben batte, um sie zu empfangen. Da stand sie von Angesicht zu Angesicht vor der Frau, welche ihren Vater eines feigen und entsetzlichen Verbrechens schuldig geglaubt und ihn in der Stunde der schwersten Prüfung herzlos verlassen hatte, vor der Frau, die er noch lieble und verehrte, nach der er sich sehnte mit dem ganzen Feuer seines edlen Herzens; vor ihr, deren Arme sie in ihrer zartesten Kindheit behütet, an deren Herzen sie geruht, an deren Brust sie die ersten Thränen vergossen und zuerst gelächelt halte, die sie geliebt haben mußte mit ganzer Zärtlichkeit, — vor ihrer Mutter! Und vor dieser stand das Kind ihres Herzens, fremd der eigenen Mutter, welcher sich ihre ganze Seele zuwendete. Vom Ueberflnß des Reichlhums umgeben, lachte daö Glück aus den Augen der schönen Lady, während ihr Gatte im fernen Lande, verkannt und vernrtheilt von der Well, seine trüben Tage verlebte. Nur dieses einzigen Ge dankens bedurfte es, UNI Alexa ihre Ruhe wiederzugeben; sie mußte unerkannt bleiben, wollte sie ihre Aufgabe erfüllen, und cS galt, Alles daran zu setzen, bas furchtbare Dunkel zn lichten, welches jenes Ver brechen, um dessenwillen ihr Vater litt, einhüllte. Und doch zog ein kaum zu besiegendes und so erklärliches Gefühl Alexa hin zu ihrer Mutter und sie bedurfte ihrer ganzen Kraft, um nicht die Arme auS- zustrccken und „Muller, ich bin Constanze, Dein todtgeglaubles Kind!" zu rufen. Lady Wolga war belroffen von des Mädchens Schönheit, dessen liebliches und so edleS Gesicht einen wunderbaren Eindruck auf sie machte und von dem sie sich beim ersten Anblick ungezogen fühlte, ohne daß ihr auch nur der leiseste Gedanke gesagt hätte, daß diese wundervolle Erscheinung ihre Tochter sei, welche sie scchszehn Jahre als todt betrauert halte. Wohl glaubte sie dieses goldene Haar, diese Saphirangen schon irgend wo gesehen zu hoben, und sie sann darüber nach, während sie sich im Anschauen verlor, aber keine Stimme des Herzens, kein instinktmäßiges Gefühl führte sie auf die rechte Spur. Sie grüßte Alexa mit dem üblichen Anstand, und bat sie, Platz zu nehmen. Sie bemerkte, wie blaß das Mädchen war und schrieb diese Blässe anfangs deren Aengsllichkcit zu; als sie aber dem furcht losen Blick der blauen Augen begegnete, wußte sie, daß Alexa nicht von ihrem hohen Rang eingeschüchlerl war, ober sich vor ihrer Gegen wart fürchtete. „Sie wünschten mich zn sprechen in Betreff der Stelle als Ge sellschafterin, Miß Strange," sagte Lady Wolga sich wundernd, was ein Mädchen wie dieses, welches als Liebling einer aristokratischen Familie geboren zu sein schien, getrieben haben konnte, sich selbst sein Brot zu verdienen. „Haben Sie schon eine ähnliche Stelle inne gehabt?" „Nein, Mylady," antwortete Alexa, und ihre Stimme klang fest und klar, obwohl ihr Herz keineswegs ruhig war. Ich bin stets zu Hause gewesen. Es war bis jetzt nicht nolhwendig für mich, meinen Vater zu verlassen." „Ihre Heimalh ist nicht in England?" fragte Lady Wolga, einen Blick ans den Brief werfend. „Sie sagen hier, daß Sie eine Fremde in England sind." „Meine Heimath ist in Griechenland, Mylady. Ich bin erst seit