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des vollen Betrages und der Steuer vom Gewerbebetrieb im Umher« ziehen mit 120,000 Mark, sowie die Erhebung der Einkommensteuer mit 11 Simplen für 1878 und mit 50 Procent Zuschlag zum Normal- steuersatz für 1879, also mit 14,380,500 Mark gemeinjährig. Am Schlüsse der Berathung bemerkte nach dem „Dr. I.": Vicepräsivent Streit, daß durch die neue Steuergesetzgebung dem Lande iveseiilliche Ersparnisse an Erhebungskosten und Arbeits kräften geschaffen würden und daß er der Ueberzeugung sei, daß ter Herr Finauzminister sich mit der angcbahnten Steuerreform UM daö Land wohl verdient gemacht habe. Abg. I)r. Krause: Die neue Steuergesetzgebung habe zwar einige der größten Berstöße gegen eine gesunde Steuerpolitik be seitigt, sei aber auf eine bedeutende Mehrbelastung der Bevölkerung hinausgelaufen. Abg. Günther: Es habe keinen Zweck, dem Einkommen« steuergesetz Thränen nachzuweinen, aber wenn Vicepräsideut Streit noch einen Lorbeerbaum aus das Gesetz gepflanzt habe, so setze er (Redner) die Trauerweide gleich daneben. Er hoffe aber, daß die leidtragenden Lanvwirthe auch auf diesem Grabe noch einmal Blumen erblühen sehen würden. (Heiterkeit.) Referent Abg. Kirbach: Er widerspreche der vom Abg. Or. Krause erhobenen Beschuldigung, daß das Einkommensteuergesetz durch seine blose Existenz zu Vermehrung der Ausgaben beigetragen habe. Der Abg. Or. Krause habe nicht nölhig, daö große Publikum auf diese Weise irre zu führen. Die Steuergesetzgebung habe da mit, daß mehr für den Slaat zu leisten sei, nichts zu schaffen. Abg. I)r. Krause: Er habe nicht die Absicht, das Publikum irre zu führen, sondern es aufznklären. Dresden. Zu der diesjährigen dritten Dresdner Pferdeans-- stellung waren die Loose so auffallend spät ouögegebe», daß 5000 Stück dem Eomitv als unverkäuflich zurückgegeben wurden. Da nun daö Comitö die vom königl. Ministerium des Innern festgesetzte» Ge winne dennoch ankaufcu mußte, so war dieses für die Comilemil glieder ein Deficit von 15,000 M. Die Glückgöttin schien dem Unter nehmen aber recht hold zu sein, denn unter den 5000 Loosen befanden sich der 1. und 3. Gewinn, so daß nunmehr nicht allein die Kosten gedeckt werden konnten, sondern sich auch noch ein Ueberschuß heraus stellte, welchen bas Comitä zu milden Zwecken verwendet hat und zwar sind 1000 M. den Armen, am Jubelfeste I. H. Majestäten, 1000 M. dem Albertverelnv, 500 M. der königl. Blindenanstalt und 500 M. dem Kinderhospital überwiesen worden. Chemnitz, 22. Juni. Vom hiesigen Schwurgericht wurde heute Karl Gottlob Halfter wegen vorsätzlichen Mordes zum Tode, und sein Bruder Ernst Max Halfter, beide aus Großolbcrsdorf bei Anna berg, wegen Beihülfe zum Mord? zu 12 Jahren Zuchthaus vernrtheilt. Der Ermordete ist der eigene Vater der beiden Angeklagten, der vor malige Schncidermstr. C. G. Halfter in Großolbersdorf. Zwickau, 27. Juni. Heute früh meldete sich ein junger Mensch in der Polizeiwache. Derselbe war vollständig durchnäßt und erzählte, er habe heute Morgen von einem Balle heimkehrend ein Frauen zimmer nach den Teichanlagen begleitet. Dort habe er sich mit ihr auf eine Bank gesetzt und sei eiugeschlafen, beim Erwachen fehlte aber nicht allein das Frauenzimmer, sondern auch sein Portemonnaie mit 20 Mark. Dieser Verlust sei die Veranlassung gewesen, daß er