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Hierzu war eine große Anzahl Petitionen eingegangen. Einen Theil ließ die Kammer auf sich beruhen, der andere wurde der Staatsregierung zur Kenntnißnahme überwiesen. Hierauf bewilligte die Kammer 500 000 Mark für Erbaung eines Dienst gebäudes für die Ministerien des Innern und des Kultus und öffentl. Unterrichts, 112000 Mark für das gemeinsame Dienstgebäude für die fünfte Kreis hauptmannschaft und die Amtshauptmannschaft Chemnitz, 298 000 Mark für das Dienstgebäude der Amtshauptmannschaft Pirna, 10000 Mark für die Mobiliarausstattung im Dienstgebäude der Amts- hauptmannschaft Grimma, 300000 Mark für Erwei terungsbauten u. d. Thierärztl. Hochschule zu Dres den, 1,083 000 Mark für Errichtung einer Erziehungs anstalt für blinde und schwachsinnige Zöglinge in Chemnitz. 5000 Mark für Erweiterung der Änstalt Untergöltzsch sowie der Wasserleitung daselbst, 1,500000 Mark für Errichtung einer neuen Strafan stalt für Gefängnißsträflinge in Bautzen. Die Pe tition des Gemeinderaths und der Rittergutsherr schaft Probsdeuben, um Errichtung einer Personen haltestelle daselbst wurde der Staatsregierung zur Kenntnißnahme überwiesen und desgleichen die Petition L. Landgraß in Neuwiese. Die beiden Gesetzentwürfe betreffend die Aufnahme einer drei prozentigen Rentenanleihe und über Gewährung von Entschädigungen an Gehirn-Rückenmarksent zündung bez. Gehirnentzündung umgestandene Pferde und für an Maul- und Klauenseuche gefalle nes Rindvieh nahm die Kammer an. Hierauf ließ die Kammer eine große Anzahl Petittonen auf sich beruhen. Zum Schluß standen noch auf der Tages ordnung das Finanzgesetz, das Dekret Nr. 2 den Staatshaushalts-Etat und das Finanzgesetz betr. Dem Vortrag des Allerhöchsten Acceptions-Dekrets und 19. Schluß. Die Zweite Kammer erledigte in ihrer heütigen 98. öffentlichen Sitzung 4 Punkte. 1. Mittheilungen und Beschlüsse über Ergebnisse des Vereinigungs verfahrens. 2. Vortrag der Ständischen Schrift über das König!. Dekret Nr. 2, den Staatshaushaltsetat und das Finanzgesetz für 1900^01 betr. 3. Vortrag des Allerhöchsten Acceptionsdekrets. 4. Schluß. Deutscher Reichstag. 190 Plenarsitzung n. 10. Mai 1 Uhr Nachm. Am Bundesrathstisch: Graf von Posadowsky, Tirpitz und Kommissare. Beim Beginn der heutigen Sitzung gab es nach dem Einerlei der tagelangen, ermüdenden Berathungen der Gewebeunfallversrche- rung eine kleine Abwechselung. Auf der Tages ordnung stand zunächst die erste Lesung des Gesetzes über die militärische Strafrechtspflege in Kiautschou. In Anbetracht der dortigen eigenartigen Verhältnisse sollen in Kiautichou die in der neuen Strafgesetzord nung vorgesehenen Vorschriften für Mannschaften an Bord gelten. Begründet wird die Vorlage damit, daß die dortigen Verhältnisse große Aehn- lichkeit mit denen an Bord haben und daß es sich daher empfiehlt, auch für Kiautschou das abgekürzte Verfahren ohne Berufungs- oder Revisionsinstanz in Anwendung zu bringen. Sämmtliche Redner äußerten sich zustimmend, wünschten aber, daß diese Regelung nur ein vorübergehender Zustand sei, damit den Mannschaften das Rechtsmittel der Be rufung und der Revision nicht zu lange versagt bleibe. Das Haus ging sodann über zur Fortsetzung der zweiten Lesung der Novelle zum Unfallversiche rungsgesetz. Eine Reihe von Paragraphen wurde debättelos nach den Kommissionsbeschlüssen erledigt. Beim 8 82 lUeberwachung der Betriehe und der Durchführung der Unfallverhütungsvorschriften) gab es einen längeren Aufenthalt, weil von sozialdemo kratischer Seite eine Reihe aussichtsloser Anträge gestellt und in endlosen Reden hegründet wurde. Unter dem Beifall des Hauses wies Abg. Hitze (Ct.) dieses Verfahren scharf zurück, weil es nur auf agi tatorische Wirkung nach außen hin berechnet sei und lediglich den Zweck