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erschien das erste Mal an der Spitze dieses Regiments. Prinzessin Georg war zu Pferde. Trotz der frühe» Stunoe war der Andrang von Zuschauern ein massenhafter. Nach der Parade sprach der König seine Freude über den prächtigen Verlauf der Parade und darüber aus, daß er gerade an diesem festlichen Tage die Truppen in so trefflichem Zustande habe sehe» können. — Die letzte deutsche Ver sammlung ver Gastwirthe war mit einer Ausstellung verschiedener Utensilien für dieses Fach verbunden. Von den letzteren hat hier in DreSoen namentlich ein Hamburger Apparat, A. Rohde's Patent luftfilter, so große» Anklang bei den Galtwirlhen gefunden, daß er schnell sehr stark in Nachfrage gekommen ist. Es ist dies ein Appa rat, welcher chemisch vollständig reine Luft auf das Bier pumpt und so ein noch sehr unvollkommen gelöstes Problem wesentlich klärt. Zwickau, 19. Juni. Ein Strahl Königlicher Huld und Gnade, und sicher einer der beglückendsteu, siel gestern am Jubeltage unseres Hohen Königspaares in die ernsten Räume der hiesige» Strafanstalt. L8 Gefangene, meist Väter zahlreicher Familie, erhielten den Nest ihrer Strafe aus Gnaden erlassen und wurden der goldenen Freiheit zurückgegebcn. Schneeberg, 19. Juni. Auch hier beginnt man energische Maß regeln gegen die Sozialdemokratie in Anwendung zu bringen. So ist gestern der noch sehr jugendliche Strohredakteur der „Freien Erzgeb. Ztg.", Dittrich, aus noch nicht zur Oeffentlichkeit gelangten Gründen vor Polizeistelle gefordert und bei ihm Haussuchuug gethau worden. Den hiesigen Grubenarbeitern soll in diesen Tagen durch Eirknlar be kannt gegeben werden, daß sich jeder durch Namensunlerschrift zu verpflichte» hat, sozialdemokratische Zeitungen weder zu hallen, noch zu lese», sowie sozialdemokratische Versammluugeu nicht zu besuchen. Zuwiderhandlungen haben die Entlassung zur Folge. Stollberg, 19. Juni. Dem Vernehmen nach hat auch in die benachbarte Strafanstalt Hoheneck am 18. Juni die Sonne königlicher Gnade ihre Strahlen geworfen und vier Gefangenen, welche schon lange Jahre ihr Verbrechen gebüßt, durch Erlaß ihrer Slrafreste den Festlag des hohen Königspaarcs unvergeßlich gemacht. Geyer, 20. Juni. Heute früh '/eZ Uhr brannte die hiesige Krebsmühle, eines der älteste» Gebäude Geyerö, nieder. Die Neben gebäude konnte» gerettet werde». Die aus Johanngcorgeiisiadt gekommene Meldung über die Verunglückung einer Equipage in Folge Durchgehens der Pferde ist nach authentischer Notiz dahin zu berichtigen, daß der im Wagen mit befindlich gewesene Herr Bürgermeister Sarfert nicht den Arm gebrochen, sondern nur eine unbedeutende Contusion davon getragen Hal. Oolünitz, 18. Juni. Das unter der Leitung der königl. Amts- hauptmaunschaft zu Oelsuitz bestehende HauplhilfScomils zur Unter, slützung der armen Weberbevölkerung d>ö VoigtlandeS hat vor einiger Zeit beschlossen, die früher gewährten Unterstützungen zur Zeil voll ständig einzustelleu, da man voraussah, daß der frühere, in einzelnen Ortschaften bestandene Arbestömangel mit dem Eintritte der günstigen Jahreszeit, wo dem arbeitslosen Weber auch Gelegenheit zu anderer, hinreichend lohnender Beschäftigung als am Webstuhle, wie auf dem Felde, bei Bauten, in Ziegeleien, Brennereien u. s. w. geboten sei, in Bälde gehoben werden könne. Es hat nun diese Voraussicht nicht getäuscht