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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend. Abonnementsprcis beträgt vierteljährlich 1 Mark so Pf. prunmmoranäo. Amchel Inserate werden bis spätesten- Mittags des vorhergehenden Tages dcS Erscheinens erbeten und die CorpuSspaltenzeile mit 10 Pf., unter „Eingesandt" mit SO Pf. berechnet. für Zwönitz und Umgegend. Redacteur und Verleger: C. Bernhard Ott in Zwönitz. so. Donnerstag, den 5. Oktober I87K. 1. Jahrg. Viehmarkt in Zwönitz den 10. October 1876. Stättegeld wird nicht erhoben. Tagcsgeschichte. — Ueber die Kaisertage im Elsaß wird aus Straßburg dem „S chw. Merkur" Folgendes geschrieben: „Der Kaiser'ist-von seiner Reise ins Elsaß sicherlich befriedigt in Stuttgart wieder angekommen. Der Zauber seines Namens und seiner Persönlichkeit hat sich auch hier wieder bewährt unter Verhältnissen, die einen günstigen Erfolg zum Voraus nicht erwarten oder doch zweifelhaft erscheinen ließen. Heute, da wir den ganzen Verlauf der schönen Tage von Weißenburg überblicken können, dürfen wir den Gcsammtcindruck derselben wohl in die Worte zusammenfassen: Er kam, sah und siegte. Uebcrall, wo er mit der Bevölkerung in unmittelbare Berührung.kam, in Obersee bach, Schleithal, in allen Ortschaften auf dem Wege von Weißenburg nach Wörth derselbe von Herzen kommende Jubel. Und doch ist es erst 6 Jahre her, daß der Kaiser mit einem Kriegöheere dasselbe Land durchzog, dessen Söhne damals noch in den Reihen unserer Feinde standen. Welch ein verändertes Bild boten doch die letzten Tage! Das Oberhaupt des deutschen Reichs mit seinem Sohne, um ringt von einer ihm zujubelnden Bevölkerung, von der stets behauptet wird, sie knirsche vor Zorn über die große Wandlung von 1870, sie erkenne die Rückkehr zum alten und wahren Vaterland nimmermehr an. Und wenn eö auch nur ein kleiner Theil des Elsasses ist, welcher der Schauplatz dieser geschichtlich bedeutsamen Begegnung zwischen dem deutschen Kaiser und den Elsässern war, immerhin hat dieser Bruch- theil den Beweis geliefert, daß eine rückhaltlose Anerkennung der Ereignisse von 1870 in dieser rückerworbenen Grenzmark möglich ist. Noch mehr der Bezirk Weißenburg hat sich bis jetzt hinsichtlich seiner Gesinnung in nichts von den übrigen LandeStheileu unterschieden. Eine besondere Disposition für den deutschen Kaiser im Gegensatz zu anderen Gegenden war nicht vorhanden. Es spricht also nichts da gegen, daß es die Bevölkerung sonstwo der des Kreises Weißenburg gleich gethan hätte. Die größeren Städte freilich werden sich besser aufs Schmollen verstehen und vielleicht noch auf lange hinaus Sitze des Franzosenthums bilden, wenn daS Land, d. h. der überwiegende Theil der Bewohner sich mit ganzem Herzen wieder dem alten Vater land zugewendet haben wird. Aber es werden eben nur Ausnahmen sein. Warum fand denn aber der natürliche Sinn des Volkes da drunten um Weißenburg so schnell den Weg zum Kaiser? Weil auch eine 200 jährige Trennung von Deutschland die deutsche Art desselben unversehrt gelassen hat und in Kaiser Wilhelm ihm nicht bloS ein ruhmgekrönter Fürst, sondern ein Mann entgegentrat, der des Volkes Sprache redete, den cs verstand und von welchem es verstanden wurde. Wer da Zeuge war, wie oer Kaiser in Oberseebach Schleithal rc. traulich mit den Einwohnern plauderte, dem drängte sich der Gedanke auf, da sprechen sich Verwandte von einem Stamm, einer Familie gegen einander aus, die sich zwar noch nicht keimen, aber rasch kennen und achten lernen. Da redet nicht ein französischer, also ein fremder, sondern ein deutscher Fürst zu Deutschen. Die Bevölkerung wußte auch, daß Kaiser Wilhelm nicht mit Ansprüchen auf Huldigung ins Land kam. Sie brachte dieselben aber vielleicht gerade deswegen frei willig dar, um ihm durch dieses Entgegenkommen für die Achtung zu danken, welche er ihren Gefühlen seit der großen Umwälzung vor 6 Jahren stets hat