Volltext Seite (XML)
überzeugt: kein gleich aufgeregte« Land gab ein solche« Beispiel der Ordnung. Zeigen wir der Welt die Stärke der republikanischen Regierung! Uocales und Sächsisches. — Die königl. Generaldirection der sächsischen StaalSeiscnbahnen bringt zur öffentlichen Kenntniß, daß die Restzahlung der Zinsen auf das Jahr 1876 für die Actien der vormaligen Leipzig-Dresdner Eisen« bahn mit 21 Mark für jede Actie gegen Rückgabe des auf das ge nannte Jahr lautenden Dividendenscheines Nr. 70 und des Zinö- couponS Nr 71 vom 15. d. M. an bei den diesseitigen Hauptcassen I und II in Dresden und Leivzig, bei sämmtlichen Stationögütercassen der Leipzig-DreSdner Bahnlinien (soweit deren Kasscnvorrath reicht), sowie bei Herren Georg Meusel und Co. in Dresden erfolgt. Ueber den Umtausch der Originalactien gegen Rentenscheine wird seiner Zeit anderweite Bekanntmachung stattfinden. , — Die Diäten der Mitglieder der OrtSabschätzungScommisionen für die Gewerbe- und Personalsteuer für den Tag, an welchem die selben wenigstens 6 Stunden mit der Catastrirung beschäftigt werden, sind in Ortschaften von nicht über 2000 Einwohnern auf 3 Mark, in solchen von mehr als 2000 und nicht mehr als 10,000 auf 4 M., in denen von mehr als 10,000 und nicht mehr als 50,000 auf 5 M. und in solchen von mehr als 50,000 Einwohnern ans 6 Mark fest- gestellt worden. — Vergangene Woche sind in Crottendorf bei Annaberg drei Knaben in einem Krämerladen über einige Flächen Branntwein ge- ralhen und haben demselben so zugesagt, daß der Eine 7 Jahre alte nach 16 Stunden gestorben ist; während die andern Beiden gerettet worden sind. Leipzig. Der Rath veröffentlicht die näheren Bestimmungen über eine neue städtische Anleihe von 9 Mill. Mark. Diese Summe ist zur Herstellung von Schulen, neuen Straßenanlagen, znr Erweiter ung der Wasserkunst und Gasanstalt, zur Errichtung einer zweiten Gasanstalt und zu anderen die städtischen Interessen berührenden Verwendungen bestimmt. Wie man noch erfährt, sollen von dieser 4>/z procenligen Anleihe am 15. d. M. 1,500,000 Mark zum Course von 101 begeben werden. Leipzig, 12. Decbr. (Dr. I.) Am letzten Sonnabend erschien in einem hiesigen Bankgeschäft ein feingekleideter Herr, welcher sich für einen Hauptmann a. D. ausgab und angeblich für 10,000 Mark sächsische Staatspapiere zu kaufen beabsichtige, da er eine gleich hohe Summe in den nächsten Tagen flüssig haben werde. Er gab gleich zeitig die Absicht zu erkennen, auch für ein ihm oorzuschlagendeS gutes Papier sich entscheiden zu wollen. Als man ihm preußische Boden- creditpfandbriefe vorschlug, war er damit einverstanden, und gab Auftrag, nächsten Montag Nachmittag 5 Uhr (also gestern) die Stücke nebst quittirter Rechnung nach seiner Wohnung (Walkstraße 36a) zu senden. Gestern Nachmittag erschien denn nun auch pünktlich der Marklhelfer in der Wohnung des Hrn. Hauptmanns. Letzterer ver glich, anscheinend sehr sorgfältig, die Stücke mit der Rechnung und begab sich danach in ein anstoßendes Zimmer, „um das Geld zu holen." Nach etwa viertelstündigem Zeitverfluß wurde dem Markthelfer, der den Herrn Hauptmann nicht wiederkehren sah, die Sache verdächtig; er machte Lärm und erfuhr zu seinem Schrecken, daß der Herr, der die Wohnung erst seit einigen Tagen bezogen, mit