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Vertrauen, welches die obige alte Firma genoß, getauscht ward. Das Meiste verlieren dabei die Landleute der umliegenden Ortschaften, sowie der Handwerkerstand. Der Gesammtbestand der ca. 2800 Forderungen darstellenden Passiven beziffert sich auf rund 6,300,000 M., denen gegenüber die Activen verschwindend klein sind, so daß sich die Be» fürchtung Bahn bricht, es werken den Gläubigern nach Abzug der Kosten höchstens 8 Proeent verbleiben. Haase 86N. befindet sich in Untersuchungshaft, während sein Sohn gegen eine Caution von 30,000 M. freigelassen wurde. Leider hat der Bankerott mehrere Opfer an Menschenleben gefordert. Der hiesige Saltlermeister D-, ein bereits bejahrter Mann, der alle seine Ersparnisse bei Haase u. Sohn deponirt hatte, wurre vor Verzweiflung über den Verlust seiner Habe wahnsinnig und starb, während eine ältere Frau aus gleichem Grunde ihrem Leben durch Erhängen ein Ende machte. Zwickau. (Oeffentliche Gerichtssitzung.) Der bereits wegen Diebstahls bestrafte Handarbeiter Max Robert Richter aus Nieder« zwönitz, 27 Jahre alt, räumte in der am 8. Oktober unter dem Vorsitze des Herrn Ger.'Ralh Sarfert wider ihn abgehaltenen Haupt verhandlung, an welcher Schöffen nicht Theil nahmen, unumwunden mehrere ihm beigemessenen Diebstähle ein. Er entwendete am 30. Mai d. I. dem Gartenbesitzer Gruner in Hoheneck einen Anzug im Werthe von 16 M., am ll. Juni d. I. dem Seminaristen Günther in Lenkersdorf eine Uhr mit Kette im Werthe von 40 M., am 17. Juni d. I. dem Soldaten Hofmann in Hoheneck eine Uhr mit Kette im Werthe von 26 M-, etwa 14 Tage nach Pfingsten dem Schank- Wirth Uhlig in Niederzwönitz 2 Packele Cigarren im Werlbe von 5 M. 25 Pf. und am 28. Juni d. I. dem Handarbeiter Carl LouiS Leistner in HermannSdorf millelS Einbruchs, EinsteigenS und Erbrechens von Behältnissen I Portemonnaie, 1 Cigarrenetui, 1 Cigarrenspitze und 1 Taschenuhr im Werthe von 18 M. 70 Pf. Der Gerichtshof verurtheille den Angeklagten Richler zu 1 Jahr 5 Monaten Zuchthaus, 3 Jahren Ehrenrechtsverlust und Polizeiaufsicht. Wegen Entwendung einer Tabakspfeife wurde Richter freigesprochen, weil der Bestohlene nicht ermittelt worden. Als Verlheieiger Richters fungirte Herr Adv. Seifert von hier. Stollberg, 8. Oktober. Dem Vernehmen »ach ist der junge Mann, welcher vor einigen Tage» wegen versuchter Verwertbung ge stohlener französischer Staatspapiere in Haft genommen worden war, sehr bald wieder freigelassen worden, da sich herausgestellt hat, daß er dieselben von seinem verilorbenen Bruder neben ankeren Werlhpapieren ererbt und von dem unredlichen Erwerbe der fraglichen Effecten keine Kenntnih gehabt hat. Schwarzenberg, 7. Octbr. Der vorgestrige Besuch Sr. Excellenz des StaatSministers v. Könneritz soll dem Vernehmen nach durch den Weiterbau der Eisenbahn von hier nach der Landesgrenze veranlaßt worden sein. Infolge der stattgehabten Untersuchung soll der Zeit punkt der Inangriffnahme erwähnter Linie nicht zu ferne sein. ES würden damit die längst gefühlten and lauten Wünsche Johanngeorgen stakts sicher ihrer Erfüllung nahen. X Auerbach. Am Morgen des Seminar« Weihetages (9. Ok tober), der — entsprechend dem dermaligen niedrige» Barometerstände — mit bewölktem Himmel anbrach, hätte man kaum zu hoffen gewagt, daß sich das Wetter noch so außerordentlich günstig gestalten würde. Schon am frühen Vormittage prangte die Stadt, voran die öffent lichen Gebäude, im reichsten Flaggenschmuck. Don 9 Uhr an riefen Trommeln