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verlieren. Leider konnte er sich ihnen nicht so weit nähern, um Ihre Unterhaltung zu verstehen. Sie verließen den Park und betraten den Wald. Seldern's Verdacht wuchs. War der Park nickt groß genug, um Luft zu schöpfen? Boten die geebneten Wege desselben nicht die günstigste Gelegenheit zum Spaziergeben? Die Dunkelheit des Waldes gestattete Geldern sich ihnen mehr zu nähern. „Hier ist es schön," sprach Hugo, „hier erweitert sich die Brust. Cs giebl nichts Köstlicheres als Waidesluft und ich liebe die Nacht." „Wir wären im Parke bequemer und besser gegangen," warf Heinrich ein, dem der unebene Waldweg wenig zu gefallen schien. „Du bist ein Thor, komm', komm'! erwiderte Hugo. „Die Wald- lufl ist besser. Athme tief auf, das stärkt die Brust." „Meine Brust ist gesund, nur der Kopf ist mir schwer," ent gegnete Heinrich. „Ich bin an Wein nichl gewöhnt und kann ihn deshalb nicht vertragen." „Man gewöhnt sich an Atles!" warf Hugo lachend ein und zog Heinrich mit sich fort. Immer tiefer schritten sie in den Wald hinein nnd begen dann seitwärts auf den Weg, der zu dem Waldteiche führte. Seldern's Her; pochte unruhig. Wie eine dunkle Ahnung stieg es in ihm ans, unwillkürlich griff er mit der Rechten nach der Brnst- tasche, ob er nicht eine Waffe bei sich führe. So nahe als möglich suchte er den beiden Voranschreilenken zu folgen. Sie waren am Rande des Teiches angelangt. Vor ihnen am Ufer lag der kleine Kahn, den Cläre öfter zu benützen pflegte, um sich auf dem Teiche zu schaukeln. Selber» halte sich unter den schattenden Zweigen einer verhängenden Buche versteckt. Vorsichtig blickte Hugo sich um, er schien zu horchen, ob Alles ringsum stille sei. Kein Laut war zu vernehmen, nur in den Wipfeln der Baume rauschte es leise. „Komm', wir wollen uns auf dem Teiche schaukeln, daS Wasser ist so kühl und still, sieh, wie verlockend der Teich vor uns liegt," sprach Hugo und bückte sich, um den Kahn loözubinden. „Der Nachen ist zu schwach, er w>rd uns Beide kaum tragen, bemerkte Heinrich, der zu der Fahrt wenig Lust zu haben schien. „Du bist ein Thor!" rief Hugo lachend. „Wenn der Nachen Umschlagen sollte, bin ich verloren, weil ich nicht schwimmen kann," fuhr Heinrich fort. „Haha! Dann trage ich Dich an's Ufer!" rief Hugo. „Er wird indeß nichl Umschlägen, sei ohne Sorge. Es ist so lustig, sich auf dem Wasser zu schaukeln. Hast Du weniger Mulh, als Cläre? Sie würde nicht einen Angenblick zögern und sie kann auch nicht schwimmen. Du bist ängstlicher, als ein Kind!" Heinrich stieg in das kleine Fahrzeug ein» Hugo setzte sich zu ihm. Geldern wollte aufspringen und hervorstürzen und Heinrich zurückhalten, schon hatte Hugo indeß den Kahn mit dem Ruder vom Ufer abgestoßen. Regungslos blieb er deshalb sitzen. Hätte er nicht thöricht gehandelt, wenn er Heinrich gewarnt hätte? Wußte er, ob Hugo wirklich etwas Böses im Sinne hatte? Was konnte er auch be absichtigen? Deutlich konnte er dem langsam dahingleitenden Kahne mit den Augen folgen. Der Himmel hatte sich etwas erhellt und bas Dämmer licht gestattete, fast den ganze» Teich zu überblicken. Langsam halte der Nachen die Mitte des Teiches erreicht. Geldern hörte, wie Hugo eine Melodie leise vor sich hinsummle. Dann sprach er einige Worte zu Heinrich, welche er nicht »erstand. Heinrich richtete