angedeihen lassen. Hatte der Kaiser doch bei dem Empfangen Weißenburg dem dortigen Gemeinderalh dies ausdrück lich versichert. Der schöne Erfolg der Kaiserreise läßt es fast bedauern, daß dieselbe sich nur auf einen kleinen Theil des Landes erstreckt hat. Möchten die Erinnerungen, welche der Kaiser vom Elsaß in die Heimalh mitgebracht hat, ihn veranlassen, dieselben im nächsten Jahre wieder an Ort und Stelle aufzuforschen und dadurch noch zu bereichern, daß er noch weiter gen Süden zieht." Berlin, 2. Octöber. Sr. Majestät Schiff „Ariadne" ist am l. October in Malta cingetrosfen und beabsichtigte vm 2. d. wieder in See zu gehen. — Sr Majestät Schiffe „Elisabeth" und „Freha', sind am 1. October in Kiel in Dienst, Sr. Majestät Schiffe „Niobe" nnd „Medusa" an demselben Tage außer Dienst gestellt. Wien? 2. October. Der russische General-Adjutant Sumaro- koff wuroe heute Vormittag vom Kaiser in Audienz empfangen. Pest, 30. September.' Im Abgeordnetenbause sind zwei Inter pellationen — über die 80 Millionen-Schuld und über die orientalische Frage — angemeldet worden. London, 30. September. Die „Times" veröffentlicht eine ihr von dem Mitglieds des Unterhauses Lowe zugegangene Zuschrift, in welcher ausgeführt wird, daß der sofortige Zusammentritt des Parla ments nolhwendig sei zur Entscheidung darüber, ob die gegenwärtig von der englischen Regierung in der orientalischen Frage befolgte Politik fortdauern solle oder nicht. Constantinopel, 2. October. Die Berathnng des Minister- ratheö über die Friedenspropositionen der Mächte resultirten dahin, daß die administrative Autonomie der aufständischen Provinzen abge lehnt werden wird. Philadelphia, 28. Sepibr. Die den Ausstellern der Welt ausstellung zuerlannlen Preise sind gestern Abend in feierlicher Weise proclamirt worden. Die Ausstellungsbehördcn führten den Vorsitz, und eine große Menschenmenge war zugegen. Medaillen sind für 11,000 Aussteller bestimmt worden, von welchen 6000 auf England und den Continent kommen. Von Medaillen zweiter Classe ist keine zuerkannt worden. Uocales und Sächsisches. — Es sind neuerdings falsche 20-Reichsmarkscheine aufgelaucht, vor deren Annahme hiermit gewarnt sei. Leider sind dieselben ganz vortrefflich nachgemacht nnd nur am Fehlen eines Punktes erkennbar. Sie tragen gleich den echten Scheinen das Datum: 11. Juni, nur fehlt auf den gefälschten hinter der 11 der Punkt, der auf den echten deutlich ersichtlich ist. Also Vorsicht! — I» welchem Maße der Lehrermangel im Königreich Sachsen noch immer fortdauert, das i st aus einer Ansprache zu ersehen, welche der Bezirksschulinspector Seltmann in Plauen in diesen Tagen bei Gelegenheit der Entlassung der SchulamtScandidaten vom Seminar zu Plauen abgehalten hat. In dem JnspectionSbezirk Auerbach-OelSnitz sind gegenwärtig 33, in dem Bezirke Plauen 20 Lehrcrstellen unbesetzt. Dazu kommt der weitere Mißstand, daß an zahlreichen Schulen da selbst ein Lehrer 3, ja 4 Classen mit 130 bis über 200 Kinder in wöchentlich bis zu 50 Lehrstunden zu unterrichten hat. Vom Seminar in Plauen wurden 23 SchulamtScandidaten entlassen nnd ist dadurch der Lehrerbedarf im Voigtlande noch lange nicht gedeckt worden. — Vor dem Schwurgericht in Dresden endete eine mehrtägige Verhandlung mit der Freisprechung dcS wegen Mordes und Mord versuchs Angeklagten. Der Weißgerbermeister Weißbach aus Wilsdruff war beschuldigt, seinen Vater und einen Handarbeiter, welche bei ihm zu Mittag gegessen hatten, durch Beimischung von Arsenik in die Speisen getödtet zu haben. Die Beweisaufnahme gestaltete sich aber so günstig für den Angeklagten, daß der Staatsanwalt selbst die An klage fallen ließ, worauf des Ersteren Freisprechung erfolgte. Weiß bach hat sich sechs Monate in Untersuchungshaft befunden. Es ist dieser Vorgang auch ein Beitrag zu der Frage wegen der Entschädigung Solcher von Staatswegen, welche unschuldig in Haft genommen werden.