und ist vor Allem erfreulicher Weise mittlerweile auch der Geschäftsgang in der Webindustrie ein regerer geworden, so daß in der neueren Zeit von den Webfabrilanten Arbeiter öfters wieder ge sucht Werren. Meisten. In dem in der Flur Zehren gelegenen Noack'sche» Steinbruche ist dem dort beschäftigt gewesenen Arbeiter Schumann aus Neuhirschsteln am 18. Juni von herabstürzeudem Gestein die Hirnschale eingeschlagen worben, so daß der Tod sofort eingelrelcn ist. Im Dorfe Scäßgcn bei Großenhain brach am >8. r. M. früh zwischen I und 2 Uhr in der Scheune reö Gutsbesitzers Ernst Sachse ein Schadenfeuer aus, das schnell um sich griff und drei Wohnhäuser drei Scheunen, zwei Schuppen und ein Seitengebäude bis auf die Umfassungsmauern einäscherle. Außer Vorgenannten sind die Guts besitzer Karl Schuppe, August Niemer und Heinrich Dietze von dem Branduuglücke betroffen worden. Halle. In der Nacht zum 17. Juni nach beendetem Geschäft versuchten Lohukcllncr und einige junge Mädchen, vom „Krug zum grünen Kranze" in Kröllw tz auü, trotz mehrfacher Abmahnungen eine Kahnfahrt. Ter Kahn schlug um; sechs Personen wurden gerettet der 19 Jahre alte Sohn des Schneidermeisters Richler von hier aber ertrank. Der Erbe von Syberg. Noma» von Cttlil König. (Fortsetzung.') Helenens Vater fuhr in gereiztem Tone fort: „Ich habe mir alles reiflich überlegt. Bei mir kannst Du nicht bleiben. Ich habe deßhalb an den General von Krafft geschrieben, vielleicht weiß er ein passendes Unterkommen für Dich!" „Tas ist liebenswürdig von Dir, bester Papa!" rief sie erfreut. „Der General hat ja viele Beziehungen und dann kennt er mich ja —" „Er kennt Dich eben nicht, gar nicht," unterbrach sie der Vater malitiös, „denn wer Dich kennt, ver nimmt Dich nicht." Sie trommelte beleidigt und ärgerlich au die Scheiben. „Als ob er mich, die ich über ein Jahr in seinem Hause zuge bracht habe, nicht kennt," sagte sie dann verletzt, „da müßte er ein schlechter Menschenkenner sein." „Menschenkennluiß besitzt der brave Herr von Krafft eben gar nicht," fuhr der Alte in seiner derben Weise fort. „Er ist in dieser Beziehung wie ein Kind; in seinem guten Herzen hält er alle Menschen für edel, und Hal damals Deine vielen und großen Schwächen nicht sehen wollen. Die beiden Leute waren nach der Verheirathung ihrer Tochter allein und waren mit Deinem Ersatz im Hause zufrieden. Frau von Krafft hätte, wen» sie am Leben geblieben wäre, möglicher weise noch etwas Vernünftiges aus Dir gemacht. Sieh' ihre Tochter an; das ist eine Frau! Mit siebzehn Jahren verheiralhet, ist sie seit frühester Jugend fast nur mit Krankenpflege beschäftig» gewesen, und jetzt ist sie mit ihrem seit Jahren kranken Maune wieder in Italien. Das ist eine Tochter, Gatti» und Mutter wie sie sei» muß. Sie ist auch nicht älter als Du, aber wie anspruchslos, und sie könnte doch Ansprüche machen!" Helene war plötzlich wie umgewandelt, des Vaters Derbheit ver letzte sie nicht mehr. „Ich weiß ja, Papa," sagte sie besänftigend und schmeichelnd, „daß ich manchen Fehler habe; ich werde mich ja auch noch besser». Sage mir nur, Papa, ist der General nickt mit in's Feld gerückt?" „Nein," antwortete der Alle, „er hat die Strapazen von SechS- undseckszig noch in den Gliedern! er ist dieser Tage zum Gouverneur von Eöln ernannt. Vor seinem Abgänge dorthin wird er mich noch einmal besuchen." Diese Nachricht