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Meist ziehen jedoch die armen Opfer solcher Brandschatzungen vor, ihre geringen Vorräthe mit diesen Raubvögeln zu theileu. Die Städter wagen eS nicht, sich auf die Landstraße zu begeben, aus Angst, den Strolchen in die Hände zu fallen und von ihnen als gute Prise be handelt zu werden. In der That vergeht kaum ein Tag, an dem nicht ein solcher Fall oder mehrere ruchbar würden. Die Landesregierung thut nichts, um dem geschilderten Uebel zu steuer». Die ihr zu Gebote stehenden mohammedanischen Sicherheitöwachen sind »»verläßlich u»d viel zu unzureichend, um kräftig und ausgiebig eiiischreiten zu können. Hierzu kommt noch, daß die untere Klasse der Mohammedaner, welche besonders hart von der Militärkonskription betroffen wurde, die Deserteure für Märtyrer ansteht und in Schutz nimmt. Sie sagen nicht mit Unrecht, daß die Insurrektion den Mohammedanern unend liche Opfer auferlegt, den Christen aber Vortheil bringt, halten cs also für recht und billig, daß die Deserteure, als Opfer der In surrektion, von den Christen erhalten werden. Diese vielocrbrcitete Anschauung lähmt natürlich nicht wenig die NegierungSgewalt. Die christliche Bevölkerung aber trägt den Schwierigkeiten der Behörde» keine Rechnung, sondern behauptet, daß daö Banditenwesen in Bosnien von der Negierung nicht nur geduldet, sondern förmlich unterstützt werde, um ja keine Ordnung aufkommen zu lassen. Bon einer absicht lichen Förderung des Unfuges der Deserteure kann nun allerdings keine Rede sein, wohl ist aber die Kraft der Negierung auf den Nullpunkt herabgesnnken. Sie entschuldigt und beschönigt, was sie nicht zu hindern vermag und hinter dem Schleier ihrer Nachsicht birgt sich nichts, als — Ohnmacht. Lokales und Sächsisches. Leipzig, 30. Juni. Von dem Comila, welcher mit der Einbe rufung des deutschen Tapezirercongresses beauftragt war, ist soeben beschlossen worden, wegen der Neichötagswahlen den Congreß, der bekanntlich in Leipzig stattfinbet, nicht wie ursprünglich bestimmt war, in den Tagen des 30. und 31. Juli und 1. August, sondern am 3I. Juli, 1. und 2. August abzuhalten. — Dem Pachter der hiesigen Stadttheater ist die nachgesuchte Erhöhung der Thealereintriuspreise unter gewissen Modifikationen von Nathswegen bewilligt worden. — Der Laufbursche eines hiesigen Goldarbeilers im Salzgäßchen halte vorgestern Nachmittag seinem Principal den Kaffee nach dem genannten Geschäftslocal zu tragen gehabt. Der eigenartige Geruch des Ge tränkes fiel dem Goldarbeiter auf und die ivfort angestellte Unter suchung ergab, daß der Kaffee eine beträchtliche Quantität Phosphor enthielt. Das erst 14'/e Jahre alle Bürschchen, dem gekündigt worden war, wurde sofort gefänglich eingezogen. Leipzig, 2. Juli. Im Juni wurden im hiesigen Fremdenbureau, Abtheilung für GcwerbSgehülfen, 2023 zugereiste Gewerbsgehülfen an gemeldet; von diesen traten 307 hier in Arbeit, wogegen von den hier in Arbeit stehenden 301 die Arktik verließen und abreiste». Es ergingen 932 WohnungS-An- und Abmeldungen. — Die Magdeburger Bahn beförderte im vorigen Monate von hier aus 321 Personen, größtentheils Böhmen, welche über Bremen nach Amerika auöwankerten. — Ein konditionSloscr Kaufmann aus Bayern legte gestern hier in seiner Wohnnng Hand an sich, indem er sich mittelst eines Revolvers in die Brust schoß. Er wurde noch