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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). AbonnementSpreis beträgt vierteljährlich 1 Mark 20 Pf. prseimwerLnän. Zwönitz und Umgegend. Amtsblatt für den Stadtgemeinderath zu Zwönitz. 78. Donnerstag, den 4. Juli 1878.3. Jahrg. AMigcr für Inserate werden bl- spätesten- Mittags des vorhergehenden LageS der Erscheinens erbeten und die CorpuSspaltenzeile mit lv Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Oeffentliche Stadtgemeinderathssttzung Freitag, den 5. Juli o. Nachmittags 6 Uhr im Verhandlungssaal des Nathhauses. Tagesgeschichte. Die zehnte Kongreß-Sitzung, an welcher sämmtliche Delegirten theilnahmen, begann am Montag um 2 Uhr Nachmittags und endete »ach 5 Uhr. Die rumänischen Delegirten Bratiann und Cogalniceanu wohnten derselben bei und erläuterten die Wünsche und Forderungen ihres Landes. Man glaubt nickt, daß der Kongreß diese Wünsche berücksichtigen werde. Wegen der an Numänien abzutretenden Dobrudscha stehen nähere Grenzberichtigungen noch bevor. Ueber das Berhältniß des deutschen Reiches zum Vatikan sind seit einiger Zeit sehr widersprechende Gerüchte in die Oeffentlichkeil gedrungen. Der Reichskanzler erwirbt sich heute das Verdienst, Klar» heil in diese Situation zu bringe», indem derselbe einen Brief des Kaisers Wilhelm an den Papst veröffentlicht. Dieses kaiserliche Schreiben knüpft a» die Thronbesteigungsanzeige des Papstes an, welche dem Kaiser durch die bayrische Negierung zugegangen war. Der Kaiser wünscht dem Papst zunächst eine gesegnete Regierung der Kirche. Es heißt daun weiter: Ew. Heiligkeit heben mit Recht hervor, daß meine katholischen Unterlhanen gleich anderen der Obrigkeit und ihren Ge setzen die Folgsamkeit beweisen, welche den Lehren des gemeinsamen christlichen Glaubens entspricht. Jahrhunderte hindurck habe der christliche Sinn des deutschen Volkes den Frieden im Lande, gehorsam gegen die Obrigkeit, »reu bewahrt und leiste für die Sicherstellung dieser werthvollen Güter auch für die Zukunft Bürgschaft. Gern ent. nimmt der Kaiser den freundlichen Worten des Papstes die Hoffnung, daß der Papst geneigt sein werde, mit seinem mächtigen Einfluß dahin wirken, daß auch diejenigen, welche eS bisher unterließen, nunmehr den Gesetze» ihres Landes sich fügen. — Der „NeichSAnz." theilt ferner mit: Nachdem der Papst in seiner Erwiderung vom 17. April der Hoffnung auf die Erneuerung des früheren guten Einvernehmens wiederholt AnSoruck gegeben und als Mittel dazu die Abänderung verschiedener gesetzlicher Bestimmungen bezeichnet hat, richtete der Kron prinz am 10. Juni ein Schreiben an den Papst, welches der „Reichs- Anz." ebenfalls veröffentlicht, worin er demselben zunächst für die an läßlich des Attentates am 2. Juni bewiesene Theilnahme dankt. Dem in dem päpstlichen Schreiben vom 17. April ausgesprochenen Ver langen, die preußische Verfassung und Gesetze nach den Satzungen der römisch-katholischen Kirche abzuändern, werde kein preußischer Monarch entsprechen können, weil die Unabhängigkeit der Monarchie eine Min derung erleiden würde, wenn die freie Bewegung ihrer Gesetzgebung einer außerhalb derselben stehenden Macht untergeordnet werden sollte. Wenn es daher jetztnicht in des Kronprinzen und vielleicht auch nichtin desPapsteö Macht steht, einen Jahrtausend langen Prinzipienstreit zu schlichten, so ist der Kronprinz doch gern bereit, die Schwierigkeiten des Konfliktes im Geist der Liebe zum Frieden und der Versöhnlichkeit zu behandeln, welche das Er« gebnißderchristlichen Ueberzeugung des Kronprinzen sei. Unter derVorauS- setzung, bei dem Papste einer solchen Geneigtheit zu begegnen, wird der Kronprinz die Hoffnung nicht aufgeben, daß da, wo eine grund sätzliche Verständigung nicht erreichbar sei, doch die versöhnlicke Ge sinnung beider Theile auch für Preußen den Weg des Friedens er» öffnen werde, der anderen Staaten niemals verschlossen war. Beide Schreiben sind von- dem Fürsten Bismarck gegengezeichnet. In der Untersuchungssache gegen den Meuchelmörder Nobiling wird jetzt von Berliner Blättern berichtet, daß durch die ernstliche Thätigkeit