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tretern der hiesigen Presse die jüngsten Berichte über den Rückzug der Buren von Ladysmith, der zum Zweck der Unterstützung des hartbe drängten General Cronje unternommen wurde. Nach seinen Aussagen sei große Aussicht für ei nen glücklichen Erfolg Cronjes vorhanden. Selbst im Falle einer Capitulation Cronjes würde der Widerstand der Buren nicht gebrochen sein, da hunderttausend Bewaffnete bereit ständen, um jeden Fußbreit ihres Landes zu vertheidigen. Die Siegeshoffnung des Gesandten ist nicht im Ge ringsten erschüttert. Antwerpen, 25. Febr. Nach einem hier eingegangenen Telegramm ist der englische Dampfer „Bath City" nach Dundee unterwegs auf einen Felsen gestoßen und sofort gesunken. Der Capitän, zwei Offiziere, ein Maschinist und gegen zehn Mann der Besatzung sind gerettet. Ueber die übrigen Mann fehlt bisher jede Nachricht. — Das fortgesetzte Ausbleiben weiterer Nach richten über das große Ringen zwischen dem Cronjeschen Corps und der Armee des Feldmar- schallsRoberts darf als ein für dieBuren günstiges Zeichen betrachtet werden. Es beweist, daß Lronje sich gegen die erdrückende englische Uebermacht bisher erfolgreich gehalten hat. Allerdings bleibt abzuwarten, ob er dazu weiter im Stande sein wird, bis ihm wirksame Hilse kommt. Der Standard meldet aus Kimberley: „Ein Farmer, Mr. Kelly aus Varkly-West, erklärt, nach Ein- geborenen-Berichten habe Oberst Plumer Mafe- king entsetzt. Derselbe stehe jetzt südlich von Maribogo und gehe gegen Vryburg vor. Das Gerücht müsse jedoch mit Reserve ausgenommen werden." Alle diese Gerüchte, sowohl das von der Capitulation Cronjes (die sich Lord Roberts zweifellos beeilen würde selbst authentisch zu melden!!) wie das von der Entsetzung Lady smiths und Mafekings entspringen offenbar nur der Siegesfreudigkeit, die sich seit dem Rückzug Cronjes der Engländer bemächtigt hat und nun auch fernerhin das Erwünschte und Erhoffte schon als Thatsache betrachtet. - Mit ängstlicher Ungeduld erwarten wir Nachrichten über das Schicksal der Heldenschaar unter Cronje, die, bei Koodoosdrift eingeschlossen, mehrere Tage dem concentrischen Feuer zahl reicher schwerer Geschütze als Ziel gebient hat. Wir sind geneigt, aus den langen Schweigen des englischen Obercommandirenden den Schluß zu ziehen, daß Entsatz für die Braven eingetroffen ist, wodurch der Ambos zum Ham mer werden könnte. Zwecklos würde der Buren führer nicht seine Leute opfern, wenn ihm auch am eigenen Leben nach dem Wechsel des Kriegs glücks wenig liegt. Sind die englischen Berichte von Anfang der verflossenen Woche wahr, so wäre schnell bei Cronje ein Wechsel von der Absicht, sich zu ergeben, zu dem Enschlusse, bis zum Tode zu kämpfen, eingetreten. Die Er klärung kann in einer heroischen Aufwallung der Gefährten, einem leidenschaftlichen Protest, gegen die Capitulation, aber auch im Ein treffen einer Nachricht liegen, daß Hilfe nahe. Der eigenthümliche Charakter dieses Krieges kommt zum Ausdruck in der Botschaft Methuens aus Kimberley, Lebensmittel würden nach Mög lichkeit herbeigeschafft, Kohlen znm Debeers-Minen werde man in zehn Tagen zur Stelle haben. Vor allem Diamantenförderung. Herrn Rhodes ist das kleine Geld ausgegangen. In Mafeking hatten die Belagerten nur Brod, in Kimberley war Pferdefleisch genug, aber die Zahnstocher fehlten. London, 25. Febr. Den jetzten Meldun gen vom Kriegsschauplatz zufolge erhielt Lord Roberts und General Kitchener am letzten Don nerstag Verstärkung aus De Aar. Die Zahl der Geschütze, welche augenblicklich die unter Cronje stehenden Buren