und Signalhörner die Vereine der Stabt zusammen. Es galt einem Festznge von dem Keffei'schen Hause (dem zeilherigen Seminare) am Neumarkte nach dem neuen Seminargebäude. Vor demselben bildete der unter klingendem Spi>le und wehenden Fahnen angel,uzte Festzug ein Spalier, durch welches sodann S. Excellenz Minister d. K. u. ö. U., I)r. v. Gerber unter Begleitung des Swul- rathes Bornemann und anderer hohen Ehrengäste ihren Eintritt in das Gebäude nahmen, das, an sich schon ein ebenso schöner, als im- ponirender Bau, im Innern auf das Gefälligste mit Orangerie und Topfgewächsen decorirt war. Der Weiheact, zu dem die Spitzen der Stadl, die städtischen Collegien, die Lehrerschaft und Vertretungen der Nachbarseminare geladen worden waren, erfolgte in der schon ohne jeden fremden Schmuck sich prächtig darstellenden Aula. Eine Orgel« sonate, welche Gelegenheit gab, die Tüchtigkeit des Orgelbauers Jahn auS Dresden und die Meisterschaft des sie spielenden MusiklehrerS zu erkennen, eröffnete den Weiheact. Unter den Gesängen, welche ge legentlich des Actus vom Seminarchore vorgetragen wurden, nahm der von Or. Klotz gedichtete und von Ed. Reißmann componirte Weihe gesang unser besonderes Interesse in Anspruch. Gern erkennen wir hier an, daß die Leistungen des Seminarchores größte Sauberkeit und feinstes Verstänoniß zeigten. S. Excellenz, der Minister, lieh in seiner Neve den Gefühlen der Freude, des Dankes und der Hoffnung Aus druck und übergab das Gebäude dem Seminarrirektor. Dieser kenn zeichnete in seinem Vortrage die Ausgabe des Seminars, charakter- tüchtige Lehrer zu bilden und mahnt die Schüler der Anstalt, das Wort zur Thal werken zu lassen. Zugleich im Namen anderer säch sischer Seminare wünschte Seminarvireklor Schütze aus Waldenburg den Lehrern und Schülern der Anstall Gottes reichsten Segen. Mit einem allgemeinen, Sr. Maj. dem König Albert geweihten Gesänge endete die erhebende Feier. Ihr schloß sich ein von der Stadt im Hotel z. br. Roß veranstaltetes, durch die Theilnahme der hohen Ehrengäste verherrlichtes Festmahl an, zu welchem das Petzold'sche Musikchor Tafelmusik spielte. Es wurde diese letztere durch geistreiche, den König und die hohen Ehrengäste feiernde Toaste und durch ein Ständchen unterbrochen, welches die vereinigten Gesangvereine Arion nud Liederkranz Sr. Excellenz brachten. Nach 5 Uhr trat S. Excellenz die Heimreise an, vom Seminarchore auf dem obern Bahnhöfe mit wehender Fahne und harmonischem Hoch begrüßt. Die ganze Feier nahm den herrlichsten Verlauf und schloß mit einem öffentlichen Balle im Casino. X Auerbach. In dem neuerbauten Zeh'schen Hause an der südlichen Göltzschbrücke (Falkenst. Str.) ist vor Kurzem ein Gimpel gekauft worden, schön roth, wie er nur so auSsehen mußte. Nach dem Mausern hat das kuriose Dompfäffchen ein schwarzes Kleid ange« legt. Der Besitzer dieser Seltenheit heißt Rudolf Anger. (Sollte Jemand Aebnliches beobachtet haben?) In Meißen ist vorgestern das 6jähr. Töchterchen einer nach dem Bahnhofe gehenden Frau aus Königsteiu durch eine in Folge Repa ratur deS Pfostenbelags der Eisenbahnbrücke entstandene Oeffnung in die Elbe gefallen, von 2 auf einem unterhalb der Brücke liegenden Kohlenkahne befindlichen Schiffern aber mit Haken herausgezogen und gerettet werken. Schandau, 7. Oktober. Am 5. Oktober verunglückte der in den 50er Jahren stehende Steinbrecher August Friebel aus Ostrau auf eine recht traurige Weise. Derselbe war in einem Steinbruche in Postelwitz damit beschäftigt, in der Nähe der