der Behörde dem Komplot auf die Spur zu kommen, welches dem Attentate zur Unterlage gedient hat, bereits viel schätzcnSwertheS Material zu Tage gefordert ist. Die Behörde habe insbesondere Kenntniß von Verbindungen erhalten, die sich als staatsgefährlich dar- stellen und denen nun der Boden entzogen ist. Das körperliche Be- ! finden des Attentäters Nobiling geht merklich der Besserung entgegen. > Seine geistigen Funktionen lassen jedoch sehr viel zu wünschen übrig. Giebt Nobiling auch Antwort auf diese oder jene Frage, so sind doch viele Antworten meist unverständlich, unklar und sinnlos. Es ist kaum zu erwarten, daß Nobiling je wieder in den Vollbesitz seiner geistigen Fähigkeiten gelangen wird. Berlin, 2. Juli. Bulletin von heute Vormittag 10 Uhr. Die rheumatischen Beschwerden in den verletzt gewesenen Körpertheilen Sr. Majestät des Kaisers haben aufgehört. Das Allgemeinbefinden ist befriedigend. Berlin, I. Juli. Der „Neichs-Anz." publizirt die Ernennung des Berghauplmanns Serlo (Breslau) zum Oberberghauptmann und Ministerialdirektor, ingleichen die Ernennung des RegierungsratHS Dahrenstädt und des Superintendenten Nitzsch zu Mitgliedern des Kirchengerichtshofs. — Ferner schreibt der „Reichs-Anz.": Der Bot schafter Prinz Neuß hat nach Ueberreichung seines AbberufungöschreibenS Konstantinopel am 28. Juni verlassen. Die Bolschaftsgeschäfte leitet interimistisch Navelinök. — Dem Vernehmen nach hat der geheime Oberregierungsralh Hertzberg (Stellvertreter des Polizeipräsidenten) seine Pensionirung beantragt und das Gesuch durch Gesundheitsrück sichten motivirl. — Der von Petersburg eiugelroffene Prinz Alexander von Hessen stattete den Mitgliedern der Königsfamilie, dem Fürsten Bismarck, wie mehreren Kougreßveligirten Besuche ab und empfing deren Gegenbesuche. Der Kronprinz machte dem Prinzen Alexander im Hotel Royal einen längeren Besuch. — Die Gemahlin Lord Salisbury'«, welche mit ihren Töchtern, den Ladies Lucil, in Paris verweilte, trifft hier am Mittwoch ein und steigt im Kaiserhof ab. Wien, I. Juli. Die „Pol. Korresp." meldet aus Bukarest: Wie verlautet, rückt bas 12. russische Korps aus Rustschuk nach Silistria ab. In Numänien sind nur »och etwa 25,000 Russen. London, 1. Juli. Im Unterhaus erklärte auf Anfrage OnSlow'S bezüglich der Lage der Mohammedaner in von den Russen okkupirten Distrikten Bulgariens Northcote, er Hosse, daß Rußland in den in dieser Hinsicht gemachten Vorstellungen Erfolg haben und das in Folge des Kongresses die jetzigen Zustände in Bulgarien bald ein Ende nehmen würden. Hayter erwiderte Northcote, am 28. Juni habe in der Nähe von Opokorona ein ernstes Gefecht staltgefunden. Kalich Pascha sei auf Verlangen Layard'S abgesetzt. Layard sei angewiesen, der Pforte Vorstellungen zu machen und große Mäßigung bei Unter drückung der Unruhen anzuempfehlen. Athen, I. Juli. Ein Suda kreuzendes englisches Kriegsschiff hat nach Sya mitgelheilt, daß die Türken auf die kretensischen In surgenten feuern. Bei Apokorona wird fortgelämpft. Die türkische Bevölkerung Kauka'S lagert bewaffnet vor der Stabt und fordert die Absetzung des Gouverneurs. Was die Zustände in Bosnien anlangt, so werden dieselben sehr düster geschildert, um die österreichische Okkupation in'S rechte Licht zu stellen. Eine der vielen Landplagen, schreibt man z. B. aus Serajewo, unter denen die beklagenswerthe Bevölkerung dieses Landes zu leiden hat, besteht in dem Unwesen, welches von den zahlreichen, vagirenden Deserteuren ausgeht. Man darf die Zahl der letzteren ohne Ueber« treibung auf 1000 beziffern. Ein Theil hält sich zu Hause auf, ein anderer lebt in Verstecken, bezieht aber die UoterkunftSmittel vom Hause, ein dritter Theil aber irrt raubend und plündernd von Ort zu Ort, von Gehöft zu Gehöft, legt sich in Banden von 3 oder 4 Mann in kie Bauernhäuser in Quartier, treibt von den Bauern Kontributionen ein oder läßt sich mehrere Tage hindurch von ihnen verpflegen und sucht, wenn der eine Bauer erschöpft ist, dessen Nachbarn auf. Natürlich fehlt es ab und zu nicht an Weigerungen von Seilen der Bauern und dann giebt es Kampf mit verschiedenartigem Ausgange.