bombardiren, beläuft sich auf 110. London, 24. Febr. Vom Freitag wird aus Dordrecht gemeldet: Die Buren stehen in großer Anzahl sechs englische Meilen nordöstlich von Dordrecht. Heute fand ein Geplänkel zwi schen den Vorposten statt. Die Stadt hat wäh rend der Occupation durch die Buren keinen Schaden erlitten. London, 25. Febr. Einem hier zirkuliren- den Gerücht zufolge soll es jetzt thatsächlich Cronje an der Spitze von 1000 Buren gelungen sein, die englischen Linien zu durchbrechen. Cronje soll im Begriff stehen mit Verstärkungen, die er von mehreren Punkten her erhalten hat, sein Lager, welches er bis jetzt unter dem Befehl des Commandanten Fronemann gelassen hat, zu ent setzen. — „Daily Mail" meldet aus Bombay, daß die Russen große Thätigkeit an der afghani schen Grenze entfalten, und daß dieselbe in eng lischen Kreisen große Besorgniß hervorruft. London, 25. Febr. Buller meldet, daß am Donnerstag 17 Offiziere getödtet und ver wundet wurden. Generalmajor Wynne ist unter den Verwundeten. London, 24. Febr. Die „Times" meldet aus Chiveley: Mittwoch setzte der linke Flügel der Armee Bullers den Vorstoß nach Ladysmith fort. Die Feldbatterien von Warrens Division und Tornycrofts berittene Infanterie überschritten den Tugela und trieben den Feind zurück, der indeß eine starke Stellung im gebirgigen Gelände zwischen Colenso und Ladysmith besetzt hält, ob- Der letzte Witte der Millionärin. Roman von A. Michola. «Fortsetzung.) sNachdruck verboten.! „Ja; Sir Eduard Graham versprach, mich hier aufzusuchen. Holt, welcher wußte, daß sein Herr sehr befreundet mit SiriEduard, sandte sogleich nach ihm, und er brachte gestern und heute mehrere Stunden hier zu. Heute kam noch ein College mit ihm, und Dr. Franklin von Eden besucht un sern Kranken ohnehin mehrmals täglich. Aber alle sagen das Gleiche," schluchzte die alte Dame, aber mals ihrem festen Vorsatz untreu werdend, „daß keine Hoffnung sei, so lange diese heftigen Fieber- ansälle mit tödtlicher Erschöpfung abwechseln. Schon Wochen vorher, ehe das Fieber ausbrach, quälte mich die Angst vor dem Kommenden," sagte sie, wieder in Thränen ausbrechend, während Agnes bleich und still neben ihr kniete und ihr jedes Wort mit unsagbarem Weh fast von den Lippen ablas ; „aber er sagte stets, es sei nichts — oder es sei Kopfweh, Müdigkeit oder dergleichen. Doch er täuschte mich nicht. Sein Aussehen verrieth, daß eine schwere Krankheit im Anzuge sei." In diesem Augenblick wurde die Thür geöffnet und mit einem unterdrückten Aufschrei sprang Ag nes auf. „Roderich!" Die beiden hatten sich fast instinktmäßig erkannt, und gleichmäßig umspielte ein Lächeln beider Lip pen, während sie einander mit einem herzlichen Händedruck begrüßten. „Agnes," sagte Roderich sehr ruhig, „natürlich erkannte ich Sie, Agnes." Sie sprach von ihrem Verlangen, ihn zu sehen, von ihrer Freude über seine Heimkehr, „obschon —" begann sie etwas zögernd, doch Roderich kam ihr schnell zuvor. „Ja, Agnes," sagte er traurig, „obschon meine Freude sogleich in schmerz verwandelt wurde." Dann versuchte er einen leichtern Ton anzuschla gen. Er erzählte, daß er sie nach Desmonds brief licher Beschreibung überall augenblicklich erkannt haben würde, und dankte in bewegten Worten für ihr Vertrauen auf seine Unschuld, von dem eben falls Desmond ihm berichtet. Aher Agnes ver mochte kaum seiner Rede zu folgen und Roderich bemerkte es. „Ich soll die Aerzte hier erwarten," sagte er, nur einen kurzen Blick auf Alicens Brief werfend, den Felir ihm eingehändigt. „Sie ist wohl," bemerkte Agnes sanft, „nur in großer Sorge." „Alice weiß," entgegnete er