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Pulsnitzer Wochenblatt Donnerstag, 1! September 1911. Anlage zu Ar. 1 9. 63. Jahrgang. ^us aller Welt. Jena, 12. September. (Richters Ankunft in Jena.) Ingenieur Richter ist heute mittag in Jena 1 Uhr 44 Minuten mit dem Eilzuge von Eger kommend eingetroffen. Eiwa tausend Menschen hatten sich an dem Bahnhofe eingesunden, die den Heimgekehrten mit leb- haften Ovationen begrüßten. Ein offizieller Empfang hat nicht stattgefunden. Am Bahnhofe waren auch Richters Frau und seine Angehörigen anwesend. Rich ters Mutter ist ihm einige Stationen entgegengefahren. Richter bestieg mit seiner Frau, seiner Mutter und einer Tante einen offenen mit Blumen geschmückten Wagen und fuhr durch die Straßen der inneren Stadt nach seiner an den Soavenbergen gelegenen Villa. Das HauS Richters ist bereits gestern festlich geschmückt worden. An der Eingangspforte war ein Girlandenarragement mit der Aufschrift: „Willkommen nach langen Leiden" ange bracht. Richter wurde auf seiner Fahrt durch di Straßen von Jena vom Publikum sympathisch begrüßt. Köln, (2. September (Biwak-Lxceß.) Rei dem Eifelorte Doffel kam es zu Ausschreitungen von Zivilisten gegen Mannschaften des Infanterieregiments Nr. 25, das dort im Biwak liegt. Als die Zivilisten um st Uhr zum Verlassen des Biwaks aufgefordert wurden, beschimpften sie den wachthabenden Unteroffizier und bewarfen die Mann schaften, die zur Hilfe eilten, mit Steinen. Als das Militär mit aufgepflanztem Seitengewehr vorging, wichen die Lxze- Bei der Festnahme der Hauptbeteiligten erhielt ein Freiwilliger einen Stieb in den Oberschenkel, ein Feldwebel wurde an der Hand verletzt. Insgesamt wurden 8 Verhaf tungen vorgenommen. Treptow an der Toleose, 13. September. (Die Ex- plosion des bä. III.) Im Munöoergelände ist dem Militärballon bä. I». bei Below ein schwerer Unfall zu gestoßen. AuS bisher unbekannter Ursache explodierte der Motor und ein großer Teil des Ballons wurde zerstört. Den 7 Mann der Besatzung gelang es, sich durch Ab- springen aus der Gondel zu retten. Verletzt wurde niemand. Toulon, I2. September. (S pionenfurcht) Unter Spionageverdacht wurde hier letzthin, wie gemeldet, ein deut scher Maler verhaftet. Hierzu wird weiter berichtet: Die Polizei habe in letzter Zeit überhaupt die Anwesenheit zahl- reicher Maler konstatiert, die sich in verdächtiger weise zu schaffen mochten und vom Festungsglacis aus stundenlang ihre Studien machten. Die Polizei will Maßregeln treffen, um derartigen Malern ihr gefährliches Handwerk zu legen. Bukarest, 12. September. (Schreckenstat.) In einem Dorfe bei Dragaschani entlief die Frau des Bau ern VeaduScu wegen fortgesetzter Mißhandlung seitens ihres Mannes. Da sie sich weigerte zurückzukehren, er- schoß der Mann mit Hilfe seiner Brüder die Frau, ihr Töchterchen, die beiden Schwestern und Mutter. Nur der 9 jährige Bruder der Frau entkam und alarmierte das Dorf. E» gelang nur einen der Mörder bisher zu ver- haften. Demmin, 13. September. (Zum Unglück des LuftkreuzerS.) Der Führer des verunglückten Luft- kreuzerS, Hauptmann^ George gab dem Berichterstatter Hedwig. 4- Kriminalroman von G. v. Stramberg. " (Nachdruck verboten.) Draußen vor der Tür zog er eine Zigarre hervor, zündete dieselbe an und schritt alsdann mit äußerst vergnügter Miene d,m AuSgangr de« Garten« ,u. P'ötzlich hört« er hinter sich ein Geräusch, al« er sich erschrocken umdrehle, sah er, wie einer der Jagdhunde de« Baron« in vollem Lauf auf ihn zugeeilt kam, laut bellend und, wie e« schien in kemeiweg« friedlich«, Absicht. Wütend stürzte da« Tier auf ihn lo» und wie« ihm die mäch tigen Zähne, während Herr Eichfeld, bleich vor Aufregung, den Hund durch Treten und Werfen mit Steinen von sich fern,«, hallen suchte. „ Ja diesem Augenblick« rief «ne wetblichr Stimme: Hektor, hierher I Und sofort dreht, sich da« T,« um und lief auf di. Rufend« zu. E« war