sich in den großen Teich gestürzt habe, in der Absicht, sich zu ertränken. Schließlich habe er aber doch seine That bereut und sei wieder nach dem Ufer geschwommen. Weitere Erörterungen sind noch im Gange. Schneeberg, 24. Juni. Gestern und heute entluden sich über unsere Gegend zwei schwere Gewitter mit außerordentlich starkem Negenfall. Der Blitz hat insofern Schaden gestiftet, als er an der Linie Schnee berg-Eibenstock 6 oder 7 Telepraphcnstangen zerschlug, die Leitung zerriß und in der hiesigen Telegraphenexpedilion die metallenen Blitz platten zerschmolz. An der Zwickau Schwarzenberger Linie sind zwar äußere Zerstörungen nicht vorgekommen, jedoch war durch die athmosphärische Elektrizität der telegraphische Verkehr vom Sonnabend Abend auf ber ganzen Linie gestört, so daß keine Verständigung mög lich war. Erst nach dem gestrigen Gewitter wurde die Verbindung zwischen einzelnen Stationen wieder hergestellt. Mittweida, 26. Juni. Gestern wurde ein der öffentlichen Sicher heit sehr gefährlicher Mensch auf eine längere Zeil unschädlich ge macht. Der als Einbrecher berüchtigte Handarbeiter Karl Friedrich August Berthold ans Nieverlichtenau halte sich gestern in der vor hiesigem königl. Bezirksgerichte stattgefuudenen Schöffengerichtssitzung wegen nicht weniger als 12 in kurz aufeinander folgender Zeil ver übter theils schwerer, theils einfacher Diebstähle, mitunter von ziem lich bedeutenden Werlhsbelrägen, zu verantworten. Berthold ist wegen gleicher Vergehen vielfach schon bestraft, am 6. November 1877 aus der Frohnfeste des k. Bezirksgerichts zu Annaberg entsprungen und am 20. Dezember desselben Jahres wieder aufgegriffen, hierauf nach seiner Ablieferung an das k. Gerichlsamt Penig in der Nacht zum 2l. Januar d. I. von Neuem entsprungen und erst am 1. Februar d. I. in Brand wiederum zur Haft gebracht worden. In diesen Zeiträumen ist er vagirend umhergestrichcn und hat seinen Lebensunterhalt durch Stehlen gefristet. Die Ergebnisse der Beweisaufnahme führten zur Verurtheil- ung des Angeschuldigten in 7 Fällen zu lOjähriger Zuchthausstrafe und gleich dauerndem Ehrenrechtsverlust, sowie seiner Stellung unter Polizeiaufsicht, während in 5 Fällen auf Klagfreisprechung zu erkennen gewesen. In Plauen ist am 24. Juni der Müller Teuchert, bisheriger Besitzer der „Leuchtmüble", beim Herausziehen eines tobten Hechts in den Mühlgraben gefallen und ertrunken. Die angcstellten Wiederbe lebungsversuche blieben erfolglos. Buchholz. Am 24. Juni stürzte der Schieferdecker Krämer von einer Scheune auf den Erdboden und verschied kurze Zeit darauf. Treuen. Am 27. Juni feiert die hiesige Schützengesellschafl ihr 75jähriges Jubiläum. An viele auswärtige Schützcngesellschaften sind Einladungen dazu ergangen. In einer der letzten Nächte ist das dem Gutsbesitzer Hennig in Etzdorf bei Noßwein gehörige Slallgebäude niedergebrannt; ferner hat am letzten Sonntag auf Dittersdorfer Forstrevier ein Waldbrand stattgefunden, durch welchen ungefähr Acker achtzehnjähriger Fichten- bestand vernichtet worben ist. Neustadt b. Stolpen. Bei dem am 22. Juni über hiesige Gegend ziehenden Gewitter schlug der Blitz hier in ein HauS und lövtete eine Frau beim Gebetbuche, ohne zu zünden. Der Regen strömte in Massen herab, doch haben die Feldfrüchle keinen Schaven erlitten. Der Erbe von Syberg. Roman von Emil