ein paar Tagen in England." „In Griechenland? Sind Sie nicht von englischer Geburt?" „Ja, Mylady, aber mein Vater ist, — ich glaube, ist das, was man in England mit verarmt bezeichnet," erwiderte Alexa etwas zögernd. „Er lebt sehr bescheiden von einem Einkommen, welches hier wahr scheinlich als sehr unbedeutend angesehen werden würde; eS reichte jedoch bin, uns dort anständig zu ernähren." „Ich verstehe," sagte Lady Wolga, an die große Zahl verarmter Englänger denkend, welche sich nach den Continent zurückgezogen haben, wo sie, zn stolz ober unwissend znr Arbeit sind, von einer unbedeutenden Rente rin jammervolles Leben führen. „Aber Sie sind »och gar zu jung, Ihren Unterhalt selbst zu verdienen." „Ich bin älter, als ich vielleicht aussehen mag, — ich bin zwanzig Jahre alt," entgegnete Alexa. „Ich hatte eine geschickte französische Gouvernante, welche erklärte, mich nichts mehr lehren zu können. Wenn Sie meine Kenntnisse einer Prüfung unterwerfen wellen, denke ich. Sie werden mich zur Gesellschafterin befähigt finden und einen Versuch mit mir machen. Ich werde mich bestreben, Ihnen zu gefallen, Mylady." „Theilen Sie mir etwas mehr über sich selbst mit," sagte die Lady freundlich. „Sie wurden in Griechenland von einer französischen Gouvernante erzogen?" „Ja." „Ihr Vater lebt noch?" „Ja, Mylady." „Brachte er Sie nach England?" „Nein. Er übergab wich der Obhut deS SchiffScapjtänS, welcher mich dann an den Bahnhof brachte und den Schaffnern empfahl. So kam ich nach Paris zu meiner alten lieben Gouvernante ohne den geringsten Unfall." „Und Ihr Vater gestattet? Ihnen, diese weite Reise ohne Be gleitung zu machen?" Er wollte mich anfangs nicht gehen lassen," sagte Alexa; „aber ich erkannte, daß es das Beste sowohl für ihn wie für mich sei, und endlich gab er meinem Bitten und Drängen nach." „Und Ihre Mutter?" Das Gesicht des Mädchens wurde plötzlich hart wie Stein, und in ihren Augen zuckte es wie Trotz und Herausforderung, als sie mit tonloser Stimme antwortete: „Ich habe keine Mutter." (Fortsetzung folgt.) Vermischtes. * In ungarischen Blättern wird aus Brezina bei Rokytza» nach stehende Geschichte berichtet: Am 1. d. verließ ein dritthalb Jahre altes Mädchen in Begleitung eines Hündchens dos Dorf, um der Mutter auf daS Feld zu folgen. Das Kind verfehlte den Weg und gelangte in den Wald, wo cS sich verirrte. Als die Mutter nach Hause kam und hier erfuhr, daS Märchen sei ihr auf das Feld ge folgt, war sie nicht wenig erschrocken und lief schleunigst wieder aus dem Dorfe, um die Kleine zu suchen.? Lange irrte sie in den Feldern herum, rief daS Kind und den Hund beim Namen, aber nirgends war eine Spur von den Vermißten zu erblicken. Run zog fast das ganze Dorf aus, um die Verlorene zu suchen. Man snchte in den Felbern, man suchte im Walde, aber da wie dort vergeblich. Mitternacht war längst vorüber, als Jemand die Nachricht brachte, daS Mädchen sei in Osek gesehen worden. Sofort machten sich die Ellern nach diesem Orte auf, allein ibr Kind war nicht da. Ein Weib erzählte, sie habe gegen Abend daS Mädchen mit dem Hündlein im Walde bei Habern gesehen. Trostlos