Hedwig, die zufällig b« «nem Spazier- gang.in di.se Gegend gekommen war, nun aber, ohne ein. B.wrgung zum Giuße, sich wieder rntsernte. G-Horsam, aber nicht grrn, denn knurrend wandte er befiänd g den Kopf nach dcm Fremden zurück, folgte der Hund. - mr . «men Moment noch blib E-chseld Mit unschlüssiger M ene ^'2-dann lacht, er laut und höhnisch auf und eilte dem iun- ??dchen nach. In kaum einer Minute hatte er dotsktbe etngehott und ft.llt« sich ihm nun dreist in den Weg. Faulem ist ja entsetzlich vornehm und stolz geworden, sprach „ f„<h, ^l,, daß e« selbst seine ältesten scheint. Daß du gestern abend diesen tthabe^ gegenüber anschlugst, mein Engel, da« s""" ^"^ng« sehr wohl big,. „g« wenn wir allein sind, st derselbe ganz über flüssig, dann imponirst du mir durch dergleichen Albernheiten herzlich wenig.* »Ruhig, Hektor I" befahl Hedwig dem Hund«, der auf den Fremden lotspringen zu wollen schien; dann rrst wandt« sie sich zu dem Manne, der sie in so eigentümliche, Weis« a»g«r«d«t hatte. — Totenbleich im Gesicht, aber mit ruhiger Fassung und mit einem Auldruck wirklicher Hoheit in ihre» Blicken entgegnete sie: des „Demminer Tageblattes" folgende Darstei. rng von dem Unfall: tää. III. befand sich in ruhiger Fahrt über dem Manövergelände, als un« ein plötzlicher Maschinen schaden nötigte, bei Groß-Behlow auf der Tollensewiese niederzugehen. Die Landung erfolgte auch ganz glatt und regelrecht. In dem Talkessel der Tollensewiese, in dem sich das Lustschiff nun befand, herrschte ein starker Bodenwind. Dadurch wurde veranlaßt, daß die Gondel heftig auf den Boden aufstieß. Unter mächtigem Knall explodierte nun die Zündung, die in derselben Sekunde die Hülle in Brand setzte. Die brennende Hülle fiel so, daß sie mit der Gondel nicht in Berührung kam, sodaß die Gondel und die Maschinenteile anscheinend unbe- schädigt geblieben sind. Der Kaiser, der eine halbe Stunde von der UnglückSfielle entfernt weilte, wurde von dem Unfall benachrichtigt, Der Monarch fuhr sofort im Au- tomobil nach der Unfallstelle und ließ sich genauen Be richt erstatten. Die freiwilligen Wehren der Umgegend rückten sofort nach Bekanntwerden de« Unfall« von allen Seiten an und begannen mit den AufräumungSarbetten. Der Zustrom der Schaulustigen ist ungeheuer. Tausende und aber Tausende eilen nach der Unfallsstelle, die in weitem Umkreis durch Militär abgesperrt ist. London, 12. September. (Schüler streik« in London.) In den bevölkerten Vierteln von St. LukaS, Jelington und Shoreditch streiken einige hundert Schüler der Kommunalschulen. Sie verlangen einen halben Tag in der Woche Ferien und Abschaffung des RohrstockeS. Von diesen hohen Idealen begeistert, durchzogen sie die Straßen der Stadt, drangen in die Schulgebäude und in die Spielplätze ein um die „Blackleg«", die „Streikdrücke berger" herauszuholen. Sie wurden aber mit gebühren- dem Nachdruck an die Luft gesetzt, worauf dann unter anhaltendem Geheul Steine geworfen und Verwünschungen auSgestoßen wurden. Der Lärm wurde schließlich so groß, daß er ein Dutzend Schutzleute auf die Beine brachte, die die Schüler und die sorgsam ihre Kinder be- gleitenden Mütter auseinander trieb. Aehnlich« Szenen hatten sich auch in Manchester abgespielt, wo die gleichen Forderungen gestellt und außerdem 8 Pfennig pro Woche für den Klaffenaufseher gefordert wurden. Wien, 13. September. (Meuternd« Soldaten.) AuS Prag wird berichtet, daß im MiHtärübungSlagrr von Neu-Benatek eine Kompagnie des 102. Inf.» Reg. ge- meuterr hat. Der Hauptmann und rin anderer Offizier wurden erschossen. Telegraphisch wurden drei L-kadronen Kavallerie au» Prag berufen, welche die Kompagnie dort- hin eskortierten, wo sie in einem abgesonderten Teil ei ner Kaserne interniert und streng bewacht wird. Antwerpen, 13. September. (GroßfeuerinAnt- werpen.) Gestern abend um 10 Uhr brach in dem großen Holzlager des Hafen» Feuer au», da« in kurzer Zeit eine