haben könne, das Zustande kommen der Reform, die ausschließlich im Interesse der Arbeiter liege, zu verhindern. Das Ergebniß dieser langen Auseinandersetzung war die Ablehnung der sozialdemokratischen Anträge und die Annahme des Art. 82 in der Kommissionsfassung mit dem Abänderungsantrag v. Stumm. Die 88 83—93° (Beaufsichtigung der Berufsgenossenschaften, Ge schäftsgang, Reichs- und Staatsbetriebe) -wurden dehattelos angenommen. Der Rest der jVorlage, ! betreffend die Gewerbeunfallversicherung wurde ohne ! wesentliche Beanstandung nach den Beschlüssen der j Kommission angenommen. Nächste Sitzung: Frei- l tag 1 Uhr. Zweite Lesung der Unfallversicherung für Land- und Forstwirthschaft. Schluß 6'/., Uhr. Politische Rundschau. Metz, 10. Mai. Das Kaiserpaar traf heute Morgen 9 Uhr hier ein und begab sich zu Pferde nach dem Uebungsplatze in Frescati, wo es vom Statthalter Fürst zu Hohenlohe-Langen burg und dem commandirenden General Grafen Häseler erwartet wurde. Der Kaiser ließ die Bataillone des Königs-Jnfanterie-Regiments Nr. 145 einzeln vorererzieren und folgte einer Ge fechtsübung des ganzen Regiments. Inzwischen rückten die übrigen Truppen der Garnison ein und stellten sich zum Parademarsch auf. Der Kaiser begrüßte die einzelnen Regimenter. Nach 12 Uhr erfolgte der Vorbeimarsch von der In fanterie in Regimentscolonne, von der Cavallerie in Schwadronen, von der Artillerie in Batterie front. Der Kaiser führte sein Regiment der Kaiserin vor. Der Statthalter setzte sich an die Spitze seines Dragoner-Regiments. General v. d. Goltz begleitete die Pioniere. Das Wetter war prachtvoll. — Bald nachdem das Gesetz erlassen war, in welchem u. A. das Verbot der Verwendung von Saccharin bei der Bierbereitung ausgespro chen war, wurde in einem Theile der Presse als ziemlich sicher gemeldet, daß nunmehr das in Bayern bereits seit längerer Zeit bestehende „all gemeine Surrogatverbot für die Bierbereitung" in der Norddeutschen Brausteucrgemeinschaft nicht mehr lange auf sich warten lassen würde. Die damalige Meldung scheint sich jedoch nicht be stätigen zu sollen. Dem Reichstage liegt ein bezüglicher Antrag allerdings schon seit einiger Zeit vor, ob aber damit schon ein Erlaß des Surrogatverbots in einer nahen Zeit verbürgt ist, bleibt doch zweifelhaft. Nach dem Eindruck, welchen die Aeußerungen der zur Norddeutschen Brausteuergemeinschaft gehörigen Regierungen im Allgemeinen machen, scheint vielmehr anzu nehmen zu sein, daß das Surrogatverbot sür die Vierbereitung vorläusig noch nicht Aussicht auf Einführung hat. Berlin, 10. Mai. In hiesigen amtlichen Kreisen ist nichts darüber bekannt, daß die euro päischen Mächte eine Collectivnote an den Präsi denten Krüger gerichtet hätten, worin er für etwaige Zerstörung der Minen persönlich verant wortlich gemacht wird. Keinesfalls sei Deutsch land an einem solchen Schritte, falls ein solcher — was sehr fraglich — von irgend einer Macht unternommen worden sei, betheiligt. Näher liegt die Vermuthung, daß die deutschen und franzö sischen Minen-Schutzsyndikate bei der Regierung in Pretoria in irgend einer Weise vorstellig ge worden sind. — Wie der „Ostas. Lloyd" mittheilt, haben ruchlose Hände vom „I!tis"-Denkmal das Tauende aus Bronce, das vom Mast in einer Länge von mehr als drei Meter herabhängt, abgesägt. Es ist inzwischen allerdings wieder in den Besitz der Behörde gekommen, doch fehlt noch jeglicher Anhalt, wer die Schuldigen sind. Um ähnlichen Zerstörungen für die Zukunft vorzubeugen, ver langt das genannte Blatt, das herrliche Denk mal mit einem entsprechenden Gitter zu umgeben oder einen Wächter dauernd anzustellen, der das schönste Kunstwerk, das in einem öffentlichen Park Ostasiens aufgestellt ist, hütet. Geschieht das nicht, so werde es nur eine Frage der Zeit sein, wann weitere