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Auf die Entscheidung in der Haupt frage können diese Kreuz- und Querfahrten Hobbart Paschas von keinem Einflüsse sein, selbst wenn, was nicht der Fall ist, die ge nannten Häfen occupirl worden wären. Ebenso soll nach einer türkischen Nachricht zwischen Tatar-Bazardschick und PhilippopoliS eine große Schlacht stattgefunden haben. Am 15. hätte der Kampf abermals begonnen. — Suleiman Pascha hätte näher bei Philipps- polis gelegene Positionen besetzt und die Einwohner aufgefordert, die Stadl zu verlassen. Die russischen Truppen seien bei Tschirjan an» gekommen und marschirten auf Jeni-Mahalgre. Südlich deS Balkans herrscht eine Temperatur von nur 2 bis 3 Grab Kälte. Die zwi- scheu Adrianopel und Philippopel zerstreute türkische Hauptarmee soll kaum 50,000 Mann stark sein. — Die Kapitulationsverhandlungen mit dem Kommandanten von Widdin haben sich zerschlagen, weil derselbe-entweder mit den Russen zu verbandeln wünscht, oder freien Abzug der Garnison fordert. 8000 Russen sind vom westlichen Lom her im Anmarsch gegen Widdin begriffen. Die russische Armee, die jetzt südlich deS Balkangebirges steht, setzt sich ans folgenden Korps zusammen: Dem Gardekorps (3 Di visionen) l Grenadier-Division, dem IV«, VIII. und IX. Korps, der 3. und 24. Division, 2 Schützen-Brigaden, der Bulgarenlegion, und mehreren Kosakenregimentern. Reben diesen Truppen dürfte auch wenigstens ein Theil des XI. KerpS disponibel sein, um über den Balkan zn gehen. Sämmtliche übergegangenen Kolonnen sind in naher Fühlung mit einander und gehen von Nord-Westen und Norden der gemeinschaftlich gegen die türkische Linie Tatar-Bazarbschik-Phi- lippopel-Arrianopel vor, auf allen Wegen die größtentheils geschlage nen und umgangenen Neste der verschiedenen türkischen Armeen vor sich vertreibend. So sieht es sowohl ans den beiden von Sofia über Jchtiman und Samakow auf Talar-Bazardschik führenden Straßen aus, als auch in de» Thälern der Topoleitza und der Ludajana, die beide auf eben diese Stadt führen; Niemand hindert die russischen Kolonnen durch das vor ihnen freiliegende offene Thal der Giopsa auf Philippopel zn marschiren. Die ausgezeichneten Stellungen auf dem rechten User des Tondja auf den Höhen des Tscherna-Gora sind unbesetzt unv somit die Straße Ieni-Zagra — Eski-Zagra — Philippopel oder Avrianopel in russischem Besitz. Die Türken wer ken daher alle Mühe haben, die in Hermanlü, dem Eisenbahnknoten punkt, errichteten Magazine in Sicherheit zu bringen und sich unter de» Mauern Adrianopels zu vereinigen, um mit Zähigkeit diese Fest ung, zu deren Instandsetzung und Armirunz es ja nicht an Zeit und Mitteln gefehlt hat, wenigstens der Waffenebre halber zu verthejbigen, damit sie nicht auch sofort in feindliche Hände fällt. Daß es indeß möglich sein sollte, von der russischen Heeresleitung die Nichtbesetz- Ung Adrianopels während des Waffenstillstandes zu erreichen, läßt sich ans militärischen Gründen allerdings nicht annehmen. Osman Pascha istin seinem vorläufigen JnlernirungSorte Kischeneff eingetroffen. Nach einem Berichte des „GoloS" hakte eine große Menge von Zuschauern sich ans dem Bahnhofe eingefnnden, um den Helden von Plewna zu sehen. Osman Pascha kann nicht gehen und mußte daher getragen werden. Als er den Waggon verließ prüfen- tirte die am Bahnhof ausgestellte Ehrenwache das Gewehr und der die Wache befehligende Offizier salutirte mit dem Degen. Osman Pascha berührte zum Gegengrnß seinen Fez mit der Hand und verbeugte sich leicht. Der Korrespondent beschreibt darauf daS Aeußere deS gefangenen Paschas. Keines der vielen Bilder in den illustrirten