sich in dem Kahn empor, er wandte Hugo den Rücken zu. „Hugo, was soll das?" rief er plötzlick, seine Gestalt schwankte nnd das Rauschen des Wassers verrieth, daß er in dasselbe ge stürzt war. „Hülfe, Hülfe!" tönte eine durch das Wasser halb erstickte Stimme. Bestürzt war Geldern emporgesprungen. Seine Augen suchten die Dämmerung zu durchdringen, ec sah nur den umgeslürzlen Kahn auf dein Wasser schwimmen. Im nächsten Augenblick tauchte ein Kopf aus dem Wasser empor und schwamm dem Ufer zu — es war Hugo. Geldern stürzte vor und warf hallig den Nock ab. „Mörder! Mörder!" rief er dem sich Nahenden zu und stürzte sich in's Wasser. Hugo war bestürzt zusammengezuckt, als er eine Gestalt am Ufer auflauchen sah und Seldern's Slimcke hörte. Namenlose Angst erfaßte ihn, seine Arme erlahmten. Mit der Hast der Verzweiflung suchte er das entgegengesetzte und entferntere Ufer zu erreichen. Geldern achtete nicht weiter auf ihn, er halte nur den einen Gedanke», Heinrich zu rotten. Seine Gewandtheit im Schwimmen i kam ihm zu statten. Mit geringer Anstrengung erreichte er die Mitte i des Teiches, der umgestürzte Nachen zeigte ihm die Stelle, wo Hein- - rich hinabgestürzt war, allem vergebens suchte sein Apge nach dem Unglücklichen. Endlich sah er ihn wieder emportanchen. Bald hatte er ihn erreicht, er erfaßte ihn und hob seinen Kopf aus dem Wasser empor, leblos sank derselbe zurück. (Fortsetzung folgt.) ' Vermischtes. * Aus München, 12. Mär; wird berichtet: Die Menagerie ' Kaufmann, welche hier überwinterte, wurde gestern Abend zur Bahn gebracht. Dabei gelang eö dein Elephanten, seinem Wärter zu ent kommen und eine nächtliche Promenade bis zur Centralwerkstätte nächst dem Thiergarten anzustellen. Erst am andern Morgen wurde derselbe nächst der Thalkirchner Ueberfahrt auf den Schienen sitzend getroffen. Ein heranbrausender Güterzug mußte wegen dieses seltenen Hindernisses zum Stillstand gebracht werven. * Der Crimminalbehörve tn Berlin ist ein ebenso wichtiger wie hockinteressanter Fang geglückt, der einer Bande der berüchtigsten Pfanvscheinschieber ans längere Zeit das Handwerk legen dürfte. In Folge wiederholte Annoncen in der „Vossischen Zeitung", daß Gelder gegen sicherste Unterlage und zu hohen Zinsen, selbst zu 80 Proc. auf kurze Zeil verlangt werben, meldete sich der in Annaberg in Sachsen wohnhafte Postsekretär a. D. W., der sich ein kleines Vermögen erspart Halle, auch von Hause ans nichl ganz unvermögend ist, als Darleiher schriftlich bei de» Darlchnsucher». Eines schönen Tages erschienen den» mich in Annaberg drei Berliner Pfandscheinschieber Nameiiö Ostrowsky, Cherubini und Mendelsohn. Mendelsohn brachte dem Postsekretär a. D. 42 „prächtige" goldene Uhren als Unterlage, die einen Gesammtwerlh von über 6000 M. repräsentiren sollten und er hielt darauf 4500 M. baar als Darlehn auSzezahll, unter Verpflicht ung pünktlich am Monalsschluß die Zinse» so lange einzusenben, bis die Uhren eingelöst resp. verfalle» siiiv. Ostrowsky erhielt 6000 M. und Cherubini 4500 M. von dem Gelddarleiher, wofür diesem ganze Stöße angeblich „höchst werthvoller" Pfandscheine als Unterpfand be lassen wurden, natürlich auch gegen hohe monatliche Zinsen bis zur Einlösung resp. zum Vorfall. Als die ersten Monatsziusen bereits nicht bezahlt wurden, wurde der Postsekrelär ängstlich, schrieb wieder holt an die