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Erscheint wöchentlich drei Mal und »war Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). AbonnementSpreis beträgt vierteljährlich I Mart SV Pf. prsenuwsrLNlin. Zwönitz nn^Umgegend. Amtsblatt für den Stadtgcmcinderath z» Zwönitz. SS. Donnerstag, den 22. August 1878. Z. Jahrg. Amtiger für Inserate werden bi» spätestens Mittags deS vorhergehenden TageS des Erscheinens erbeten und die CorpuSspaltenzeile mit IO Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Tagesgeschichte. So wäre denn nun auch im Wahlkampfe Blut geflossen. Es kam aus Harburg bei Hamburg die Nachricht, daß es anläßlich der dortigen Stichwahl zu blutigen Straßenkämpfen gekommen. Zum ersten Male, seitdem im neuen Reiche bei den Wahle» die Ueberzeug- ungen und Strebungen mit einander ringen, ist die Faust, der Stein wurf, ist die Kugel dem Kampf der Argumente beigesprnngen. Die Leidenschaft hat sich bis jetzt nur in Zornesworten, in heftigen Reden und ZeitungSarlikeln ausgetobt, Verleumdung und Verdächtigung der Gegner war bisher die schlimmste Ausgeburt des Parteihaders — in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag ist eS zu schlimmen Exzessen gekommen. Inmitten der wüthenden politischen Kämpfe, die unser Land aufwiihllen, Bürger gegen Bürger erbilterlen, den Klassenhaß aufs Höchste steigerten, konnten wir uns noch trösten mit dem Hinblick auf andere Länder, in denen der wirkliche, brutale, männermordende Krieg wülhel, konnten wir uns doch sagen, daß mindestens das Leben der Bürger noch nicht gefährdet sei in deutschen Landen. Ein böses Geschick hat nun auch in diesen kärglichen Trost Bresche geschlagen. In Harburg bei Hamburg tobten Sonnabend Nachts aufrührerische Tumulte. Die Stichwahl zwischen den nalionalliberalen Bürgermeister Grumbrecht und dem von den Sozialdemokraten unterstützten welfischen Kandidaten fand an jenem Tage statt und erhitzte die Gemüther so sehr, daß einzelne Wähler von den welfisch.sozialistischen Wählern thätlich mißhandelt, auf das Barbarischste blutig geschlagen wurden. Darauf wurde das Haus des Bürgermeisters mit Steinwürfeu be dacht, die Fenster wurden eingeschlagen, die Wände arg beschädigt und von Minute zu Minute wuchs der Tumult. Einer kleinen Militär- abiheilung, von der Feuerwehr unterstützt, gelang es nicht, die Tumul tanten auSeinanderzulreiben. Es mußte mehr Militär requirirt, mußte Feuer gegeben werden. Ein Todter und viele Verwundete blieben auf dem Platz. Am Sonntag gingen Patrouillen, die Gewehre mit scharfen Patronen geladen, durch die Stadt und eine Reihe von Sicherheitsmaßregeln ist durch ein Manifest der Behörden angeordnet, die Wirthshäuscr müssen jeden Abend um 10 Uhr geschlossen werden u. dergl. m. Soweit mußte eö also bei uns kommen. Der Kamps gegen die Umsturzparteien entbrennt nun mit Heftigkeit in allen großen Staaten des Kontinents. Paris, 18. August. Morgen beginnt in allen Departements die Session der Generalrälhe. Dieselbe gewinnt eine große Bedeutung durch die Nähe der Senatorenwahl. In den Manifesten der beioen republikanischen Wahlcomiles sind die Mitglieder der Generalrälhe in denjenigen Departements, deren Vertretung im Senat crnenert werden muß, aufgesorkerl worden, diese Session zu benutzen, um ihre Candidaten für den Senat zu bezeichnen. Es scheint, daß dieser Nath überall befolgt werben wird. Die betreffenden Departements sind 29 an der Zahl, und obendrein findet eine Wahl in 5 anderen Departements Statt, deren Vertreter znm Theil gestorben sind. Die Wahlbewegung erstreckt sich also über 34 Departements, einen beträchtlichen Theil deS Landes. Die Reaktionären werden ihrerseits nicht müssig bleiben, denn da die Bildung eines CentralwahleomiiöS in Paris ihnen so gut wie mißlungen ist, müssen sie sich umsomehr angetriebeu sehen, ihre locale Propaganda zu beschleunigen. Von den Senatswahlen abgesehen, wird die Session schwerlich ein politisches Interesse bieten. Uebcr Vorgänge in Odessa betreffs deren bis jetzt mir Mittheil« ungen fragmentarischer Natur in die Oeffenllichkeit gedrungen, wird der „Wiener Abendpost" geschrieben: „In Odessa wurde am I. d. über die Nihilisten Kowalsky (Sohn eines Geistlichen), Swititsch, Witaschewski, Slndfmski und Klenoff, sowie die adeligen Fräulein Witten, Afanasieff und Mershanowa von dem Militär Gerichtshöfe das Urtheil