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hem Polizeiinspector CariuS ein Brief zugegangen, durch welchen Dieser ebenso wie Staatsanwalt Schwerdfeger und der Polizeidirector Siebdrat aus Anlatz der Vorgänge in der Volksversammlung mit Mord bedroht werden. Behufs der Ermittelung des Verfassers liegt dieser Brief in der Hauptpolizeiwache zur Einsicht aus, und der Rath der Stadt Chemnitz hat eine Belohnung von Einhundert Mark für Denjenigen ausgesetzt, welcher das nächste Anhalten zur Ermittelung des Verfassers an die Hand glebt. Burkhardtsdorf, 30. Mai. In der Nacht vom 28. zum 29. dS. Mtö. sind abermals Diebe in unserem Marktflecken eingebrochcn, und zwar durch Fenstereinbruch zuerst bei dem Gemeindevorstand Weinhold, wo sie aus dem verschlossenen Sekretär, den sie mittelst Dittrich geöffnet, 45—50 M. entwendet haben, und zweitens bei dem Holzhändler und Nachbar des Gemeindevorstands Oetcl, wo sie aber kein Geld in der Parterrestube vorfanken, nach dem die Diebe, wie es scheint, diesmal allein ouSgegangen sind. Glauchau. Am 24. Mai wurde die !m 20. Lebensjahre stehende Pflegetochter eines hiesigen KlempnermeisterS, welche von Zeil zu Zeil on krampfhaften Anfällen litt, von einem solchen überrascht, als sie eben eine brennende Petroleumlampe durch das Zimmer trug. Beim Umfallen mit der letzteren gerielhcn die Kleider deö armen Mädchens in Flammen, wodurch die Bedauernöwcrthe so erhebliche Brand wunden an Gesicht und Körper erhielt, daß sie infolge derselben nach fast 24stündigen schweren Leiden am 27. Mai verstorben ist. Freiberg. Nunmehr steht es fest, daß am Vorabend der sil bernen Hochzeitsfeier unseres erhabenen Königspaares eine Bergparade in Dresden stattfinben wird und zwar am t7. Juni Abends VelO Uhr. Ungefähr 3200 Bergleute werden daran Theil nehmen. Pirna. Am 26. Mai ist von einer Dresdner Gesellschaft, welche mittelst des Dampfschiffes „Saxonia" eine Vergnügungsparlhie nach der sächs. Schweiz unternommen, ein Mitglied derselben, der uuverheiralhete, circa 26 Jahre alte Maurer Schumann, in der Gegend von Posta, oberhalb des linken Radkastens deö Schiffes über die Barriere in die Elbe gefallen und ertrunken. In der Gesellschaft befanden sich Schumann's Schwager, Schwägerin und seine Brant und kehrten dieselben auf's Tiefste erschüttert und trostlos nach Dres den zurück. Oschatz, 28. Mai. Die hier für den 9. bis 23. Juni projectirte Gewerbeausstellung wird von Industriellen aus allen Gegenden Sachsens beschickt werden; doch konnten die zahlreich eingegangenen Anmeldungen nicht sämmtlich Berücksichtigung finden, weil der Platz im Reilhause und in der im Turngarlen errichteten Maschinenhalle nicht ansreichle, um alles Angeme'dete aufzunehmeu. Die damit ver bundene Verloosung soll nur werthvolle Gewinne enthalten. — Der durch einen Fall von der Scheune verunglückte junge Mann ist seinen Verletzungen erlegen. Kirchberg. Im Jahnsgrüner Foistrevier auf der von Lichtenan nach Weißbach führenden Straße ist am vergangenen Sonntag, den 26. d. M. Vormittags, der Waldwärter Carl Friedrich Lerchner aus Hartmannsdorf von zwei Mannspersonen, welche er beim Vogelstellen betroffen, überfallen und lebensgefährlich verwundet worden. Außer einem durch einen Tritt mit dem Stiefelabsatz herbeigesührten Schädel bruch hat re. Lerchner roch 12 Verletzungen