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Der Grrnchotr. Der Grenzbvte erscheint täglich mit Ausnahme des den Sonn- und Feiertagen folgenden Tages und kostet vierteljährlich, voraus bezahlbar, 1 Mk. 2o Pfg. Bestellungen werden -in der Geschäftsstelle, von den Austrägern des Blattes, sowie von allen Kaiser!. Postanstalten und Postboten angenommen. WeM md Azcher für Mors und das obere Vogtland Inserate von hier und aus dem Verbreitungs bezirk werden mit 10 Pfg., von auswärts mit 15 Pfg. die 4mal gefpaltene Grundzeile oder deren Raum berechnet und bis Mittags 12 Uhr für den nächstfolgenden Tag erbeten. Reclamen die Zeile 20 Pfg. Verantwortlicher Redacteur, Drucker und Verleger: Atto Weyer irr Adorf. Hierzu Sonntags die illustrirte Gratisbeilage „Der Zeitspiegel". S17. Mittwoch, de« 19. September 1900. 63. Iahrg. Der Zinsfuß für die Einlagen bei der hiesigen städtischen y erhöht worden. Markneukirchen, am 17. September 1900. Sparkasse ist vom 1. Oktober dieses Jahres ab auf Der St ad tratst. Kurth, Bürgermeister. Kb. Politische Rnndscha«' Berlin, 17. Septbr. Die „Nordd. Allg. Ztg." meldet: Der Kaiser hat nach den letzten Wirbelstürmen in Teras an den Präsidenten Mac Kinley in englischer Sprache ein Tele gramm gerichtet, das zu deutsch folgendermaßen lautet: „Ich möchte Eurer Ercellenz den Aus druck Meiner tief empfundenen Theilnahme an dem Unglück übermitteln, das über die blühende Stadt und den Hafen Galveston und über manche andere Theile von Teras hereingebrochen ist, und trauere mit Ihnen und dem Volke der Vereinigten Staaten über den großen Verlust an Leben und Eigenthum, den der Orkan verursacht hat. Ebenbürtig aber der Größe des Unheils ist der unbezwingbare Geist der Bürger der neuen Welt, der sich in ihrem langen Ringen gegen feindliche Naturgewalten siegreich bewährt haben. Ich hege die aufrichtige Hoffnung, daß Galveston zu neuem Wohlstand erblüht." Hierauf ist von dem Präsidenten Mac Kinley folgende, in deutscher Sprache abgefaßte Antwort einge gangen: „Die von Eurer Majestät der Regierung und dem Volke der Vereinigten Staaten über sandte Botschaft der Theilnahme und Mitleids bezeugung ist höchst wohlthuend und angenehm. Im Namen des Volkes und der Regierung so wohl, als der Tausende, die durch Galvestons Unglück entsetzlichen Verlust und Schaden erlitten haben, statte ich Eurer Majestät den verbindlichsten Dank ab." Berlin, 17. Septbr. Die Einberufung des Reichstages dürfte, wie verlautet, am 23. Oktober erfolgen. — Die diesjährige Rekruten-Einstellung dürfte an alle betheiligten amtlichen Organe recht hohe Anforderungen stellen. Durch die Abgabe zahl reicher aktiver Mannschaften an die ollasiatischen Truppenverbände sind naturgemäß die einzelnen Regimentrr nicht unerheblich in der Stärke ge schwächt worden. Dieser Mangel an Mann schaften muß nun durch die Rekruten-Einstellung wieder behoben werden, denn durch diese wird der Etat wieder auf seine gewöhnliche Stärke gebracht. Um dies erreichen zu können, wurden im Laufe des letzten Monats verschiedentlich nochmals Rekruten nachgezogen, die nun eben falls im Oktober zur Einstellung gelangten. Das krempel dürfte leicht zu lösen sein: Nach der Einstellung der Rekruten haben die Truppen wieder ihre etatsmäßige Stärke, die in China befindlichen Leute sind hinsichtlich der Heeresstärke „überzählig" und bilden somit indirekt eine deutsche Colonialarmee. Ob das wirklich so ge macht wird, ist noch nicht bestätigt worden, ebenso wenig die weitere Mittheilung van einer Verstärkung