Broncestücke abgebrochen und entwendet sein werden. Sind sie doch ein treff liches Material für jeden Chinesen, um aus ihm „Käschmünzen" — die übliche durchlöcherte chine sische Landesmünze — herzustellen. — Lostrennung der brasilianschen Südstaaten und Vereinigung mit Uruguay zu einem Bundes staate unter deutscher Schutzherrschaft — das ist die politische Phantasterei, welche jetzt in Süd amerika die Gemüther beschäftigte. Die drei Staaten Rio Grande do Sui, Parana und Santa Catharina werden der Theilnahme an diesem Plane beschuldigt. Im Zusammenhang damit ständen jedenfalls die Besuche, die der deutsche Gesandte Graf Arco Valley und die deutschen Consuln Brasiliens kürzlich diesen Gegenden ab gestattet haben. Der Vorwand zur Ausführung des Planes soll in der Abtrennung des Staates Rio Grande do Sui gefunden werden. Die „Gazette de Noticias" und die „Cidade de Rio" haben beide in einer Reihe von Aufsätzen den angeblichen Plan Deutschlands behandelt, bei irgend welchen Verlegenheiten der Vereinigten Staaten zum Schutze Südbrasiliens einzugreifen. Die „Gazette de Noticias" fügte hinzu, daß das jetzt ausschließlich von Deutschen bewohnte Gebiet weit größer als ganz Deutschland ist, und die „Cidade de Rio" hatte kürzlich darauf aufmerk sam gemacht, daß die Deutschen schon Karten von Südbrasilien in den Schulen zur Vertheil- ung brächten. In den Köpfen dieser Politiker muß es doch recht merkwürdig aussehen. Koblenz, 10. Mai. Die Torpedoboots division, welche gestern Abend Neuwied ange laufen war, passirte heute Vormittag die hiesige Stadt. Das Dioisionsboot, welches in Neuwied geblieben war, folgt nach. Dasselbe geht hier heute Nachmittag vor Anker. Wien, 10. Mai. Den Blättern zufolge hat das Zeitungsausträger-Ehepaar Ott sein fünf jähriges Kind zu Tode gemartert, die Leiche zer stückelt und dann im Ofen verbrannt. Das Ehepaar wurde verhaftet. — Der Vormarsch der Robertschen Truppen nimmt noch seinen Fortgang, ist aber gleichzeitig bereits in ein langsameres Tempo gefallen und den ersten Hindernissen begegnet: Das Aufreißen der Eisenbahnlinie und die zerstörten Brücken verhindern das prompte Nachbringen des Trains und die Verproviantirung der Armee, so daß General Roberts in allernächster Zeit schon ge zwungen sein wird, Halt zu machen, und wiede rum zu warten, bis die Brücken reparirt und die Bahnlinie wieder hergestellt ist. London, 10. Mai. Eine Depesche Lord Roberts vom Zandflusse von heute mittag 1 Uhr meldet: Der Feind ist im vollem Rückzüge. Er nahm eine Stellung ein, die sich über mehr als 20 englische Meilen erstreckte. Die englische Stellung war natürlich viel länger. Unsere Ver luste sind wie ich hoffe, nicht groß. Die Kaval lerie und reitende Artillerie verfolgen den Feind auf drei verschiedenen Wegen. London, 10. Mai. Lord Roberts tele- graphirt aus dem Hauptquartier heute Morgen um 9 Uhr 10 Minuten: „Wir haben jetzt den Zandfluß überschritten. Der Feind nimmt noch eine starke Stellung ein, aber wir drängen ihn allmälig zurück." — Die „Morning Post" meldet aus Lady smith vom 9. d. Mts.: General Buller hat am 1. d. Mts. eine Proklamation erlassen, in der er bekannt macht, daß er alle Bewohner von Na tal, die den Feind jetzt verlassen wollen, freund lich aufnehmen und sich der Interessen Aller, die sich freiwillig den Civilbehörden stellen, anneh men werde, da sie eine mildere Behandlung ver dienten, als diejenigen, die nach dieser Aufforde rung noch gegen die Engländer weiter kämpften. Viel Erfolg dürfte Herr Buller mit diesem Auf ruf nicht haben. — Nun wird den Buren auch die Zufuhr von Lebensmitteln und von Kleidung durch das portugiesische Gebiet abgeschnitten. Wie man aus Lourenzo Marques telegraphirt, verweigern die dortigen Zollbehörden die Clarirung von Getreide, Fleisch, Kleidern und Schuhen, die für