lebend nach dem Krankenhause gebracht, verschied aber dort Abends in der 8 Stunde. — Bei dem Abputzen des Hauses Nr. 10 am Noßplatze, in welchem sich jetzt die k. KreiShanptmannschaft befindet, stürzte gestern Nachmittag der Maurer Hermann Laube aus Crostewitz ein Stock hoch von der Leiter herunter. Er erlitt schwere Verletzungen, welche im Krankenhanse, wohin man ihn brachte, Abends 11 Uhr seinen Tod herbeiführten. — Im Berliner Bahnhofe ließ sich heute früh Ve5 Uhr ein Postsekretär Schulze aus Berlin durch den ankommenden Zilzug überfahren. Gräßlich ver stümmelt, aber noch lebend, wurde er nach dem neuen Krankenhause gebracht, starb aber dort bald nach seiner Ankunft. Er war vor den Disziplinargrrichtshof vorgeladen. Muthmaßlich hat ihn dieser Um stand bewogen, den Tod zu suchen. Annaberg. Am 29. Juni wurde der in bester ManneSkrafl stehende Abtheilungsingenieur ans hiesigem Bahnhofe, Telle, welcher aus dem Heimwege begriffen war, plötzlich von einem Gehirnschlag getroffen und verschied nach kurzer Zeit in seiner Wohnung. — Am 29. Juni sind in der Nähe der Glashütte bei Crottendorf 7 Häuser und 2 Scheunen niedergebrannt. Da das Fener in einem Neisighaufen hinter einem Schuppen ausgekommen ist, so glaubt man Brandstiftung annehmen zu können. Buchholz. Am 30. Juni früh brach in dem Schuppen des in der Katharinenstraße gelegenen HouseS des PosamcntirmeisterS Hempel Feuer aus, welches sich bald auch auf das Wohnhaus erstreckte und beide Gebäude in kurzer Zeit in Asche legte. Das in unmittelbarer Nähe stehende Nachbarhaus war durch einen hölzernen Schuppen nicht wenig gefährdet, doch wurde die Gefahr durch das Niederreißen desselben beseitigt. Plauen. In der Nacht zum 1. Juli entstand in der Scheune der Wittwe Knüpfer in Geilsdorf Feuer, durch welches 7 Wohnhäuser, einige Scheunen und das Spritzenhaus in Asche gelegt wurden. Ein der Brandstiftung verdächtiger junger Mensch ist, wie der „B. Anz." erfährt, durch die Gendarmerie verhaftet worden. Eibenstock, 1. Juli. Der 58jährige Knecht des Mühlenbesitzers C. in Eibenstock, welcher regelmäßig Sonnabends Brod in den Orten TannbergSthal und Rautenkranz zu verkaufen pflegte und gewöhnlich in einem der Orte übernachtete, ist gestern Sonntag Vormittag auf der Rückkehr von einM unbekannten Individuum mit einem Beile niedergeschlagen und semer Baarschaft von über 300 Mark beraubt worden. Nachdem C. gerichtlich aufgehoben, wurde er noch lebend, jedoch bewußtlos nach der Wohnung seines Herrn gebracht und in ärztliche Behandlung genommen. An seinem Aufkommen wird ge zweifelt. Kirchberg, 2. Juli. Gestern Abend kurz nach 7 Uhr ist das dem Tischlermeister Ernst Weber in Obercrinitz gehörige Wohnhaus niedergebrannl. Kamenz. Am 27. Juni früh nach 3 Uhr brach auf dem Boden der Menzel'schen Häuslernahrung zu Laußnitz auf bisher noch uner mittelte Weise Feuer aus, welches in kurzer Zeit die zur gedachten Häuslernahrung gehörigen Gebäude total zerstörte. Man vermuthet Brandstiftung feiten einer geisteskranken Tochter Menzel'S. Der Königsbrücker Feuerwehr ist es zu danken, daß die nahe stehenden, mit Strohbedachung versehenen Güter von dem verheerenden Elemente verschont geblieben sind und dem nicht versicherten Kalamitosen der größte Theil seiner Habseligkeiten, darunter eine Summe von 400 Mark in einem bereits angcbrannten Beutel, gerettet wurde. Waldenburg, 30. Juni. Heute