namentlich am Kopfe durch Messerstiche davon getragen. Zwei der That bringend ver dächtige Personen aus Kirchberg sind bereits gefänglich eingezogen worden. Plauen. Mit der Frage, ob auf verkehrsarmen Nebenlinien ein sekundärer Betrieb eingeführt werden kann, hat sich die Slaats- eisenbahnverwaltnng schon seit längerer Zeit eingehend beschäftigt. Cs kommt hierbei in Betracht, daß auf Linien, die ursprünglich als Hauptlinien gebaut sind, Ersparnisse durch Einsübrung eines secun- bärcn Betriebes im Wesentlichen nur dadurch gemacht werden können, daß die Fahrgeschwindigkeit auf ein geringes Maß reeucirt und da- durch die Bewachung der Bahn wesentlich vereinfacht wird. Mil einem derartigen Betriebe soll zunächst versuchsweise nur auf ganz kurzen Nebenlinien vorgegangcn weiden, bei welchen eine wesentliche Verkümmerung der Anschlüsse vermieden werden kann. Als solche Linien werden, wie wir zuverlässig mitlheilen können, von der Ne gierung, abgesehen von der Kohlenbahn Potschappel-Hermsdorf, ins Auge gefaßt nur die Linien Rochlitz NarSvorf, Penig-Narsdorf, Lim- bach-WiltgenSeorf, Pockau-Olbernhau und Nieeerschlema Schneeberg. Von den im Bau begriffenen Linien werden die Linien Gaschwitz- Plagwitz und Stollberg-St. Egidien einen mehr oder weniger secun- dären Betrieb erhalten. Planen. In dem heute beim ConcurSgerichte hier abgehaltenen Termine Hal sich die zahlreich vertretene Gläubigerschaft der Mehl- theuer-Weidaer Bahn mit überwiegender Majorität gegen Annahme der von dem König!. Finanzministerium gemachten Kaufsofferte (450,000 Mark) erklärt, jedoch den Wunsch ausgesprochen, daß der ConcurSverlreter die Verhandlungen mit der König!. Sla-USregierung sorlsetzen möge, um etne bessere ÄanfSofferte zu erlangen. Am 26. d. M. Nachts nach 2 Uhr ist in Wartha (Lausitz) die Scheune der Magdalene Ritscher geb. Böhmer niedergebrannt. In Folge energischer Hilfe war es möglich, das Feuer auf seinen Herd zu beschränken und größeres Unglück von dem Orte abzuwenden. Der Erbe von Syberg. Roman von Emil König. (Fortsetzung.') Der junge Vicewachtmeistcr, das Kind der Sorgen und der Mühe Franzens und des Pfarrers, war unter der hingebenden Pflege und sorgfältigen Erziehung der BiöplinghofS prächtig gediehen. Der Knabe halte die ausgezeichnetsten körperlichen und geistigen Anlagen offenbart, die zu entwickeln der Brüder Lebensaufgabe war, und während der Pfarrer ihn in den Wissenschaften so weit vorbereitet halte, daß er, kaum achtzehn Jahre alt, in die Prima eines Gymna siums ausgenommen wurde-und bald darauf das Abiturienten-Examen abzulegen im Stande war, hatte cs Franz, der nicht umsonst vor Zeiten der beste Reiter der Reitschule in Schwedt gewesen war, für seine Pflicht gehalten, seinen Neffen im Turnen, Fechten, Reiten und Schwimmen zu unterrichten. In den Listen des Gymnasiums und später auf der landwirth- schafllichcn Akademie zu Eldena war Fritz nmer den Namen von Ram- berg, genannt BiSplinghcf, eingetragen. Die väterlich sorgenden beiden Oheime ließen cö dem jungen Studenten der Landwiilhichaft an nichts fehlen; sie sandten ihm auch, noch ehe er als Einjährig-Freiwilliger bei den Gardcdragonern eintrat, behufs seiner Ausbildung ein Jahr lang auf gleisen. Bei einer solchen Vorbildung konnte eö Fritz nickt fehlen, ein glänzendes Offiziers Examen abzulegen und bei