unserer Schutztruppe in Kiautschou um das Zehnfache. — In Friedrichshafen werden die letzten Vorbereitungen zum 2. Aufstiege des Zeppelin- schen Luftschiffes getroffen, der längstens bis Dienstag, den 25. September, erfolgen soll, da an diesem Tag König Karl von Württemberg zu den Manöoern nach Norddeutschland abreift. Wenn unvorhergesehene Hindernisse den Aufstieg bis dahin unmöglich machen würden, wird Alles bis zum nächsten Frühjahr verschoben. Unter den vorgenommenen Verbesserungen sind die Verstärkung und die Vergrößerung der Luft schrauben die hauptsächlichsten. — Ueber die Mordsucht in Italien wird der „Volksztg." geschrieben: „Italien beansprucht das traurige Primat in Mord und Todtschlag vor allen Kulturvölkern der Erde. Die Ziffern sind erschreckend. In Deutschland (55 Millionen Ein wohner) gelangen alljährlich 530 Verbrechen gegen das Leben zur Aburtheilung, in Frank reich (38 Mill. Einw.) 609, in Spanien (28 Mill. Einw.) 849 — in Italien aber kommen jährlich 4000 Morde zur Kenntniß der Behör den und nur 2000 bis 2200 zur gerichtlichen Aburtheilung. Die Verhältnißzahl des schwersten Verbrechens ist demnach in Italien 14 Mal höher als im Deutschen Reiche und übertrifft selbst Spanien ums Vierfache. Angesichts dieser furchtbaren Thatsache ist die Klage heute noch gerecht, welche am 11. Februar 1879 der Mar- ! chese di Rudini im Parlament erhob: „Dieser breite Strom unschuldig vergossenen Blutes, der unaufhörlich durch unser Land fließt, bereitet uns größere Schande als eine verlorene Schlacht!" Auf den Zusammenhang der vielen Anarchisten morde dnrch italienische Hände mit dieser wel schen Mordtücke wurde schon öfter hingewiesen. — Ein Reichsdeutscher durch Czechen belästigt. Auf der Fahrt von Theresienstadt nach Prag wurde dieser Tage Herr Dr. S., ein Reichsdeut scher durch 2 anständig gekleidete Männer und und mehrere Arbeiter, die mit ihm im Coupee saßen in der gröblichsten Weise insultirt und so gar am Leben bedroht. Da Herr S. auf die unsläthigen Beschimpfungen der Czechen nicht reagirte, machten sie Miene, sich auf ihn zu stür zen, spuckten ihn an und stießen ihn mit den Ellenbogen in die Seiten. Mehrere der Rowdies machten auch Bewegungen, als wollten sie Hrn. Dr. S. aus dem Coupee werfen. Der Insultirte hat zwar, in Prag angekommen, die Persönlich keit des Rädelsführers polizeilich feststellen lassen, doch ist wohl gerade in Prag am allerwenigsten zu erwarten, daß Czechen eine ausreichende Strafe für Beleidigungen eines Deutschen erhalten werden. — Der Fürst Ferdinand von Bulgarien hat dem Deutschen Lokomotivenführer-Verein für das zu gründende „Erholungs- und Genesungsheim" 1000 Mark überwiesen. Es hängt dies damit zusammen, daß kürzlich ein bayerischer Lokomotiv führer, der den Fürsten auf der Reise von Salzburg nach München die Mitfahrt auf der Maschine gestattete, eine scharfe Rüge erhielt. — Die Räumung Pekings ist jetzt thatsäch- lich von den Russen begonnen worden. General Lenewitsch hat bekannt gegeben, daß er Befehl erhalten habe, einen Theil der russischen Streit kräfte von Peking zurückzuziehen. — Der Ge sandte von Giers wird in Tientsin seinen Wohnsitz haben, jedoch als einziger Vertreter Rußlands die Verhandlungen mit den chinesischen Vertretern führen. Wenn erforderlich, wird sich Herr von Giers zu diesem Zweck nach Peking begeben. Es ist bezeichnend, daß ein Theil der russischen Truppen nach der Mandschurei abbeor dert wird. Mit der einen Hand giebt Rußland großmüthig den Chinesen die Hauptstadt