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Lokales und Sächsisches. Dresden. Se. Maj, der König besuchte am 12. Juni das Fest- schießen der hiesigen Büchsenschützengilde und thal dabei, den ersten Schuß ans die vom Archideklen Möbius entworfene und Maler Schröter treffliche ausgeführte Jubiläumsscheibe. Auch außerdem be- theiligte Se. Mas. sich am Schießen und viele ausgezeichnete Treffer zeigten Ihn als anerkannt guten Schützen. Da nach einer alten Ver ordnung jeder Prinz des Regentenhauses gleich nach der Geburt in die Gilde ausgenommen wird, so feierte Se. Maj. auch diesmal daS goldne Jubelfest seiner Mitgliedschaft. Auf den königlichen Schuß folgten sodann die Schüsse sämmllicher Mitglieder, deren pünktliches Erscheinen bei Strafe geboten war. Am Abend des 11. d. verschied in Ermattingen am Untersee in der Schweiz ein um die Stadt Chemnitz hochverdienter Mann, der ehemalige Bürgermeister Herr Johann Friedrich Müller, geboren am 8. August 1812 in Schneckengriin. Der Verewigte war seit seiner am 4. Dezember 1848 erfolgten Verpflichtung und Einweisung bis zu seinem Abgang am 27. August 1874 als Bürgermeister von Chemnitz thätig. Pirna. Am 13. Juni wurden beim Reinigen und Erweitern einer Schleuße von Arbeitern eine Anzahl aller Münzen, ca. 100 Stück, zum Theil aus dem 16. Jahrhundert, aufgefundeu. Aus Meißen wird geschrieben: Die Kartoffeln, welche in hiesiger Gegend bis jetzt sich üppig entwickelt und kräftiges Kraut getrieben haben, zeigen auf mehrere» Fluren schon ihre liebliche Blülhe. In Großenhain haben die Bauten einer neuen Kaserne und eines Neithauscs für die dort garnisonirende Kavallerie begonnen. Döbeln. Am 11. Juni ist im Dorfe Zunschwitz das Wohnhaus des Handarbeiters Winkler nebst dem anstoßenden Stallgebäude ein Raub der Flammen geworden. Leider hat sich bezüglich der Ent- stehungsursache herausgestellt, daß ein erst sechs Jahre alter Knabe, der Sohn des Zimmermanns Klessig aus gedachtem Orte, das Feuer durch Brandstiftung hervorgerufen hat, indem er seiner Großmutter ein Packet Zündhölzchen entwendet und die brennenden Hölzchen auf daö vom Boden ans leicht zu erreichende Dach des Stallgebäudes ge- Worfen hat, „um einmal zu sehen, wie es brenne." Am Freitag Nachmittag sind unterhalb Wehlen in der soge nannten „Wilke" zwei größere Felsstücke wahrscheinlich infolge von Witterungseinflüsseu ins Rollen gekommen und auö einer Höhe von circa 20 Meter den steilen Berg herab und gerade aus die Chamotle- fabrik von Küchen gestürzt. Das Fabrikgebäude selbst, sowie die in dessen Nähe aufgestellten Waaren haben dadurch nicht unerheblichen Schaden erlitten. Bei Bautzen verunglückte beim Aufladen von Kieö im soge nannten Windmühleuberge der Ackervoigl Israel vom Rittergule Preilitz durch Einstürzen einer Erdwand. Trotz sofortiger Hilfe gab derselbe nach einer Viertelstunde seine» Geist auf. Israel hinter läßt eine Frau und vier kleine Kinder. Zittau. Am 13. Juni hat der zur Zeit hier in Arbeit ge standene Schneider Moritz Demmler ans Grüua bei Chemnitz auf daö Dienstmädchen Ida Walther aus Türchau mehrmals mit einen, Revolver geschossen und sich dann selbst in den Kopf geschossen. Das Mädchen hat einer Schuß ins Kinn, einen