Berliner Kaufleute, für welche sie sich ausgegeben hatten, und erhielt anstatt Geld die beleidigensten Briefe zur Antwort von denselben. Jetzt wurde es ihm zu arg und er suchte Nath und Hülfe bei seinem in Kiel wohnenden Bruder. Dieser wandte sich ebenfalls nun in Folge der fort und fort erscheinenden Annonce an die Berliner Geldsucher und erhielt von diesen ganz dieselben höflichen, vielver sprechenden Briefe, wie sie sein Brnver zur Zeit vor dem Eingehen eines Geschäfts empfangen hatte. Die Briefe lauteten fast wörtlich übereinstimmend und scheinen fabrikmäßig nach der Schablone gearbeitet zu sein. — Der Kieler bestimmte den Berlinern, daß er am Montag in Berlin eintreffe, ließ aber jeden Brief von einer anderen Hand und unter anderem fingirle Namen schreiben und jeden der „Herren" zu einer andern Stunde nach einem andern Hotel in Berlin bestellen. Inzwischen war auch sein Bruder in Annaberg von seinem Feldzugs» plan unterrichtet, und pünktlich traf Derselbe am Montag in einem bestimmten Hotel mit ihm zusammen. Der Postsekretär wurde in einen Schrank gesperrt und harrte der Dinge die da kommen würden. Es erschienen auch Ostrowsky und Cherubini pünktlich in den ihnen angegebene» Hotels, brachten aber vorsichtiger Weise noch keine „Waaren" mit, so daß ein Geschäft nicht abgeschlossen wurde und der Herr Postsekrelär seinen Platz im Schranke nicht zu verlassen brauchte; doch schnell änderte sich die Situation im Hotel znm „König von Preußen", wohin jetzt die Brüder eilten und Herr W. wiederum seinen Platz im Kleiderschrank sand. Kaum waren die Brüder da, als Herr „Kaufmann" Mendelsohn eintrat und 150 „goldene" Uhren, die auf den Schwindel gearbeitet sind, ausbreitete. Man handelte, der Kieler wurde einig mit dem Berliner und er ließ diesen die Uhren in seine Reisetasche packen. Dann öffnete er wie nm-Geld herauözubolen, den Kleiderschrank, und mit mächtigem Satze sprang der Postsekretär da raus zum Schrecken des Herrn Mendelsohn hervor, legte die Hand ans die Reisetasche und belegte die Uhren mit Beschlag. Die Brüder sicherten sich die Tasche nnd zeigten dem Darlehnsucher die Thür. — Als die Brüder nun das Hotel per Droschke verlassen wollten, um nach der Dresdner Bahn zu fahren, trat ihnen plötzlich ein Herr Cohn in den Weg und reclamirte die Miebehaltenen Uhren als sein Eigenthum. Er habe Mendelsohn mit diesen Ubren nur hergeschickt, damit dieselben angesehen werden sollen u. s. w. Als Herr Cohn sah, daß die Brüder sich an sein Dazwischentreten nicht kehrten, sprang er auf den Kieler, der die Tasche trug, zu und biß diesen so heftig in de» linken Oberarm, daß derselbe die Tasche fallen lassen mußte; schnell ergriff der Annaberger dieselbe wieder, drängte seinen Bruder in die Droschke und fort ging eS endlich zur Bahn. Doch Cohn und Genossen verfolgten die Droschke derart, daß die Brüder dieselbe am ersten Polizeibureau halten ließen, wohin sich dieselben, dann Hülfe und Schutz suchend, flüchteten. Sie unterbreiteten dort der Behörde die ganze Correspondenz überlieferten derselben die 150 Uhren und somit der Criminalbehörde eine Bande von Pfandscheinschiebern, die ihrer Gemeingefährlichkeit wegen wohl für längere Zeit unschädlich gemacht werden dürfte. Zahlungseinstellungen. (Nach der Leipziger Zeitung.) Bäcker Wilhelm Röder in Elsterberg. Anineldetermin bis zum 16. April