gesprochen, und wurde wegen revolutionärer Umtriebe und bewaffneten Widerstandes gegen die Obrigkeit Kowalski zum Tobe durch Erschießen verurthcilt, die anderen aber zum Gefängniß auf längere oder kürzere Zeit, zur Verbannung nach Sibirien u. s. w. Nach und nach hatte sich ein zahlreiches Publikum eiögefunden, welches die Zu gänge des GerichtSgebäudeS in der Gulewajastraße besetzt hielt. Am 5. d., an welchem Tage das Urtheil verkündigt werden sollte, halten sich die Socialisten verstärkt; die Polizei war auf ihrer Hut, eine Compagnie Soldaten war beim Gerichtsgebäude aufgestellt. Kaum war, um zehn Uhr Abends, das Urtheil verkündigt, so öffnete ein junger Mann, welcher im Gerichlssaale anwesend war, ein Fenster und rief, mit einem Taschentuche winkend, der unten versammelten Menge zu: „Luntuets!" (Verschwört euch!) Gleich darauf fing die Menge an zu stoßen und zu toben, einige Nevolverschüsse wurden auf die Compagnie deS SamoSzky'schen Infanterieregiments abgefeuert; vier Soldaten wurden verwundet, einer von ihnen starb schon am folgenden Tage. Vom Publikum, welches an dem Lärmen nicht theilnahm, wurden ein Mohileff'scher Kleinbürger und ein Unbekannter erschossen. In der Verwirrung suchten die Socialisten zu entkommen, und von Jenen, welche die Schüsse abfeuerlen, konnte kein Einziger festgenommen werden. Die Soldaten machten von ihren Schußwaffen keinen Gebrauch und halfen nur der Polizei, etwa 15 der ärgsten Schreier zu verhaften. Zu gleicher Zeit versuchte auf dem am Meere gelegenen Boulevard eine fanatische Demokratin Namens Krukowskaja vom Pavillon deS Restaurants ans das Publikum aufzuhetzen. „Laßt uns unsere Ehren männer den Händen der Henker entreißen", rief sie. Einige ent schlossene Männer aus dem Publikum wollten sie arretircn, sie fand aber Freunde, welche sie beschützten und versteckten, jedoch wurde sie von Polizeikosaken entdeckt und zur Haft gebracht. Auch auf dem Domplatze fand eine socialistische Demonstration statt. Aber in kurzer Zeit waren die Straßen mit Infanterie beseht und patrouillirten in ihnen starke Züge Kosaken und Husaren." Lokales und Sächsisches. Zwönitz. Am 1. September beginnt in Sachsen die Jagd auf weibliches Ebel- und Damwild, auf Kanin«, Auer-, Birk- unv Hasel- wild, auf Schnepfen, Wachteln, Wildtauben, Trappen und Dachse. Hasen und Fasanen dürfen erst vom 1. Octobcr an und weibliches Rehwild darf erst vom 16. Oclober an geschossen und verkauft werden. — Im XXIII. Wahlkreise (Plauen «. s. w.) hat nach offizieller Zusammenstellung in engerer Wahl zum Reichstage Superintendent Landmann in Plauen 5458, geh. Finanzralh Meusel in Dresden 5043 Stimmen erhallen. — Nach vorläufiger Zusammenstellung der Wahl ergebnisse Hal bei der engeren Wahl zum Reichslage im VIII. Wahl kreise (Pirna re.) der bisherige Abg. Adv. Eysolt in Pirna (Forlschr.) und im XV. Wahlkreise (Frankenberg rc.) Schriftsteller Vahlteich (Sozialist) die meiste» Stimmen erhallen. Freiberg, 20. August. In vergangener Nacht zwischen 11 uud 12 Uhr hat sich die HauSdienerSehefrau Emilie Richter hierselbst in der Nähe des Bahnüberganges auf der Freiberg-Chemnitzer Chaussee vom Eisenbahnzuge überfahren lassen und dabei ihren Tod gefunden. Die Unglückliche, 28 Jahre alt, ist seit Januar vorigen Jahres ver» heiralhet und im Monat Juni dieses Jahres entbunden worden. Außer Bruch des einen Armes waren arge Verletzungen des Kopfes und namentlich der einen Brustseite zu konstatircn. Die Frau soll seit der unlängst stattgefundenen Entbindung tiefsinnig gewesen sein. Werdau, 19. August. Mil dem gestrigen Sonntage hat das diesjährige Schützenfest sein Ende erreicht. Dieser letzte Tag, von der Witterung besonders begünstigt, führte wiederum eine ganz be deutende Menge von Besuchern dem Schühenplatze zu. Der neue Schützenkönig ist Herr Brauereibesitzer Friedrich hier, für welchen Herr Schneidermeister Müglitz de» Königsschuß gcthan hat. — Heute Mittag kurz vor 12 Uhr stürzte der Brunnenbauer Hellfritzsch beim Zudecken des an der Königswalder Straße bereits 36 Ellen tief ge grabenen Brunnens in denselben hinab und zog sich außer mehreren Gliederbrüchen auch solche schwere innere Verletzungen zu, daß sein Tod ungefähr b/i Stunde nach dem geschehenen Unglück erfolgte. Hell fritzsch stand im 50. Lebensjahre und hinterläßt eine Frau und zwei Töchter im Alter von 19 und 14 Jahren.