Schuß in den Hals und einen Schuß in den Arm erhalten, sie wurde iu dos Kranken haus gefahren und hofft man sie am Leben zu erhalten. Demmler hat sich iu dcu Kopf geschossen und hierbei mulhmaßlich das Gehirn verletzt. Er wurde polizeilich aufgehoben und noch lebend ebenfalls nach dem Kraukenhause getragen, doch soll seine Verwundung wenig Hoffnung zur Erhaltung des Lebens geben. Verschmähte Liebe wird als Beweggrund der unglückseligen Thai bezeichnet. Eisleben, 12. Juni. Am 4. d. M. entfernte sich die 21jährige Meta Schmidt, Tochter des Försters Schmidt zu Großoslerhausen, welche sich hier im Hotel „Zum goldenen Schiff" aufhiclt, von dort unter dem Vorgeben, am Orte befindliche Verwandle besuchen zu Wollen, lind kehrte nicht wieder zurück. Die Angehörigen erließen einen öffentlichen Aufruf, iu welchem Behörde und Private dringend ersucht wurden, der Verschwundenen im BetretungSfalle jeden Schutz angedeihen zu lassen und sie sicher nach Eisleben zurück zu befördern. Die Meta Schmidt ist denn auch in der nächsten Umgebung lebend aufgefunden worden. Das bereits in weitere Kreise gedrungene und von einem Berliner Blatte wiedergegebene Gerücht, daß die re. Schmidt die Braut des zu Schochwitz verhafteten Oekouomieverwalterö Eduard Nobiling sei und von diesem am 3. d. M. eine wichtige briefliche Mittheiluug empfangen habe, entbehrt jeder thatsächlichen Unterlage. In mehreren Blättern unserer Provinz heißt es: „Das Mädchen, das sich am Dienstag ans dem Hotel „Zum goldenen Schiff" heimlich entfernte, ist am Sonnabend im Walde bei Sitlichenbach in einem Stollenloch noch lebend, jedoch bedeutend beschädigt gefunden. Sie wäre noch tiefer gefalle», wenn sie nicht von einem Kreuz, daS in einer gewissen Tiefe auf dem Loch gelegen und auch noch zufällig mit Kartoffelstroh bedeckt gewesen, aufgehalten worden wäre. Sie hat mindestens 5 Tage ohne Nahrung zugebracht und auch eine« Ripvenbruch erlitten, doch soll Hoffnung, sie am Leben zu erhalten, vorhanden sein." Der Erbe von Syberg. Roman von Emil König. (Fortsetzung.1 Mit diesen Worten warf er den Brief ungelesen auf den Tisch. Betroffen schaute das junge Mädchen dem zornig Dahin- schreitenden nach. Das bemerkte der eben eiutretende alte treue Diener Ignatz. „Nun," sagte er, darf man fragen, warum das gnädige Fräulein so betrübt aussehen?" „Der Onkel ist sehr niedergeschlagen," entgegnete sie, „ich fürchte, er ist sehr krank." Der Diener schüttelte das graue Haupt. „DaS ist es nicht, der gnädiger Herr ist von Eisen, an dem prallt Alles ab, was anderen Menschen Herzeleid und Kummer ver ursacht." „Aber was ist ihm begegnet?" fragte sie besorgt, „Du mußt eS doch wissen?" Erst, nachdem er sich vorsichtig umgesehen, sagte der alte Mann geheimnißvoll: „Sehen Sie, Fräulein Melanie, heute konnte der Herr Baron gar nicht fortkomme» von dem Bilde da; das kommt daher, weil daö Bild wieder lebendig geworden ist." „Was, — was sagst Du? fragte daS junge Mädchen überrascht. „Sprich Dich deutlich aus, Ignatz, wie meinst Du das?" „Das ist sehr einfach, gnädiges Fräulein," flüsterte er, „wir haben den jungen Herrn Baron gesehen." „Baron Fritz?" rief sie alhemlos. „Wo? Wo? Sage mir, wo, Ignatz; quäle mich