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Inserate werden bi» spätestens Mittags des vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die CorpuSspaltenzeile mit io Pst, unter „Eingesandt" mit 20 Pst berechnet. Zwönitz und^lmgegen-. Amtsblatt für den Stadtgememderath zu Zwönitz. 75. Donnerstag, den 27. Juni 1878. 3. Jahrg. AMtM für Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). AbonnementSpreiS beträgt vierteljährlich 1 Mark 2V Pf. prrenuwersnäo. Bekanntmachung. Die Wählerliste der Stadtgemeinde Zwönitz für die bevorstehenden Wahlen zum Deutschen Reichstage liegt vom S. Juli dieses Jahres an acht Tage lang an Rathsstelle zu Jedermanns Einsicht aus. Es wird dich mit dem Bemerken andnrch zur Kenntnis; der betheiligten Einwohner des hiesigen Orts gebracht, daß, wer die ge dachte Liste für unrichtig oder unvollständig hält, dieß nach der Vorschrift in 8 3 des Reglements zur Ausführung des Wahlgesetzes für den Reichstag des Norddeutschen Bundes vom 28. Mai 1870 (Bundes-Gesetz-Blatt Seite 275) innerhalb acht Tagen nach dem Beginne der Auslegung der Liste bei dem unterzeichneten Bürgermeister schriftlich anzeigen oder zu Protokoll geben kann und die Beweismittel für seine Behauptungen, falls dieselben nicht auf Notorietät beruhe», beibringen muß. Zwönitz, den 26. Juni 1878. D e r B i'l r g e r m e i st e r. Schönherr. Bekanntmachung. Die zweite Hälfte der diesjährigen Hundesteuer wird mit 1. Jnli o. fällig. Die Bezahlung hat längstens bis zum 10. Juli e. zu erfolgen. Zwönitz, am 26. Juni 1878. Der S t a d t g e m e i n d e r a t l). Schönherr. Am 8. und S Jnli 1878 Jahrmarkt in Elterlein. Tagesgeschichtc. Berlin. Ueber das Befinden Sr. Majestät des Kaisers schreibt man, daß die Slimmnng des hohen Palienten, namentlich wenn die vorhandenen Schmerzen sich mindern, eine zu Heiterkeit geneigte sei. Bei dem ersten Versuch, vom Bett zum Lehnstuhl zu gelangen, pausirte er, und sich selbst musternd, bemerkte er zu den ihn Führenden über sein Gehen: „Nnn Parademarsch ist das noch nicht!" „Die Magdeb. Ztg." bemerkt: „Die Aerzlc sollen sehr erfreut sein, daß sie au dem Kaiser einen äußerst ruhigen geduldigen Patienten haben, der sich in sein Leiden mit einem Anfluge von Humor fügt. Kein bittres Wort kommt über des edle» Monarchen Lippen nm des ihm zugefügten Leibes willen; er dankt nur für jede ihm entgegengebrachte Theiluahmc und freut sich über die Blumenpracht in seinen Zimmern; diese Blumen brach die stiebe von Tausenden, die unablässig darauf bedacht sind, dem Kaiser Tag für Tag eine Ueberraschuug zu bereiten. Der Kron prinz und die Kronprinzessin sehen den Monarchen täglich, aber nur auf ganz kurze Zeit; die Aerzte sind ängstlich darauf bedacht, daß ihr Patient von jeder Aufregung befreit bleibt. Mil den Uebersiedeluugs- projeclen Hal es noch g»te Wege. Allerdings steht Wilhelmühöhe bei Kassel in Rede, allein rer Kaiser muß erst reisefertig sein; bis er im Staude sein wird, eine Tagesreise zu machen, vergehen doch wohl noch vier, sechs Wochen." Der „Weser-Zeitung" schreibt mau hierüber ans Berlin vom 2l. Juni: „Der neuliche etwas besorgter gehaltene Berich! der Aerzte, in welchem vor allzu große» Hoffnungen auf schnelle Genesung des Kaisers gewarnt wurde, soll durch den ärzt licherseits gemißbilligteu Wunsch des Kaisers, die Kongreßbeligirten zu , empfangen veranlaßt worden sein. Mau befürchtet, daß ein solcher ! Empfang schädlich auf