einer Droschke fort gefahren sei. Spornstreiches eilte der Markthelfer in die Stadt herein, zur Polizei, die auch schleunigst Veranstaltung traf — allein zu spät, der Schwindler hatte die Papiere bei einem andern Bankhaus, bei welchem er sich schlauerweise schon vorher über die sofortige Möglich keit des Verkaufs vergewissert, verkauft. Bis zur Stunde ist der Hoch stapler noch unermittelt. Annaberg. Seil längerer Zeit sind in hiesiger Gegend falsche preußische Thalerstücke voy verschiedenen Jahreszahlen verausgabt worden. Vergangenen Sonnabend wurde zufällig bei einer Haus suchung in Geher, die einem andern Objecte galt, eine vollständige Preßmaschiue mit sämmtlichem dazu gehörigen Werkzeug und Mate rial, bestehend in englischem Zinn, Blei re., sowie der Verfertiger selbst, der noch einen frisch gefertigten vollständig in die Presse passenden Thaler bei sich führte, aufgefunden. Derselbe ist gefänglich eingezogen und dürfte es ihm schwer werden, seine Unschuld zu be weisen. Gößnitz, 5. Decbr. Gestern Abend reiste von hier ein Fremder mit der Eisenbahn nach Leipzig und wollte noch kurz vor Abgang des Zuges seinen Hund (eine große Neufoundländer Dogge) in den Hunde- behälter des Packwagens bringen lassen. Das Thier war aber nicht hineinzubringen. Um den Zug nicht zu versäumen, besteigt sein Herr unterdessen ein Coupee und der Zug geht fort. In Altenburg ange- kommen, ist seine erste Frage nach dem Hund; derselbe war wohlbe halten in Altenburg mit angekommen und zwar hatte er die Reise auf dem Trittbrel vor dem Coupöe seines Herrn sitzend mitgemacht. Vermischtes. Meseritz. Vor dem hiesigen Schwurgerichte wurde wiederum ein TodeSurtheil gefällt, daS um so größeres Aufsehen erregte, als der Angeklagte den gebildeten Ständen angehört. Derselbe ist der Apotheker Speichert aus Bomst, polnischer Nationalität und katholisch. Er erwarb zu Anfang deö Jahres 1874 die Apotheke genannten OrleS für circa 20,000 Thlr., ohne einen Groschen Geld eigenes Vermögen zu besitzen. Kurz darauf verheirathete er sich mit einem ebenfalls mittellosen Mädchen evangelischer Religion. AuS dieser Ehe entsproß eine Tochter Namens Hedwig, welche beim Tode der Mutter kaum einige Wochen alt war. Bei Gelegenheit der Taufe dieses KindcS kam eS zwischen der streng katholischen Mutter des Angeklagten und der Mutter seiner evangelischen Frau zu sehr ernstlichen Differenzen. Seine Mutter verlangte entschieden, daß das Kind in der katholischen Kirche getauft werde, ihre Mutter dagegen wünschte, daß das Kind nach evangelischem Ritus getauft werde. Schließlich siegte die Erstere, und das Kind wurde katholisch getauft. Dieser Vorfall übte eine er schütternde und nachhaltige Wirkung auf den Gemüthszustand der Frau des Angeklagten aus. Die Schwiegermutter der Verstorbenen reiste ab, ohne daß eine gegenseitige Verabschiedung stattgefunken. Ihr Sohn begleitete sie auf den Bahnhof und bei seiner Rückkehr soll sich derselbe auffallend verändert und kalt gegen seine Frau benommen haben. Dieses Benehmen des sonst aufmerksamen Galten wird den Einwirkungen seiner Mutter zugeschrieben. In der Nacht vom 5. zum 6. Mai 1876 starb die Ehefrau des Angeklagten plötzlichen Todes. Nach einiger Zeil tauchte erst dunkel, dann aber immer bestimmter das Grücht auf, Frau Speichert