Elbe Steine hinwegzu räumen, als oben vom Bruch aus ein großer Steinblock herunterrollt, der aber wäbrend seines Herabrollens eine falsche Richtung nimmt und ve» im Ausweichen begriffenen Mann unglücklicherweise derartig erfaßt, daß derselbe von der Sleiumasse vollständig zermalmt wurde. Der Bekauer»Swerlhe hinterläßt eine Wittwe mit 7 Kindern und soll derselbe leider auch nickt Mitglied der so zweckmäßigen Steinbrecher unterstützungskasse gewesen sei». Roßwein. Das älteste Ehepaar lebte bisher in Sachsen Greifen dorf und war daselbst am 4. Mai 1810 getraut worden. Der Tod entriß am 2. Oktober die Gattin ihrem Gatten, Kindern, Enkel unv Urenkeln. In Wurzen ist eine landwirthschaftliche Lehranstalt eröffnet worden. Dieser Tage feierte in LtiSnig Herr Superintendent Anacker sein 25jäbrigeü Amtsjubiläum. Altenburg. Nach einer Mittheilung des „Osterländer Boten" ist in Großstöbnitz die Diphtheritis (Rachenbräune) so heftig aufge treten, daß gegen 30 Kinder daran erkrankt sind. Die Schule ist deshalb anSgesetzt worden. Aschersleben. Wenn neulich hinsichtlich rer erschrecklichen Ver mehrung der Hamster mitgetheilt wurre, daß die abgelieferte Anzahl 3l,000 betrug, so sollte man zu der Annahme gelangt sein, daß fast keiner derselben übrig geblieben sei. Das ist aber nicht der Fall, kenn noch werden täglich gegen 2000 Stück gefangen und abgeliefert. Die Gesammtzahl ker bis zum 8 Ost. abgelieferten Hamster beträgt 62,000 (zweiundsechszigtausend), woraus der Stadtkasse eine Ausgabe von 620 Mark erwachsen ist. In Folge deS trockenen und warmen Wetters vermehrten sich auch die Felrmäuse sehr stark. Als Beweis dafür möge die Thatsache kieuen, kaß neulich zwei Knechte beim Pflügen in einem Tage 700 Stück getöotet habe», was nur nebenbei geschehen konnte, da die Leitung der Pferke und des Pfluges einen großen Theil ter Zeit in Anspruch nimmt. Vermischtes. * Für Jagdliebhaber. Schulze, ein bekannter berliner Weiß« bierwirth halte sich ein Vermögen erworben unv wollte nun sein Da sein als „Renlenleber" beschließen. Da er ein großer Jäger vordem Herrn war, so erwarb er sich in Oberschlesien ein Gut mit Jagdge- rechtizkeit, in dessen Nähe er früher selber oft die Jagd gepachtet hatte. Nun lagen Schulze'S Jagdgründe aber derart zwischen Ge» meinvewaldungen und anderen Ländereien, daß er schwer einem Hasen beizukommea vermochte, ohne bei dieser oder jener Gelegenheit mit einem Waldhüter in Konflikt zu kommen und wegen Jagdfrevels be straft zu werden. Schulze wollte sicher gehen und 14 Tage vor Er öffnung der Jagd machte er einen Rundgang. Als er den ersten Feldhüter sah, rief er denselben an und sagte: „Na, alter Krause, wie gehtS denn, noch immer munter, noch immer auf den Posten? Schwerer Dienst! Wie wär'S denn mit einem Thaler? Eigentlich bin ich Euch noch ein kleines Trinkgeld schulkig. Da hab ich ein Zehnmarkstück. Könnt Ihr mir 7 Mark herausgeben? Nicht? — Na, denn auch gut! Dann bringt mir die 7 Mark gelegentlich zurück, wenn ich Euch wieder begegne. Krause verspricht das, bedankt sich sehr und geht. Schulze setzt seine Wanderung fort und beglückt den zweiten Feldhüter und einen alten Waldhüter in derselben Weise; jedem schenkt er einen Thaler und bittet, ihm den Rest des überreichten Zehnmark stücks später zu geben. Als dann die Jagd eröffnet wurde, konnte unser Berliner jagen, wo er nur immer Lust batte, denn sobald ihm einer der Beschenkten in die Quere kam, riß dieser aus, denn er fürchtete, Schulze könnte ihn au die Zurückgabe der 7 Mark erinnern.