russischen Zeitschriften von dem türkischen General ist dem Original ähnlich. Während seine Züge wild und energisch ans den Bildern dargcstellt sind, sind sie in Wirklichkeit sympathisch und ohne jegliche Härte nn Ausdruck. Sein Gesicht ist für einen Orientalen von einer auffallenden Weise und von einem kurz geschnittenen Bollbart umfaßt. Seine schönen dunkelbraunen Augen blicken nachdenkend und schwer- mülhig vor sich hin. Während er durch die Volksmenge getragen wurde, lag er halb zurückgelehnt im Tragsessel und begegnete ruhig den Blicken der Menge. Er machte den Eindruck eines Mannes auS der guten Gesellschaft, der durch die Menge nicht genirt wird, sich aber »or derselben auch kein Ansehen zu geben trachtet. Er trug seinen gewöhnlichen dunkelblauen Mantel. Vom Bahnhof wurde OSman Pascha in der Equipage des Gouverneurs in das Haus des Notars Leontjew gebracht. Ob Osman ganz in Kischeneff bleiben oder ihm ein anderer Wohnsitz angewiesen wird, ist noch nicht bekannt. Kurz vor der Ankunft kam ein anderer Zug mit sieben Paschas au, welche auch bei Plewna in russische Gefangenschaft geralhen sind. Dieselben werden in verschiedenen Häusern untergebracht. In den nächsten Tagen sollen täglich Züge mit 3200 Gefangenen Kischeneff passiren. Unter denselben sollen verschiedene Krankheiten herrschen, wie Typhus, die Blattern u. s. w. Vielen sollen auch die Gliedmaßen erfroren sein. Tagesgeschichte. Berlin, 16. Januar. Der Reichstag ist auf den 6. Februar einberufen. Berlin, 16. Januar. Die „Nordb. Allg. Ztg." schreibt: Die neuerdings verbreitete Nachricht, der Reichskanzler werde am 22. Januar hier einlreffen, ist Nachrichten auS Varzin zu folge irrrhämlich, der Fürst äußerte allerdings vor drei Wochen die Hoffnung, ungefähr um die angegebene Zeit nach Berlin zurückkehren zu können. Die inzwischen eingetretene Erkrankung, wobei er das Zimmer noch gar nicht, bas Bett kaum verlassen kann, macht eS bis jetzt unmöglich, an einen bestimmten Termin der Rückkehr zu denken. Ronneburg. Wie der „Alienb. Zeitung" geschrieben wird, hat am 12. Januar daselbst eine Verhandlung des Aufsichtsrathö der Eisenbahn Gößnitz-Gera mit einem Vertreter des berzogl. altenb. Staates wegen der Theilung in den Kaufpreis, welchen der sächs. Staat für die Eisenbahn geboten hat, stattgefunden. Sicherem Ver nehmen nach hat hierbei der allenburgische Staat als Entschädigung für je eine Privatakue die Abgewährung von 300 Mark sächs. 3pro- cenliger Rente mit Zinsen vom 1. Januar 1878 ab, und 60 Mark baar vorgeschlagen, unv hat der AufsichtSrath nach Lage der Sache sowie der Rechtsverhältnisse, da eine Erhöhung des Angebots nicht zn erlangen war, diesen Vorschlag des allenburgischen Staates als einen solchen befunden, welcher den Privalaktionären empfohlen wer den kann. Die Zuzahlung von 60 Mark baar würde am l. Juli d. I. geschehen. Die Aktionäre erleiden hiernach zwar eine Einbuße an der bisherigen Rente der Aktien, nnv diese Aktionäre würden nicht gezwungen werben können, ihre Aktien für diesen Preis zu ver kaufen, sobald aber der Verkauf überhaupt für sachgemäß befunden wird, spricht das RechtSverhältniß zwischen dem allenburgischen Staal und den Privataktionären dafür, dem Angebote deS allen- burgischen StaaleS nicht entgegen zn treten. Gotha. Nach Anzeige von Dresden ist in Wursifabrikaten des MetzgermeisterS Willig hier Anilin oorgefunden worden. Bei der Vernehmung hat auch Willig diese Verfälschung eingeränmt. Er ent schuldigte sich damit, daß er von seinem Agenten Keßler in Berlin, von dem ein Theil der Wurst nach Dresden gesendet wurde, hierzu ausdrückliche Veranlassung erhalten habe, um das Grauwerden des