ungeheure Ausdehnung annahm. Die durch die Trockenheit sehr leicht entzündbaren Holzmengen brannten wie Streichhölzer, innerhalb weniger Zeit be deckten die Flammen «ine Oberfläche von mehreren Hektar. Rom, 13. September. (Der Aetna wieder in Tätigkeit.) Die Eruptionstätigkeit de« Aetna hat die höchste Höhe erreicht. Es ist festgestellt, daß jetzt fünf- „El ist gut, daß du mich zwingst, einmal unter vier Augen mit di, zu reden, denn ich habe dir lrnst« Dinge zu eröffnen. Mein ganz«» trostlose« L«brn, in den besten Jahren, da« Unglück, welche« mich überall verfolgte, verdanke ich allein dir und deiner Bosheit, und wie ich nun endlich hier di« ersehnte Ruh« und den Frieden gesunden ,u haben glaubt«, da trittst du mir wie« drrum in den Weg. Unter falschem Namen und jedenfall« nicht in guter Absicht schleichst du dich in diese» friedlich« Hau« rin, wo ich Ersatz fand für di« Heimat und die Eltern, dem« du mich beraubt hast. Gefaßt würde ich mich jetzt auch wird««« von hier entfernen, um von deiner verhaßten Gegenwart frei ,« sein, wenn nicht da« Wohl der Familie, unter derrn Dache auch du Aufnahme gesunden, zum Bleiben mich nötigte, drnn ich werde e« nicht dulde«, daß du irgend einen Schurkenstreich hier verübst und, sofern du nicht bi« morgen die Billa verlassen hast, und zwar für immer, so kenne ich keine Rücksichten mehr, sondtt« entdeck, dem Baron, wen er eigentlich bei sich beherbergt. Ich werde mich hierdurch vielleicht selbst tief unglücklich machen, aber besser die«, al« daß deine schvarze Seele auch nur den leisesten Fleck«« auf da» reine Gemüt de» unschuldigen Kind«» hier im Hause werfe." „Edle, Mädchen," lacht« «r spöttisch, „auf dies« Weis« woll- test du wirklich mit deinem teueren Emil umgehen l Glaubst du denn nicht, daß ein Teil meine» Rahme« auch auf dich zurück- fallen würde? Und wen« ich nun gar erst zu dem Baron oder zu jenem unschuldigen Kinde ging« und sagt«, du hättest dir ei. nen falschen Namen beigrlegt, du hättest früh«r allerlei Strrich« begangen, welche deine längere Anwesenheit nicht srhr paffend erscheinen ließen l Wem würde man al»dann wohl mehr Glau ben schenken, dir oder mir, der ich von dem eigen«« Bruder de» Baron» aus» Wärmste empfohlen bin?" „Daß du nicht»würdig genug zu «inrr solch«« Lüg« wärest, da» weiß ich," entgegnet« Hedwig mit dem Ausdruck« der tief sten Verachtung, „«» wär« die» auch nicht der erst« r«ich dieser Art, den du gegen mich in« Werk setzest. Di« Fu. vor einer solchen Borheit, gegen die mich nicht» zu schützen ve nag, wird aber nirmal» imstande sein, von meiner Pflicht «ich abspenstig zu machen. Daher nochmal»: Hast du bi» morg«» da» Hau» nicht verlassen, so werde ich den Baron über dich aufkläre». Hielte mich nicht di« Rücksicht auf da» «ndrnken drin«, «atm» undzwanzig Graderöff ungen Asche Steine und Sand au«- streuen und sieben Lava ausspeien. Die eruptive Tätig keit ist von ständigem unterirdischen Rollen begleitet, das die Bevölkerung fortwährend in furchtbarer Aufregung hält. Ost erzittert der Boden so stark, als müßte sich jeden Augenblick ein Abgrund öffnen. Seit gestern nach- mittag 3 Uhr fließt ein zweiter Lavastrom von Monte Rosse in der Richtung nach San Felice und Cerro und zerstörte Weingärten von San Ginisi. Der erste Lava- ström befand sich heute nur noch 80 Meter von der Aet- nabahn, deren Schienen sofort abmontiert wurden, entfernt. VerpkUcktet eine kedierdatt abgedruckte Zei tungsanzeige su Schadenersatz. E« kommt infolge schlechter Schrift oder aus son- stigen Gründen zuweilen vor, daß ein Inserat fehlerhaft gedruckt wird. Welche Folgen kann ein solches Versehen für den Zeitungsverlag haben? In einem vor dem Oberlandesgericht Colmar anhängigen Prozeßfall lag die Sache so: Die Beklagte (ein Kaufhaus) hatte eia In- serat aufgegeben; in der Druckerei waren die für Halb- leinenpreise mit denjenigen für Rohleinen verwechselt worden. Auf Reklamation war