mit einem Seufzer, der seine eigene Seelenqual verrieth, „daß wir nur hier sind, um ihn sterben zu sehen." „Gott ist so barmherzig," hauchte Agnes kaum verständlich. „Herr Fleming," schaltete die alte Dame in fast barschem Tone hier ein, „Sie fürchten auch stets das Schlimmste, das Allerschlimmste." „Diese Furcht überfällt mich," versetzte Roderich mit jener Verzagtheit, die ihm vor Jahren so zum Unglück geworden war, „wenn ich daran denke, was er mir und Alice gewesen, und daß ich nun machtlos, außer Stande, ihm Hilfe^oder Erleichte rung zu verschaffen, an seinem Schmerzenslager stehen muß." „Ist er stets bewußtlos?" fragte Felir. „Mir scheint es so. Denn wenn auch manch mal ein flüchtiges Äerständniß in seinem Auge auf leuchtet, so verfällt er in der nächsten Sekunde wie der in die alten, unbestimmten Fieberphantasien. Ja lFräulein Henderson hat Recht, der Anblick die ser Qualen hat meine frühere Nervosität und Schwarz seherei wieder wachgerufen. Und doch glaubte ich, daß ich anders geworden sei — daß diese langen zwölf Jahre, sowie sein Beispiel und seine Hilfe mich zu einem besseren und zuverlässigeren Men schen gemacht hätten. Agnes, hat Alice Ihnen er zählt, was er uns gewesen?" „Was er ihr gewesen," sagte die Gefragte mit sichtlicher Anstrengung; „Sie sollten mir das Wei tere eines Tages erzählen." „O, lassen Sie es mir gleich thun, während wir hier so unlhätig warten müssen. Es mag eine Zeit kommen, wo ich nicht mehr davon sprechen könnte, wo es mir das Herz brechen würde, die Erinne rung an seine unbeschreibliche Güte in Worten aus zudrücken. Hören Sie, Agnes, wie unsere erste Be gegnung stattfand. Sie wissen, daß ich aus dem Gefängniß entkam und sicher an Bord eines ame rikanischen Emigrantenschiffes gelangte. Der Mann, der in Territs Auftrag mich bis hierher brachte, zahlte mein Reisegeld und dann blieben mir noch gerade sechs Schilling, die ich meinem Führer in die Hand drückte. Ich konnte weder meine Uhr noch meinen Ring verkaufen, denn das Wappen der Flemings, welches sich darauf befand, hätte die Verfolger auf meine Spur lenken können. Ich gab beides zur Aufbewahrung an Margareth Territ in jener Nacht, da ich meinen Rock in ihrer Hütte wechselte; aber bei meiner Flucht aus dem Gefäng niß stellte sie mir die Sachen zurück und bot mir wohl der Abzug großer Burenschaaren bemerk worden sei, beschießen die Buren noch mit schwe ren Geschützen Bullers Truppen wie auch Lady smith. Dies werde als Beweis dafür angesehen, daß ein allgemeiner Rückzug nicht stattgefunden habe. Nach anderen Drahtberichten scheint Bullers Vormarsch nur sehr langsame Fortschritte zu machen. London, 24. Febr. Reuters Bureau wird am 21. aus Pretoria telegraphirt: Hier wurde folgendes offizielle Kriegsbulletin veröffentlicht: Heute Morgen ist ein Bericht eingetroffen, daß westlich von Colesberg Geschützfeuer stattfand. Bei Petrusberg fing es um 6 Uhr Morgens an, und heute wird dort ein großer Kamps erwartet. General de Wet telegraphirte gestern aus Petrus berg, daß alles ruhig sei, abgesehen von gelegent lichen Kanonenschüssen u. kleinen Scharmützeln. Ge stern Abend erstürmten die Engländer die Positionen der Verbündeten bis zu den Schü tzen, wurden aber zurückgeschlagen. Bon Cronje traf eine Meldung ein, daß er gestern 14 Todte und Verwundete verlor. General de Wet hatte keine Verluste. Commandant Fronemannt berichtet: Vom 15. bis zum 20. wäre er am Modderfluß fast von den Engländern umzingelt gewesen, aber am Sonntag sei er mit einer kleinen Anzahl Leute über den Fluß durchgebrochen. Sonntag fand dann ein schwerer Kampf statt. Die