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Erscheint wöchentlich drei Mal nnd zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend. Abonnementspreis beträgt vierteljährlich i Mark LV Pf. pfienumoranäo. AlyciM- Inserate werden bis spätestens Mittags des vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die Corpusspaltenzeile mit lv Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. für Zwönitz und Umgegend. Nedacteur und Verleger: C. Bernhard Ott in Zwönitz. «7. Donnerstag, den 16. November 1876. 1. Jahrg. Bekanntmachuu g. Trotz wiederholter Bekanntmachung wird außer Acht gelassen: „daß Hausbesitzer Miethbewohner, welchen Standes dieselben auch sein mögen, in ihre Häuser aufnebmen, ohne daß von denselben die vorschriftsmäßige Wohnungökarte verlangt wird, sowie auch das Anmelden von Gewerbsgehilfen, Lehrlingen und Dienstboten in den allermeisten Fällen ganz unterlassen wirb." ES wird daher in Erinnerung gebracht, daß die Unterlassung (ohne Nachsicht) mit einer Geldstrafe von 3 Mark belegt wird. Zwönitz, am 11. Noveiyber 1876. Der Stadtgemeindrath. '' Schönherr Beka n u t ui a ch u n g. Der zweite diesjährige Jahrmarkt wird Freitag, den 1. Deeembcr u. v. abgehalteu. Zwönitz, am 7. November 1876. Der S t a d t g e m e i n d e r a t h. Schönherr, Bürgermeister. Tagesgeschichte. — Für Beurtheilung der allg meinen Situation giebt, die bereits mitgetheilte Ansprache veS Kaisers Alexander eine ziemlich sichere Basis, und wird auch so vop der öffentlichen Meinung sowohl als von der Presse aufgefaßl. In letzterer Beziehung ist zunächst die Meinung der ministeriellen „N. A. Z." zu verzeichnen, welche sich nach einer Neproduction des Wortlautes in Folgendem ausspricht: Da die patriotische Stadlrepräsentanz bereits vor einigen Wochen beschlossen wurde, damals aber, wie s. Z. aus St. Petersburg be» richtet worden, auf Wunsch des Kaisers sowohl ihre Absendung als auch ihre Erörterungen in der russischen Presse unterblieb, in der ausdrücklichen Absicht, der erregten öffentlichen Meinung Rußlands nicht neue Nahrung zuzuführen, so gewinnt die am Freitag stattge- habte feierliche Art der Neberreichung und Beantwortung dieser Adresse um so mehr an Bedeutung, und angesichts dieses Umstandes darf angenommen werden, daß in der Ansprache des Kaisers Wort für Wort wohl erwogen und berechnet war. Die Kaiserliche Kundgebung ist, wenngleich stellenweise über raschend, klar und einfach. Falls die vom Kaiser als unerläßlich erachteten Garantien für das Wohl der christlichen Bevölkerung der Türkei durch die bevorstehende Couferen; nicht zu erlangen sind, hat der Kaiser die Absicht, selbstständig zu handel» und appellirt im Vor- anS an den hingebeuden Patriotismus seines Volkes. Es ist ein hoher Ernst, der die Worte des Kaisers durchwebt. Nach einer fast fünfunkzwanzigjährigen, der Erhaltung deö Friedens gewidmeten Negierung sieht er sich geuöthigt, das vcrhängnißvolle Wort „Krieg" auözusprechdn. Er thut dies in feierlicher Kundgebung an die Vertreter der zweiten und ältesten Hauptstadt seines großen Reiches und die Ansprache deö Kaisers Alexander gewinnt unter diesen Ver hältnissen noch mehr an Gewickt gegenüber der Tischrede, welche der englische Premier vierundzwanzig Stunden zuvor in London gehalten hatte. Auch Lord Beaconsfield hat dabei, intor povula, den Krieg in Sicht gestellt. Die Form, in welcher, nnd die Gelegenheit, bei welcher er eö