sei am Gift gestorben. Am 16. April d. I-, also nach länger als 11 Monaten, schritt man zur Ausgrabung der Leiche der Frau Speichert. Bei der chemischen Analyse ergab sich in der That das Vorhandensein von Arsenik. Der Verdacht der Thäle» schäft lenkte sich zunächst auf ihren Mann, und derselbe wurde sofort gefänglich eingezogen. — Auf Grund des durch die Verhandlungen geführten Judicienbewcises erachteten die Geschworenen den Angeklagten mit 7 gegen 5 Stimmen des Mordes schuldig. Der Gerichtshof trat der Majorität bei und sprach, wie bereits oben erwähnt, das Todeö- urtheil aus. * Die Preisliste der durch das deutsche Reichspostzeitungaml und die Reichspostanstalten im Jahre 1877 zu beziehenden Zeitungen, Zeit schriften rc. ist heute erschienen. Die erste Abtheilung umfaßt 4405 Nummern in deutscher Sprache erscheinende Zuschriften. Von den in französischer Sprache erscheinenden Zeitungen sind 760 Slück, von den in englischer Sprache 624, in italienischer Sprache 143 aufge führt. ES folgen norwegische, portugiesische, schwedische, serbische, spanische, armenische, böhmische, kroatische, dänische, griechische (7 Num mern), hebräische, holländische, litthanische, persische (2, eine in Kon stantinopel und eine in Teheran), polnische, romanische, rumänische, russische, ruthenische, slovakische, slovenische, türkische, ungarische, vlä- mische und wendische Zeitschriften. Die Liste hat, wie man sieht, meist alphabetische Ordnung. Interessant ist es, daß während in litthauischer Sprache nur zwei Zeitschriften erscheinen, in wendischer deren noch sechs, und zwar drei in Bautzen, zwei in Cottbus und eine in Hoyers werda herausgegeben werden. In einer ganzen Reibe von Kirchen der Provinz Brandenburg wird auch noch wendisch gepredigt. * Ein Voltigeur und Kunstreiter ersten Ranges, nicht etwa auf ungesattelten Pferden, sondern auf eisernen Eisenbahnwagenpuffern ist der reisende Schneidergeselle Ferdinand Reichert aus Berlin. Der selbe ist kürzlich Abends auf dem Puffer des letzten Wagens des Magdeburger Personenzuges ganz wohlbehalten bis Potsdam geritten. Zwei Stalleute in Gestalt von Bahnhofsarbeitern halfen dem kühnen Reiter von seinem gefährlichen Sitz und Übergaben ihn der Bahnpolizei. Verlassen. Roman von Ed. Wagner. 3. Kapitel. Ein unverhofftes Wicdcrfinden. (Fortsetzung.) Am andern Tage wurde MrS. Kernot, die eleganteste und ge wissenhafteste Frau, unter den liberalsten Bedingungen von Sir Sylvan engagirt. Als das Geschäft abgeschlossen war, ließ er Alice rufen und stellte ihr ihre neue Lehrerin vor. Sonderbar, kaum hatte die Frau ihre» Zögling erblickt, so nahm ihr schönes Gesicht einen Aus druck an, welcher den Baron beunruhigte, und als sein Blick auf Alice fiel, bemerkte er, daß diese ihre Lehrerin anstarrte, als stehe ein Gespenst vor ihr. „Sonderbar," dachte er, „sollten diese Beiden sich schon einmal begegnet sein?" Aber schon im nächsten Augenblicke schwand dieser Gedanke, als Mrs. Kernot dem Mädchen freundlich und unbefangen die Hand reichte. Jedenfalls halte auf sie die Schönheit des Mädchens einen überraschenden Eindruck gemacht, und Alice's momentane Verlegenheit erklärte er sich dadurch, daß ihr all die sie umgebende Pracht und der Luxus noch fremd war und sie sich in den werthvollen Kleidern