König. (Fortsetzung.'» Wie erstaunten die Freunde aber, als im Laufe deS folgenden Tages Onkel Fran; in Berlin, eintraf und die Angaben seiner Depesche detaillirte, auch gleich die gerichtliche Aufforderung a» den Baron Fritz von Ramberg, genannt Bisplinghof, zur Besitzergreifung seines Erbes, milbrachle. Jetzt herrschte kein Zweifel mehr; dort stand es schwarz auf weiß. Natürlich konnte ein solches Ereigniß nicht verschwiegen bleiben, bald bildet: es das Tagesgespräch des Offizierscorps und viele der Herren Kameraden fanden, raß Fritz eigentlich ein ganzer, ein geborener Kavalier sei; das hätten sie immer gesagt. Wieder andere meinten, der ärmste westphälische Bauer sei von edlerem Stamme, als alle die neugebackenen Adeligen, welche sich in der neuesten Zeit in jenen Gegenden ansässig gemacht hatten und stolz auf den Bürger und Bauern herabsahen; eö sei eine sehr einfältige Idee des alten Barons Egon gewesen, die Heirath mit der Tochter des Freischulten nicht an zuerkennen. Im Grunde genommen beglückwünschten ihn alle auf richtig. Ein Urlaub nach Syberg war unter solchen Umständen bald erwirkt. Fritz und Franz beeilten sich indessen mit der Abreise keineswegs, wie sie sich denn, als echte Söhne der reihen Erde, überhaupt hüteten, irgend welche Aufregung ;u verralhen. Endlich rejs'ten sie ab, von August von Krafft nach dem Bahnhof begleitet. Von Krafft hatte den alten biederen Franz sehr bald lieb gewonnen und der Lieutenant a. D. erwiderte die Zuneigung Les Sohnes seines ehemaligen Rittmeisters und späteren Majors. An einem schönen Sommcrabend trafen Beide im Städtchen Limburg an der Lenne ein. Um das Aufsehen zu vermeiden, hatte Fritz statt der Uniform einen einfachen Civilanzug angelegt und der Onkel war dem alten Brauche der Heimaih gefolgt, — dem auch der berühmte Ober- Präsident, von Vincke, sein Lebenlang treu geblieben war, — und hatte den blauen Kittet über den schwarzen Rock geworfen. Am andern Morgen wollte Franz erst dem ihm befreundeten Pfarrer von Elsey einen Besuch abstatlen; bann wollten die Beiden mit Extrapost nach Syberg fahren. Auf der einfachen Veranda des ersten Gasthofes des Städtchens saß am andern Morgen ein schlanker junger Mann, mit gebräuntem Gesicht, in einem Eckplähchen, wie es schien, die Kölnische Zeitung mit Interesse studirend. Nicht allzufern von ihm batten ein Paar andere Herrn Platz ge nommen, welche im eifrigen Gespräch begriffen waren. „Die Geschichte macht furchtbares Aufsehen," sagte der Jüngere in schnarrendem Lieutenantston und strich nachlässig die Asche seiner Cigarre ab. „Baron von Ramberg hat gelebt als das Muster eines echten EdelmanneS und ist gestorben wie ein Schwächling. Erst hat sich der alte Mann sein ganzes Leben hindurch als prinzipienlreuer Vertreter unseres ehrwürdigen unvermischle» Adels aufgeworfen und hinterher schlägt er allen seinen heilig gehaltenen Anschauungen in'S Gesicht und widerlegt, was er über achtzig Jahre steif und fest be hauptet hat." „Allerdings ganz unbegreiflich," bestätigte der Nettere, „allein der Tod wird den Freiherrn überrascht haben." „Nun ich dächte," schnarrte der Jüngere höhnisch lächelnd, „einen Achtzigjährigen dürfte der Tod nicht überraschen. Es ist, auf Ehre, ein Skandal. Wenn er das wellte, hätte er eS früher können und brauchte der schönen Baurrntochter aus der Börde unv seinem Sohn