Vormittag hielt der hiesige Superintendent Herr I)r. Leo nach mehr als 50 Jahre langer Amtirung als Geistlicher, wovon ziemlich 43 Jahre auf Waldenburg kommen, die ersten 7 Jahre auf Leipzig unv Dresden, vor sehr zahl reich versammelter Gemeinde seine Abschiedspredigt auf bekränzter Kanzel. Eine Deputation des Kirchenvorstandes begleitete den fast 75 Jahre zählenden Greis und Jubilar zunächst von seiner Wohnung nach der Kirche in die Sakristei, und der gesammte Kirchenvorstand drückte ihm nach beendigtem Gottesdienste daselbst im Namen der Parnchie mit beredten Worte» seinen Dank, Anerkennung und Wünsche aus. Auch das Fürslenpaar gab hierauf een Gefühlen persönlich in der Wohnung des in Ruhestand tretenden Geistlichen besonderen Aus druck. — Seine letzte Predigt hielt Herr Or. Leo über die Worte: „Bleib bei uns, denn es will Abend werden rc." (Ev. Luc. 24, 29). zuerst bezog der Prediger diese Stelle aus seinen eigenen Lebensabend nnd dann auf den der Kirche. Hierbei kam er u. A. auf die Missionare des Unglaubens und auf die Bosheit der in diesen Tagen geschehenen Angriffe auf den greisen nnd wohlwollenden Monarchen. Er schloß mit Gebeten sür Kaiser, König, Fürsten, Obrigkeit, Gemeinde u. s. w. Die Ephoralgeschäfte wird der Jubilar nach hoher Bestimmung bis auf Weiteres noch fortsühren. In der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag ist in Marbach bei Roßwein das Wohn- und Scheunengebäuee des Gutsbesitzers Winkler niedergebrannt. Von dem Viehsland kam ein Schwein in den Flammen um. Sebnitz. Der Kassirer der hiesigen städtischen Sparkasse ist, wie der „Pirn. Anz." hört, in der Nacht vom 28. zum 29. Juni mit einem Betrage von circa 37,000 Mark flüchtig geworben. In der Nacht zum I. d. brach zu Schellenberg in dem Gehöfte des Rittergutes Jägerhof ei» Schadenfeuer aus und legte die Scheune, das Stall- und Schuppengebäude in Asche. Eine Kalbe konnte nicht gerettet werden, sowie das bereits cingebrachte Heu und verschiedenes Acker- und Wirthschaftsqeräthe. Der rastlosen Thäligkeit der schnell hinzugceilten Löschmannschaften gelang eS inbeß noch, die entstandene Feuersbrunst auf den eigentlichen Heerd zu beschränken, so daß nicht nur die beiden Wohngebäude des Rittergutes, sondern auch die der Feuerstätte zunächst stehenden Nachbarhäuser völlig verschont ge blieben sind. Der Erbe von Syberg. Noma» von Emil König. (Fortsetzung.) 20. Unmittelbar am Durchgänge der Eisenbahnbrücke unweit des Pratersternes in der Kaiserstadt an der Donau, in Wien, befindet sich ein Gartenlokal, in welchem man zur Heil der Weltausstellung häufig zwei Herren anlreffen konnte, welche die tausend und aber tausend Be sucher der Exposition hier Revue passiven ließen. „Wahrlich," sagte der Eine, „nirgends auf der Welt kann man heul zu Tage so schnell und gründlich sein geographisches Wissen be reichern und Völkerkunde studiren, als hier, wo fast jeden Augenblick Repräsentanten irgend einer obscuren Nation an uns vorüberschreiten!' „Sie haben Recht, Raniberg," entgegnete dec Andere, „aber am arrogantesten kommen mir doch Ihre Landsleute vor." Ramberg lächelte. „Unverbesserlicher! Immer der alte Marotte! Sind Sie denn nicht auch mein Landsmann, Weldorf?" „So gern ich Sie persönlich auch leiben mag," entgegnete dieser, „so muß ich mich doch gegen diese Auslassung verwahren. Sie wissen, ich bin Hannoveraner —"