hatte eine wunderbare Viräuderung in Helenens ganzem Wesen bewirkt. Sie ordnete und putzte und bemühte sich sichtlich, dem Vater eine günstigere Meinung über ihre Person bei- zubringeu. Während ihres sechswöchentlichen Aufenthalts in dem stillen Zerbst hatte sie schon bereut, der Frau vou Horn nicht mehr Folgsamkeit be wiesen zu habe». Ein heftiger Auftritt, herbeigeführl durch ihr auf fallendes Entgegenkommen, mit dem sie die Huldigungen eines russischen AbenlenrerS ausgenommen hatte, den sie für einen Fürsten hielt, hatte sie veranlaßt, ihre Stellung plötzlich aufzugeben. Ihre geheime Hoffnung aber, daß sie ihr neuer Verehrer wegen ihres Schrittes schadlos halten und sie in glänzender und eclatanter Weise belohnen würde, erfüllte sich nicht. Man ließ sie fortgehen und der vornehme Russe bedauerte nur, ihre angenehme Bekanntschaft nicht sorlsetzeu zu können. Fritzens glänzcnds Bild war zwar nicht erloschen in ihrer Seele, aber sie lebte nur dem Angenblicke. Ter Gedanke an seine Liebe und Treue konnte die herben, ungeduldigen Empfindungen nicht versöhnen, mit denen sie zum Vater zurückgekehrt war. Wenn sie wirklich hin und wieder etwas Ruhe iu sich fand, um sich der Erriunernng hinzu- geben, so gedachte sie auch wohl des kurzen Glücks, das sie genossen, wenn sie seinen Worten gelauscht und ihm i» die treuen blauen Augen geschaut hatte. Aber die Erinnerung dieses Glückes kam immer seltener, und seine Briefe, die auch nicht allzuhäufig erschienen, waren ganz geeignet, ihn, den Nimbus zu nehmen, in welchem er ihr immer noch erschienen war. Socann war er im Kriege, dessen Ende noch nicht abzusehcn war und cS erschien fraglich, ob er überhaupt zurückkehren werbe. Wenn er in feinen Briefen auch die Zuversicht nicht aussprach, die Verwickelungen mit seinem Großvater zu lösen, so leugnete er sie doch auch nickt, und der Gedanke, daß Fritz dermaleinst nichts Anderes sein würde, als ter wohlhabende Besitzer eines Freischulbengutes der Soester Börde, war ihr unerträglich und ließ sie gleichgültig gegen alle die zärtlichen LiebeSbelheuerungen und Ergüsse seiner innersten Seele und gegen die Schilderungen seines künftigen häuslichen Glücks bleiben. Nach ihren Ansichten von Glück konnte sie solches nur in äußerem Glanze finden; für GemüthStiefe fehlte ihr jedes Ver- stäudniß. Sie fühlte, daß es ihr unmöglich sein würde, sich in andere Verhältnisse mit ihm finden zu können, als die Phantasie sie ihr vor gegaukelt halte. Ein späteres einsames Leben unter Bauern, dachte sie, nein, dafür will ich lieber in glänzender Dienstbarkeit bleiben, als deß ich eine Unabhängigkeit mit solche» Opfern erkaufe. Sie würde ja nie den Muth gehabt haben, sich als die Braut eines Freischulben zu bekennen, selbst ihrem so einfachen Vater gegenüber. So klar sie nun auch über ihre Ansichten und Gefühle in dieser Beziehung war, so wenig wußte sie, was der Vater dazu sagen würde, und manchmal, wenn sie in seinen LebenSanschauungen eine gewisse Verwandtschaft mit denen von Fritz zu erkennen glaubte, kam ihr »er Gedanke, daß er dieses Vcrhällniß, oder wie er's in seiner geraden Weise genannt haben würde, diese Versorgung, für ein Glück ansrhen könne. Soweit kannte sie des Vaters Ehrenhaftigkeit bestimmt, daß er keinen Wortbruch ohne ganz gewichtige Gründe dulden würde, und um alle unangenehmen Erörterungen zu vermeiden, beobachtete sie