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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). AbonnementSpreiS betrögt vierteljährlich l Mark so Pf. prsenuwrrsnito. Zwönitz un^Umgegenö. Amtsblatt für de» Stadtgememderath zu Zwönitz. 73. Sonnabend, den 22. Juni 1878. 3. Jahrg. Amtigtr für Inserate werden bi» spätestens Mittags deS vorhergehenden TageS des Erscheinens erbeten und die Corpusspaltenzeile mit lv Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. An die Bezahlung rückständigen Schulgeldes wird hierdurch erinnert. Tagesgeschichte. Berlin, 20. Juni. Bulletin. Der gestrige Tag ist für den Kaiser in günstiger Weise verlaufen. In Folge der sehr ruhigen Nacht ist der Kräftezustand ein erwünschter. Seit gestern sind die ersten Gehversuche mit Erfolg angestellt worden. I)r. v. Lauer. Or. v. Langenbeck. Dr. WilmS. Berlin. Der „D. N. A." schreibt: Die Ernennnng des Präsidenten des Reichskauzleramls zum Stellvertreter des Reichs kanzlers in Finanzangelegenheiten hat zu Zweifeln darüber Veran- lassung gegeben, ob die Errichtung des ReichsschatzamtS und die Er nennung eines UnterstaatSsecrelärs für dasselbe überhaupt noch in der Absicht der kaiserl. Negierung liege. Diese Zweifel sind unbegründet. Die bezeichneten Maßregeln werven in's Leben treten, sobald die dazu nölhigcu und im Gange befindlichen Vorbereitungen vollständig ge troffen sind. Bis dahin aber war die Anordnung einer Stellver tretung in der Finanzverwaltung um so nölhiger, als der Reichs kanzler während des Congresses noch mehr als sonst durch andere Geschäfte in Anspruch genommen ist. Die einstweilige Vertretung konnte, da die allgemeine Finanzverwallung des Reichs zur Zeit noch zum Geschäftskreise des NeichSkanzleramtö gehört, nach dem Wortlaut deS Stellvertretungögesetzes nur dem Präsidenten dieser Behörde über tragen werden. — Wegen des Termins znr Einberufung deö Reichs tages imd der demselben zn unterbreitenden Vorlagen sind endgiltige Beschlüsse noch nicht gefaßt worden. Eben deshalb verzögern sich auch die Ferien deS BunbcSralheS. Berlin, 19. Juni. In der Affaire Nobiling ist vorgestern ein junger Mann hier eingeliefert worben, auf welchem der bringende Verdacht ruht, ein Complice des ruchlosen Attentäters zu sein. Kurz nach dem Attentat war der Betreffende aus Berlin verschwunden und batte sich nach Hamburg begeben, wo er indeß ermittelt unv zeitüber sorgfältig überwacht wurde. Am Sonntag reiste der Mann von Hamburg auf der Berlin-Hamburger Bahn ab, »achtem er ein Billet nach Berlin gelöst hatte; in Wittenberge wechselte er jedoch den Kurs, indem er ein Gillet nach Magdeburg nahm und dorthin fuhr. Zwei Polizeibeamte in Civil, welche den Reisenden unbemerkt folgten, schlugen dieselbe Tonr ein unv beobachteten ihren Observaten, wie derselbe in Magdeburg eine Fahrkarte zur Reise nach Berlin kaufte; sie ließen ihn nun noch den betreffenden Zug besteige», den sie eben falls benutzten. Unterwegs aber unv zwar in Burg versicherten sie sich des verdächtigen Reisenden nnd fanden bei der Durchsuchung in seinem Besitz einen geladenen Revolver und mehrere angeblich sehr gravirende Schriftstücke. Vorgestern Nachmittag traf der Fremde, der, wie er zvgiebt, mit Nobiling in Verkehr gestanden hat, mit seiner polizeilichen Begleitung in Berlin ein unv wurde in der Stadtvoigtei festgesetzt. Weiter ist dem „B. T." zu der Affaire von einem ständigen Korrespondenten aus Köse», dessen Zuverlässigkeit sich im Laufe der Zeil durchaus bewährt hat, die Mittheilung über folgenden, vielleicht nicht bedeutungslosen Vorfall zugegangen: Am Nachmittage vor dem verruchten Attentat war der Bruder Nobilings, der jetzt gefänglich kittgezogene Verwalter auf dein Rittergule deS Generals von Alvensleben in Schochwitz unweit Eisleben, mit der Beaufsichtigung der Kinder betraut, welche beim Ausziehen der Nübenvflanzen beschäftigt wurden. Der Inspektor revivirte und fand 38 Kinder vor, während nach dem Rapport Nobilings 39 auf dem Felke hätten sein müssen. Auf die Differenz vom