das Inserat in der näch- sten Zeitungsnummer berichtigt worden. Dennoch lehnte die Beklagte die Zahlung der JnserationSkosten ab und verlangte sogar Schadenersatz in Höhe von 600 Kark. In beiden Instanzen ist sie verurteilt und ihr Schaden- ersatzanspruch abgewiesen worden. Aus den Gründen: „Da« in der Anzeige vom 8. Januar unterlaufene Ver- sehen berechtigt die Beklagte (Kaufhaus) nicht, die Be- zahlung der JnserationSkosten zu verweigern. Die kla gende Zeitung war gemäß 8 633 verpflichtet, die Anzeige so herzustellen, daß sie nicht wie hier mit Fehlern be- haftet war. Die Beklagte hatte, falls ein solcher Fehler vorhanden war, nach § 633 in erster Linie das Recht, des sen Beseitigung zu verlangen. Dieses Recht hat sie auch aurgeübt: Die Klägerin hat in der nächsten ZettungS- nummer mit Einverständnis mit der Beklagten die feh lerhafte Anzeige berichtigt. Hiermit war der Mangel beseitigt. Daß die Anzeige trotz ihrer Berichtigung nicht ihren Zweck erreicht habe, hat die Beklagte nicht behauptet. Nach Z 276 könnte Beklagte nur dann Er satz verlangen, wenn ihr ein Schaden durch die zunächst mangelhafte Ausführung der Anzeige durch Verschulden der Klägerin entstanden wäre. Sie macht nun einen Schaden von 600 Mark geltend, weil sie durch das Ver sehen zur Vermeidung eines weit höheren Schaden ge- nötigt gewesen sei, das Reinleinen zu Halbleinenpreisen zu verkaufen. ES mag dahingestellt bleiben, ob grund sätzlich anerkannt werden könnte, daß dte Klägerin über haupt denjenigen Schaden ersetzen müßte, der durch das aus die Verhinderung des Eintritts eines größeren Scha den« abztelende Verhalten der Beklagten selbst eingetre- ten ist. Jedenfalls würde diese Verpflichtung nur dann bestehen, wenn der Beklagten bet ihrem Vorgehen kein Verschulden zur Last fällt. Die» trifft jedoch hier nicht zu. Würde sie nämlich das Publikum, wenn es auf Ankauf der Inseratenpreise bestand, in der durch die Sachlage gebotenen und den Anforderungen de- Ver- zurück, so würde ich sofort dafür sorgt», daß du ktine Mmute länger unilr einem Dach« mit jenen edlen Menschen wirkest. Eichfeld knirscht, wütend mit dl» Zähnen, „Gu», ich will dir nachgeben und wtiter «ist»," stieß er hrrvor. „Daß kann aber nicht vor übermorgen gesehen. Bist d« hiermit linvcrstanden?" „Nein, ««tlk keiner Bedingung. Morgen Kreit« mußt du fort von hier.« „E« geht nicht," «widerst er ingrimmig. »So wird man dich mit Gewalt au» dem Hause bringen." Keine Wimper zuckte in ihrem Gesichte, al» sie die« sagt«, und ihr« Haltung verändert« sich auch dann nicht, al« n dro» h:»d auf fi« zutrat. Einen Schritt wich sie zurück und^rief da bei mit ruhig«, Stimm«: „Hektor, hstrhinI" Dies«, «in« Wort besänftigt« den aufgeregt«« Mensche», »Ich werde morgen da« Hau» verlassen," brachte er mühsam hervor, „du versprichst mir dagegen, mich bi» dahin ja nicht zu verraten." „Da» versprich« ich dir." «« ist gut." Damit drehst er sich kur, herum und setzt« srinrn ununter- bi och» re» Weg nach dem Aulgang de» Garten» fort. Die Ruh« Hedwig» bei dieser Unterredung war nur ein« künstlich« gewesen. Kaum hatte Eichfeld sich entfirnt, al» sie auf ein» Gartenbank sich nirderfallen ließ und dort in «in hef tige« Schluchzen »»«brach. Sie war so «rschüttert, daß fi« an di« Racklehm sich anklammern mußte, um nicht zusammenzu- brechen. — „Muß mir der Bösewicht denn stet« in de» Weg treten, sobald ich anfange, mich nicht mehr ganz unglücklich zu fühlen?" stöhnte sie. „O Sott, bald ertrage ich diese« Dasein nicht län. g«r l Meine schwachen Kräfte, um gegen ein solch«« Schicksal anzukämpfrn, find bald zu Ende." Stichst Schritt« näherten sich. Schnell trocknest Hedwig ihre Tränen und suchst sich zu sammeln. E» war Sophie, welche sich in den Garst» begeben hatte, um ihr« Freundin zu suche». Al« fi« dst vom Weine» geröteten Augen der Letzteren bemerkt«, sthnst st« sich an sst und fragte nach d«r Ursache ihre« Kummer«.