nicht!" „Also," Hub der alle Diener an, „es war in Berlin im Hotel, als der Herr Baron von der Tafel heraufkam, so verstört, wie ich ihn nur ein paar Male im Leben gesehen habe und bald wurde mir die Ursache seines Erschreckens klar. Als ich ihm eben in den Wege» ge holfen halte »nd in's Haus zurückschrilt, begegneten mir eie Gäste der Tafel, die eben aus dem Speisesaal kamen, und da stand er vor mir, der junge Herr, und sah genau so auö, wie sein leibhafter Herr Vater, wenn er mit der seligen Frau Mutter im Parke umherspazierte. Ja, er war ein seelenguter Herr, der selige Herr Baron und wenn es nur mit der Frau Mania ein Paar gegeben hätte, dann wäre auch der alte Herr Onkel zufrieden gewesen. Allein der Mensch denkt und Gott lenkt. Es hat nicht sollen sein. Ich erkundigte mich natürlich nach dem Name» und habe mit eigenen Augen im Fremkenbuche ge lesen: „Fritz von Namberg, Reserve-Lieutenant im Gardedragoner« Regiment"." Das junge Mädchen stieß eine» Schrei ans und sank bebend in eine» Sessel. „Ja, ja," fuhr Ignatz fort, „es war deö verstorbenen Herrn Baron Uko'ö Sohn- Ach, und ich hätte ihm so gern gesagt: ich bin dec Ignatz, der Ihren Herrn Vater so oft auf seine» Arme» getragen hat, aber ich wagte es nicht. Sie sind ja auch alle so schlecht behandelt worden, baß ich mich genirte zu sagen, daß ich zu ihm gehörte. Be obachtet habe icy den jungen Herrn jedoch in Einem fort und gefreut habe ich mich über den schönen und stattlichen Mann. Nun wußte ich, was den gnädigen Herrn gleich wieder aus dem Hause trieb, das Gewissen war es, das da hämmerte und pochte, als er seinem eigenen Fleisch und Blute begegnete." Melanie hatte regungslos zugehört. „Sprachen sich die Beiden?" fragte sie endlich. „Wo denke» Sie hin, gnädiges Fräulein?" entgegnete er. „Der Herr Baron kam Abends erst spät nach Hause und reis'te in der Nacht schleunigst ab. Er war so aufgeregt, so ganz anders, daß ich glaubte, wen» der junge Herr in dem Augenblicke ihn angeredet hätte, daö Eiö seines Herzens wäre geschmolzen. Daö hat er auch selbst gefürchtet und deßhalb reis'te er so schnell ab. Ich mußte noch Einiges besorgen »uo konnte ihm erst zwei Stunden später nachfolgen, und da halte ich daö Glück, noch einmal den jungen Freiherrn zu sehen. Er stieg eben auf's Pferd, um wieder nach Frankreich zur Armee zu gehen. Sie glauben nicht, wie ich den Himmel gedankt habe, daß ihn meine alten Augen noch einmal gesehen haben." Melanie nickte ihm stumm zu; sie gedachte der Mutter, deren heißester Wunsch gewesen war, Fritz wieberzusehen, und mit Erröthen gestand sie sich, daß eine Begegnung mit ihm daö Ziel ihrer lang jährigen Sehnsncht gewesen war, und nun ging er fort und kehrte vielleicht nimmer wieder. „Und der Onkel blieb fern?" fragte sie mit einem Seufzer. „Ignatz, jetzt ist keine Hoffnung mehr für ihn; ich gebe jede Hoff nung auf." Der alle Diener nickle zustimmend. „Das habe ich schon der seligen Frau Mama gerathen. Der gnädige Herr halt das für Recht, was er thut. Wie es ihn aber schmerzt, das sagt er Niemandem. Sie wissen ja, wie stolz er ist; aber brav ist er, brav —" Melanie sann eine Weile nach, dann fragte sie: „Was hat das mit der jungen Dame zu schaffen, die sich als