Engländer rechneten darauf, das Lager der Buren zu erobern. Sie wurden von 2500 Eng ländern 5 Meilen von ihrem Hauptlager ent fernt umzingelt, doch Nachts brachen sie sich ei nen Weg durch die Engländer unter Verlust von 7 Todten und 16 Verwundeten. Der Verlust auf englischer Seite war schwer. Weitere Mel dungen besagen, daß die Engländer am 20. fort während bei Koodoosrand mit Infanterie und Ulanen angegriffen, doch zurückgeschlagen wurden. London, 24. Febr. Die Daily News" melden vom Modderriver vom 23. d. M.: Diens tag bildete dasLager der Buren ein nahesFlammen- meer. Gefangene sagen, Cronje's Gattin beschwor ihn zn kapitulieren und das Leben seiner Leute zu retten. Cronje weigerte sich jedoch, dieses zu thun Mittwoch dauerte die fürchterliche Kanonade fort — Nach einer Meldung des „Daily Chro- nicle vom 21. d. M. konzentrieren sich die Buren massenhaft im Norden von Kimberley. Eine feindliche Abtheilung beschoß das englischeLager. Pretoria, 24. Febr. Eine Reuter-Depesche aus dem Burenlager bei Ladysmith meldet vom 22. d. M.: Die britischen Truppen überschritten mit Geschützen den Tugela. Bei den Angriffen auf Ermelo- und Mittelburgkommando mußten sich die Engländer nach heftigem Gefechte zurück ziehen ; der Angriff wurde am folgenden Morgen auch Geld an. Aber lieber wäre ich vor Hunger gestorben, als daß ich dies berührt hätte Es war eine entsetzliche Reise, dazu meine unglückselige Ge- müthsstimmung, denn meine Gedanken verweilten beständig bei der Ungerechtigkeit, die mich zu dieser Flucht veranlaßte. Ich schrat zurück vor jeder Ge meinschaft mit meinen Reisegefährten im Zwischen deck; aber ich weiß, ich hätte es gethan, auch wenn sie meinesgleichen gewesen wären. „Unter den Kajütenpassagieren befand sich ein Herr, der, wenn ich auf das Verdeck kam, häufig mit mir und vielen anderen unter uns sprach. Er war der Einzige von den vornehmen Passagieren, der uns armen, verwilderten, unreinlichen Gesellen manchmal eine seiner müßigen Stunden widmete, oder ein heiteres Wort, eine freundliche Aufmun terung für uns hatte. Seine Freundlichkeit war der einzige Lichtstrahl in dem Dunkel, das mich umgab. „Als wir in Leyd Point landeten und ich all ein unter den zahlreichen Gepäckstücken der andern Passagiere am Ufer stand, hoffnungslos und nie dergedrückt durch das Gefühl äußerster Verlassen heit, zu der ich ja nun, wie ich wußte, für immer verurtheilt war, da kam jener Herr abermals auf mich zu. Er sagte, sein Billet 1. Klasse laute bis Boston, da er selbst aber nicht so weit reise, möge ich es benutzen, denn die Emigrantenzüge blieben oft eine ganze Woche unterwegs. Im ersten Au genblick verletzte es meinen Stolz, daß meine Ar muth von ihm bemerkt worden, dann aber nahm ich dankbar und demüthig sein Geschenk an, be saß ich doch nicht einmal die Mittel, für die näch sten Tage mir Brod zu kaufen. „Als wir in Richmond anhielten, suchte er mich wieder auf, ließ mich trotz meiner Ärbeikerkleidung und meiner mürrischen Laune an seinem Mittag essen theilnehmen und plauderte mit mir, wie mit seinesgleichen. Als wir am anbrechenden Abend uns wieder nach dem Bahnhof zurückbegaben, fuhr gerade der Arbeiterzug ein und mein Wohlthäter trat etwas zurück und beobachtete mit sichtlicher Theilnahme die Passagiere, die sich auf dem Per ron drängten. Dann verließ er mich, trat ruhig mitten unter die armen, ermüdeten Geschöpfe und schien für alle Hilfe und Aufmunterung zu haben. Ich sah, wie einige der Frauen seine Hände mit Küssen und Thränen bedeckten und auch aus mei nem Innern stieg ein heißes „Gott segne ihn!" zum Himmel auf?" (Forts, f.)