seinen reichen Geld mitteln halte er die besten Chancen, gewählt zu werden. Kurz vor den vorerwähnten Ereignissen war er als Offiziers-Aspirant zu einer sechswöchenllicheu Dienstleistung zu seinem Negimente einberufcn und in diese Periode siel die Mobilisiruug der Armee. Auf dem Bisplinghofe und in dem Pfarrhause in der Soester Börde verging kein Tag, an dem die Brüder nicht sehnsüchtig des Landbriefträgers harrten und selten verließ der Bringer der Zeitungen und Briefe den Hef und die Pfarre anders, als srischgestärkl und reichlich beschenkt. Täglich erhielten auch die beiden Brüder die Siegesnachrichten vom Kriegsschauplätze und lheilten die Freude mit Tausenden darüber; so oft aber ein Brief von Fritz eintraf, war ein förmlicher Festtag, und die Frau Pfarrer opferte ein paar Flaschen Wein mehr, als ge wöhnlich. Als aber gar die Nachricht von Fritz erschien, er sei zum Offizier befördert, und später, daß er mik dem eisernen Kreuze deeorirl sei, da war ein großer Jubellag im Pfarrhause und die Taute meinte: „Wie würde sich Marie freuen, hätte sie diesen Tag erlebt! Gott schütze den Fritz nud erbal'e ihn gesund!" So verging in fortwährender Spannung den Bisplinghofs der Sommer und jener wichtige Wendepunkt des Krieges, der denkwürdige 2. September, erschien. Die Kunde von der Gefangennahme des französischen Kaisers war bald auch zu unseren Freunden gedrungen und wurde von diesen mit aufrichtiger Befriedigung ausgenommen; sie meinten mit dem ganzen Volke, der Krieg sei zu Ende und feierten den Tag in würdiger Weise. Nunmehr hofften sie, auch ihren Lieb ling bald wieder in ihre Arme schließen zu können. Ihre Freude wurde noch durch einen Brief von Fritz erhöht, in welchem derselbe mittheille, daß ihn ein ehrenvolles Kommando auf einige Zeit nach der Residenz geführt habe. Auf dem Rückmärsche gedenke er, wenn auch nur auf einen Tag, bet den Seinen vorzusprechen. 11. Ein Kommando vom Kriegsschauplätze nach der Residenz gehörte für die Soldaten zu den angenehmsten Unterbrechungen jener Tage. Ueberall, wo sich einer der Helden blicken ließ, wurde er mit Ent husiasmus ausgenommen. Fritz war Ende August eingetroffen; er hatte einen Trupp ge führt, welcher Trophäen, eroberte Fahnen und Stantar,eu, nach der Hauptstadt zu überbringen halte. Dann hatte er noch eine Reihe dienstlicher Aufträge abzuwicke!», die mindestens einen Monat in An spruch nahmen. Im Grand Hotel oder Hotel de Rome hatte er sein Absteige quartier genommen. Der Zufall führte ihn gleich in den ersten Tagen noch seinem Eintreffen mit einer jungen Dame zusammen, die eS verstand, das junge, unbewachte Herz schnell für sich zu gewinnen und zu fesseln. Fräulein Helene von Gymnich war die Tochter eines armen pen- sionirten Beamten und Offiziers. Sie war nach Berlin mit einer alten sehr reichen Dame als deren Gesellschafterin gekommen. Trotz ihrer abhängigen Stellung hatte sie von den Ansprüchen, zu denen Geburt und Schönheit sie berechtigten, eine nicht geringe Meinung, und gerade dies Selbstbewußtsein, welches den unverdienten Kränk ungen der Frau von Horn gegenüber fälschlich einen Anstrich edler Würde erhielt, diente dazu, ihr daS Herz de« jungen Offiziers zu erobern. Seinem männlich edelherzigen Sinne gefiel die wuthige Sicher heit, die das jugendliche, schutzlose Mädchen den Drmüthigungen ihrer