kehrten die Eltern nach 1 Uhr nach Hause zurück. Draußen aber regnete und stürmte es unaufhörlich. Am frühen Morgen machten sich sämmtliche Dorfbewohner wieder auf die Füße und zogen in den Wald. Tief in demselben rief eine Frau einige Mal nach dem Hündlein, und zu ihrer großen Freude kam dieses nach einigen Augenblicken aus dem Dickicht, winselte und kehrte sofort um. Die Frau ging dem Hunde nach uno fand das Kind leblos in einem Busche liegen; der Hund hatte sich wiederauf dasselbe gelegt, cS mit seinem Körper wärmend. Eiligst wurde nun die Kleine nach Hanse gebracht, wo sie nach und nach zu sich kam. Freilich ist das Kind krank und läßt sich heute noch nicht sagen, ob eS genesen wird; sicher aber ist, daß es zn Grunde gegangen wäre, wenn nicht sein kleiner vierfüßiger Begleiter dasselbe mit seinem eigenen Körper in der frostigen nassen Nacht geschützt hätte. * Hamburg. In der letzten Sitzung der Bürgerschaft kam das Hamburger Lotteriewesen sehr eingehend zur Debatte; es stellte sich dabei baS überraschende Resultat heraus, daß eigentlich erst durch die Porloermäßigung das Hamburger Lotteriewesen zur heutigen AnSbehn- ung gelangt sei. Nachweislich werden jährlich an 16 Millionen Briefe seitens der Lotterie.Kollekteure abgeschickt, so daß die Post eine Ein nahme von N/2 Millionen Mark Porto hiervon hat. Die Post hat in Zeiten der Looseverscndung sogar ein eignes Sortirbureau auf denf Venloer Bahnhof. Nachdem der Antrag gefallen, die Hamburger Lotterie, die sich im Auslande nicht des besten Rufes ob ihrer stehenden „Bettelbriefe erfreute, mit dem Jahre 1880 eingehen zu lassen, wurde der Ausschußantrag angenommen, den Pachlcontracl mit den fünf Haupt-Kollekleuren nicht zu erneuern und evenl. einen Generalpächter oder eine Lotterie-Direction einzusetze». * Nachdem von den in Lägerdorf gebornen Fünflingen schon vorher vier mit Tode abgegangen waren, ist am Sonnabend auch daS letzte Kind, 14 Tage alt, gestorben. " Eine Falschmünzerwerkstätte ist in Dortmund entdeckt worden. * Nach der Mittheilung einer portugiesischen Zeitschrift leben un gefähr 3000 Neger in Portugal, und zwar zwei Drittel davon in der Hauptstadt Lissabon, das andere Drittel in einigen Küstenslädten. Die Zahl der schwarzen Bevölkerung hat in den letzten Jahrzehnten fast gar nicht zugencmme», da die Kindersterblichkeit eine überaus große war. Obgleich die Neger seit dem Jahre 1826 gleiche politische Rechte mit der Bevölkerung Portugals erlangt haben, so ist doch die Kluft im socialen Leben geblieben. Ein Beweis dafür ist, daß nach- weislich innerhalb der letzten 40 Jahre im Königreich Portugal nur 2 Neger Ehen mit weißen Frauen und nur 11 Weiße Ehen mit Negerinnen geschlossen haben. Hhemnitzer Marktpreise vom 16. Oktobei : 1878. weißer und bunter Waizen 9 Mk. 60 Pf. bis 10 Mk. — Pf. pr. 50 Kilo, gelber 0 50 „ „ „ „ inländischer Roggen 7 „ — „ „ 7 „ 9'» „ ,, „ „ fremder 0 „ 2«) „ ,, 6 ,, 50 „ Braugerste 50 Futtergerste 6 „ 5v „ „ e » 95 „ „ „ „ Hafer d „ 25 „ ,, 7 „ Heu 2 „ E— „ „ 2 „ 50 „ „ „ Stroh 2 ,, „ „ 2 „ 50 „ „ „ „ Kartoffeln 2 „ 85 ,, „ „ „ Butter 2 „ 20 „ „ 2 « 50 „ „ i ^ilo.