Inspektor aufmerksam gemach», erklärte N-, daß er einen Knaben nach Bier in die Dorfschenke geschickt habe. Die sofort seitens des Inspektors vorgenommenen Nachforschungen aber ergaben, daß daS nicht der Fall gewesen, der Knabe vielmehr lediglich zu dem Zwecke abgesandt worden war» bei der dortigen Pvst-Agentur nachzusragen, ob nicht ein rekommandirter Brief aus Berlin an ihn, N., eingegangen sei. Gleichzeitig hatte der obgeschickte Junge den Auftrag erhalten, dem Briefträger zu sagen, daß er den Brief aus Berlin per Expreß ihm heraus, nämlich auf das Feld, bringen solle, Feder unv Tinte habe N. bereits zu sich gesteckt, um de» Schein unterschreiben zu können. Der Brief müsse Henle kommen. Dies ist auch iii der That geschehen. N. ist an diesem und dem folgenden, dem Attentatstage in fieberhafter Unruhe gewesen. (Gerl. Ztg.) Berlin, 20. Juni. Die Zulassung Griechenlands zum Congresse bei den die grieschischen Interessen betreffenden Fragen zur Aeußer« nng seiner Wünsche wird als gesichert bezeichnet. Der Antrag wurde von England und Frankreich separat aber in ziemlich ähnlicher Weise gestellt. Die anderen Mächte stimmten dem Antrag bei, nur von den türkischen Dclegirten seien Bedenken geäußert. Zu welchen Sitzungen Griechenland zuzuziehen sei, hätte das Präsidium nach Maßgabe der Sachlage zu entscheiden. Berlin. Nobiling liegt noch immer ohne Bewußtsein darnieder. Der Heilungsprozeß hat am Montag zur Ausscheidung eines SlückchenS Blei geführt. Paris, 18. Juni. Das Leichenbegängniß des vormaligen Königs von Hannover hat heute in Gemäßheit der deshalb getroffenen, be reits bekannten Bestimmungen staltgefunden. Die mililärischeu Ehren wurden von einer Division der hier garnisonirenden Truppen erwiesen. Der Marschall-Präsident ließ sich durch seinen Sohn vertreten, der Prinz von Wales, der Herzog von Aosta, König Franz von Spanien, das gesammte diplomatische Corps und die Militärbevollmächtigten der auswärtigen Mächte nahmen persönlich an der Leichenfeierlichkeit Theil. London, 19. Juni. Die Deutschen Ost Londons habe» dem deulschen Botschafter eine von 217 Unterschriften bedeckte Adresse überreicht, worin sie ihrem tiefsten Abscheu und Entsetzen über vie Exzesse der Sozialdemokratie, die in den wiederholten Attentaten auf das Leben des Kaisers ihren Ausgang gefunden hätten, Ausdruck geben und gegen allen und jeden Konnex mit den Sozialisten auf das Ent schiedenste protestiren. — Bei dem gestrigen Jahresfeste des deulschen WohlthätigkeitSvcreius wurde ein vom Botschafter Grafen Münster auf den Kaiser auögebrachler Toast mit der größten Begeisterung ausgenommen. Lokales und Sächsisches. Dresden, 19. Jnni. Wer gestern Abend in der 10. Stunde vom Theaterplatze oder dem Balkon des neuen Theaters aus Dresdens schönste monnmentale Bauwerke (die katholische Kirche, das neue Theater, die Terrasse, die Elbbrücken, den Zwinger und das Schloß) in voller elektrischer und bengalischer Beleuchtung gesehen, wer dazu die vielen Tausende froher Fackelträger gesehen nnd ihren Gesang geyört, und wer unter diesem Eindruck ver Ovation Dresdens an sein KönigSpaar beigewohnt hat, -- deni bleibt diese Stunde unver geßlich. Eines aber ist es, was außerdem jeden, sei er sonst auch noch so großer Gegner irgend welcher sächsischen Institutionen, eine wahre Freude gemacht haben muß, d. i. die musterhafte Haltung des Publikums währcnv ast' dieser Tage. Mag man Sachsen für einen Hauptherd der Socialdcmokratie halten, heute können wir mit ge rechtem Stolz die Thatsache berichten, daß sich unter den Hundert« tausenden, welche nach und nach sich zu dem Feste hier eingefunden habe», auch nicht eine einzige Person irgend eine Uebertretung sich hat zu Schulden kommen lassen. Ebenso gut ist auch die heutige große Parade verlaufen. Prinz Georg führte sein Regiment dem König persönlich vor. Der Prinz Friedrich August marschirte zum ersten Male als Lieutenant in dem Leibgrenadierregimente, und der » I» suit« des Gardereiterregiments gestellte Kriegsminister v. Fabrice