zurück, und mit der anderen nimmt es ihnen eine der besten Provinzen ab. London, 17. Septbr. Nach einer Stan dardmeldung hat die Niederländische Regierung ihren Consul in Lourenzo Marques telegraphisch beauftragt, Krüger mitzutheilen, die Niederlän dische Regierung sei bereit, ihm eines ihrer Kriegsschiffe für feine Ueberfahrt nach Holland zur Verfügung zu stellen. Wenn Krüger dieses Anerbieten annimmt, kann das holländische Schiff in fünf bis sechs Tagen in Lourenzo Marques ankommen. — Obwohl es im mittleren China noch zu keinem bewaffneten Zusammenstoß zwischen den Streitkräften der verbündeten Mächte und den Chinesen gekommen ist, so haben sich gerade in Schanghai, wo infolge der großen Handels interessen eine ganz bedeutende Flottenmacht der Mächte zusammengezogen ist, die Verhältnisse derart zugespitzt, daß hier jeden Moment der erste Schuß fallen kann. Im Norden entwickeln die verbündeten Truppen jetzt eine lebhaftere Thätigkeit. Wir haben bereits berichtet, daß zwei Heersäulen gegen die wichtige Stadt Pao- tingfu vorgegangen sind. Wie aus Schanghai berichtet wird, ist Paotingfu bereits von diesen Truppen genommen worden. Infolge umlaufen der falscher Gerüchte, die Verbündeten beabsich tigten einen Angriff, setzten die Chinesen die Wusungforts in Vertheidigungszustand. Sonn abend machte darauf das englische Kriegsschiff „Centurion" klar zum Gefecht und setzte sich durch Signale mit dem deutschen Geschwader in Verbindung, aber es kam zu nichts. Nach Meldungen aus der Provinz Tschili wurde ein dritter Angriff der Verbündeten auf die Lutai- forts bei Peitang, die ihre Stellung im Rücken bedrohen, von den Chinesen zurückgeschlagen, wobei die Russen schwere Verluste erlitten. Pao tingfu soll bereits besetzt worden sein. Li-Hung- Tschangs Dampfer „Auping" ist noch nicht aus gelaufen. Infolge eines Taifuns sind das deutsche Kriegsschiff „Heia" und ein russischer Kreuzer nach Wusung zurückgekehrt. Der fran zösische General Voyron ist hier in Schanghai eingetrosfen. Für den Grafen Wald-rfee werden die Quartire in Stand gefetzt. Der Kreuzer Schwalbe geht nach Hankau. Schanghai, 17. Septbr. Die Gesandten der Mächte in Peking weigern sich, mit Prinz Tsching in Verhandlung zu treten. Der Sccre- tär der deutschen Gesandtschaft, Legationsrath von Below, erklärte, daß nur der neuernannte Gesandte Dr. Mumm v. Schwarzenstein, der sich zur Zeit noch in Schanghai aufhält, für Deutsch land zu unterhandeln ermächtigt sei. Aus ganz China strömen Truppen nach Sienfu, das zur dauernden Residenz des Kaisers ausersehen ist. Schanghai, 17. Septbr. Ein Erlaß, da- tirt Homa, d. 10. Septbr., macht die Borer für die Unruhen verantwortlich und ordnet zugleich die allgemeine Ausrottung derselben an. Alle Diejenigen, welche den Kaiserlichen Truppen Widerstand leisten, werden bis auf den letzten Mann niedergemacht werden. Man erwartet daß durch einen neuen Kaiserlichen Erlaß eine vollständige Aenderung im Regierungssystem noch vor Beginn der Friedensverhandlungen eintreten wird. In diplomatischen Kreisen glaubt man, daß die von den Vereinigten Staaten be antragte Regelung der chinesischen Angelegenheit Erfolg haben wird, weil China auf Amerika sein volles Vertrauen setzt. Alle Gerüchte, welche über die militärischen Operationen im Pangtse- thal verbreitet werden, entbehren jeglicher Be gründung. Aus sicherer Quelle verlautet, daß die Ermordung des Frh. v. Ketteier schon lange vorbereitet war. Dieselbe sei eine Rache für die Besitznahme von Kiautschou durch Deutschland-