den Kaiser eiuwirken kann." Berlin, 23. Juni. Der Reichskanzler Fürst Bismarck stattete gestern Nachmittag dem englischen Premierminister Earl Beaconsfield einen längeren Besuch ab und begab sich hierauf iu'ö kronprinzliche Palais. — Wie der „N. Pr. Ztg." von beachtenswerther Seite mit gelheilt wird, beabsichtigt die Regierung, den neugewählten Reichstag für die ersten Tage des September einzuberufen. Berlin, 25. Juni. Sofia nebst Sandschak wird dem Fürsten thum Bulgarien zngetheilt. Die Verhandlungen über Bulgarien werden noch mehrere Plenarsitzungen beanspruchen. Für das Fürstenthum Bulgarien wird der Fürst vom Lande gewählt. Das von Rußland, resp. von den unabhängig gewordenen Fürstenthümern Theile der türkischen Staatsschuld übernommen werden, erscheint unbegründet. Montenegro und Serbien werden von den russische» Bevollmächtigten auf direkte Verständigung mit Oesterreich hingewiesen, damit die be treffenden Fragen vor dem Congreß keine Schwierigkeit bilden. Heute Cougreß-Sitzung. — Der Kongreß wickelt sich nicht so rasch ab, als man ur sprünglich erwartet hatte, und die Verstimmung der in Berlin an wesenden Diplomaten darüber ist keine geringe; namentlich seufzt Fürst Bismarck, der im vergangenen Winter häufiger als in früheren Jahren von allerlei kleinen Leiben heimgesucht war, bereits sehnsuchtsvoll nach den mineralischen Wässern Kissingens. Aber auch die übrigen Häftlinge deö CongresseS möchte» lieber in die Ferne schweifen, als de» Staub Berlins einathmen, und ihre Zahl ist keine geringe. Hier weilt näm lich gegenwärtig nicht bloS die Elite der europäischen Diplomatie, sonder» auch ein Heer von Persönlichkeiten, die in der einen oder andern Weise an den Arbeiten des Kongresses interessirt sind. Die Einen sind offiziell hierher berufen, um ihren Nath zu ertheile», Andere sind gekommen, um rechtzeitig als Deputation zu erscheinen oder Petitionen zu überreichen; wieder Andere haben die Aufgabe, dem Kongresse aus geschäftliche», religiöse» oder nationalen Gründen aus bescheidener Entfernung zu assisiiren. Eivile Und militärische Agenten aller erdenklichen europäischen und außereuropäischen Staaten sind von allen Seilen der Windrose hier zusammeiigekommen. Griechen, Serben, Rumänen, Armenier, Albanesen, Bulgaren, Türken kreisen geschäftig als Trabanten um die Planeten der Diplomatie und der Konsulate. Wie auffällig sticht der duukie Montenegriner von de» Bleichgesichtern der Armenier ab, wie scharf koutrastirt die Be hendigkeit und Redseligkeit des Wallachen gegen die stolze Schweigsam keit des Türken. Doch ob sie nun hell oder dunkel, gesprächig oder verschwiegen, hoch oder niedrig gewachsen sein mögen. Allen ist der nivellirende Einflnß der modernen europäische» Civilisalion ausgeprägt. Nicht durch ihre Verschiedenheiten, sondern durch ihre Aehnlichkeit frappireu sie sich am meisten. Wer entdeckte wohl bei ihnen die Merk male religiöser Unterschiede? Die Türken legen größeres Gewicht darauf zu zeigen, daß sie wie Europäer fühlen und sich betragen, als daß sie den Koran verehren, nnd die Christen des Orientes geriren sich „mster den Linden" lieber als Söhne der modernen Civilisalion, den» als Söhne mit dem Doppelkreuz. Wer würde es ihren, Aus sehen nach sich träumen lassen, daß die eigentliche Basis des orien talischen Konfliktes in religiösen Meinungsverschiedenheite» bestehe; trägt doch ihr ganzes Wesen den echt abendländischen Firniß zur