gethan, legt die Erinnerung an einen Vorgang im Jahre 1870 nur zu nahe, als Herr, Ollivier „Is vovur das Wort „Krieg", auüsprach. England will, nach Lord Beaconsfield'S Meinung, de» Krieg mir „für eine gerechte Sache" führend Unter dieser „ge rechten Sache" sind die Orientinteressen Englands zu verstehen, als welche der Minister in erster Linie die Integrität und Autorität der Türkei, in zweiter Linie die Verbesserung des Looses der Christen h!n- gestclll hat. Wie England sich aus dem Dilemma zu ziehen gedenkt, falls der zweite Zweck nicht ohne gänzliche oder teilweise Preiögebung deö ersteren zu erreichen sein sollte — darüber fehlt jegliche Andentung. Englische Ministcrreden haben selten die unmittelbare Bedeutung, welche wir den Erklärungen unserer Minister beizulegen gewohnt und berechtigt sind. Namentlich das gegenwärtige britische Kabinet hat schon in den Jahren, als Mr. Disraeli noch an der Spitze der Opposition stand, im Gegensatz zu der Schiedsgerichtspolitik Mr. Gladslone's mit dem Säbel zu rasseln geliebt, und seitdem die Leitung der Geschäfte auf die Tories übergegangen, hat die Englische wie die continentale Presse wiederholt Anlaß gehabt, den Lärm anstößig zu finden, welchen „M. Disraelis großer Säbel" — wie Londoner Blätter sich auSdrückten — verursachte. An sich würde daher die Kriegs drohung des nunmehrigen Lord Beaconsfield weniger ernsthaft zu nehmen sein, aber sie wird es durch ihre Folgen. Eine Kriegsdrohung enthält unter allen Umständen eine Provacation Desjenigen, an den sie direct oder indirecl gerichtet wird, im vorliegenden Falle wird sie zu einer Ermunterung des Widerstandes der türkischen Negierung gegen alle ernsthaften Reformen und gegen die Ermahnungen der fried- liehst gesinnten Machte. Wir müssen dahingestellt sein lassen, welcher Einfluß der am Donnerstag in London gehaltenen ministeriellen Tischrede ans eine so feierliche Erklärung deö Kaisers Alexander eingeränmt werden darf, und ob die Erwähnung „unserer Freiwilligen" und die Betonung der slavischen Sache durch den Mund des Kaisers von Rußland etwa als ei» Echo der englischen Kundgebung betrachtet werden muß. Jeden falls hat dieses Wort im Munde eines russischen Monarchen eine welthistorische Bedeutung, und wenn wir angesichts desselben zunächst auch nur des einen eingedenk sein wollen, daß dies der nämliche Monarch ist, der Preußen und Deutschland in den schwersten Stunden unserer neuesten Geschichte mit einer nie vertäugneteu und zum Theil gegen die ihn umgebenden Anschauungen und gegen die Stimmung weiter Volkskreise behaupteten Sympathie zur Seile gestanden hat, so wollen wir darüber doch auch nicht vergessen, daß mit dem Eintritte der „slavischen Sache" in die Weltbegebenheiten unter solchen Auspicien unendlich viele neue Gesichtspunkte und Erwägungen sich öffnen, auf welche wir wohl noch öfter zurückzukommen haben werden." — Zur Orientirung über das griechische Element in der Türkei selbst mögen folgende authentische Darstellungen der Bevölkerungs- Verhältnisse dienen. Makedonien ist von 2,022,081 Türken, 1,076,676 Griechen und 401,042 Bulgaren bewohnt. Ein Thejl der letzteren bevölkert das in administrativer Beziehung zu Makedonien gerechnete untere Serbien, wie anderseits ein Bruchtheil der Türken dem oberen Albanien angehört. Rein griechisch sind die südlichen Districte von Kassandra, Werria, ScreS, mit 250,000 Einwohnern. Ferner sind die Bulgaren