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— 21. August. Amtlich wird aus Nisch vom 20. August gemeldet: Die Türken bereiteten in den Gebirgen bei Alexinatz den concentrirten Serben eine gänzliche Niederlage, und nahmen densel- ben ihre Stellungen und Befestigungen meg. Die serbischen Ver luste sind beträchtlich. Amerika. Der Hast der Indianer gegen die Weißen nimmt immer gefährlichere Dimensionen an. Auch kürzlich sind wieder viele Bergleute in den schwarzen Hügeln, während sie in einer Hütte schliefen, von den Indianern angegriffen und getödtet. Ein glück lich Davongekommener erzählt, daß er auf dem Dache liegend, um die Moscitos zu vermeiden, ein Geräusch in dem darunter befind lichen Raume, wo seine Kameraden schliefen, hörte. Durch eine Ritze in dem Dache blickend, sah er den Raum mit Indianern an- »efüllt, damit beschäftigt, seine Gefährten binzuschlachten. Die Indianer, unter" denen sich vier Weiße befanden, machten indeß keinen Versuch, das Gebäude zu zerstören. Vier der Bergleute ent kamen in der Verwirrung, aber 47 blieben todt auf dem Platze, 1 einige derselben entsetzlich verstümmelt. Locales an- Sächsisches. Chemnitz, 19. August. Heule Nachmittag 2 Uhr 30 Min. trafen auf hiesigem Bahnhofe die Offiziere des großen GeueralstabeS ein. Zu deren Empfange hatten sich Sladtrath Focke, Branddirector Weigand und Polizeiinspector Carius eingefnuden, durch welche die Offiziere in bereitgehaltenen Equipagen nach der Stadt geleitet wurden, woselbst die Offiziere.Quartier im Römischen Kaiser, Stabt Gotha, Stadt Berlin, Victoria-Hotel und Hotel Küttner nahmen. Die von dem Wagenzuge passirten Straßen und Plätze waren mit Schlaulustigen stark besetzt. — Nachdem die dem großen Generalstabe angehörigen Officiere, welche an ter diesjährigen Uebungsreise theilnehmen, bereits Sonn abend Nachmittag 3 Uhr mittelst Extrazngeö hier eingelroff.-n waren, ist Sonntag Vormittag 11 Uhr auch Se. Excellenz Herr Generalfeld marschall Graf Moltke hier angekommen. Derselbe wurde auf dem Bahnhofe von den Spitzen der städtischen Behörden begrüßt, empfing ans den Häuten einiger Damen Blumenspeuden und begab sich sodann, von den Ersteren geleitet, in sein Absteigequartier, den „Römischen Kaiser." Dort machte ihm um 12 Uhr eine aus Mitglieder» des Naths und der Stadtverordneten bestehende Deputation unter Führung reS Oberbürgermeisters Dr. Andi« die Aufwartung, um ihn im Namen der Stadt willkommen zu heißen und zu den ihm zu Ehren in Aussicht genommenen Festlichkeiten einzuladcn. Nath und Stadtverordnete gaben Er. Excellenz und seinen Begleitern Sonntag Nachmittag ein in den Räumen des Casinoö stattfiudendes Festmahl, dem sodann für heute noch eine Ausfahrt in der Stadt folgte. Daö Festmahl, an welchem ungefähr 200 Personen sich bethciligten, verlief in der animirteste» Stimmnng und allenthalben that sich dl- größte Freude kund, den be rühmtesten Strategen der Gegenwart in unsrer Stadt zu wissen und ihm die schuldige Verehrung zollen zu können. Oberbürgermeister Or. Andre brachte einen Toast auf Se. Majestät den Kaiser und ans Se. Majestät den König von Sachsen aus. Hierauf folgte der Toast auf Se. Excellenz den Grafen Moltke, gesprochen vom Stadlverordneten vorsteher Or. Enzmann. Beide Toaste Warden mit Begeisterung und Jubel aufgenommen. — Kurze Zeit darauf ergriff dann Se. Excellenz Herr Generalfeldmarschall G^af Moltke daö Wort nnd sprach ungefähr Folgendes: „Es giebt Zeilperioden, in denen einzelne Classen des Volkes eine hervorragende Rolle spielen. Eine solche Periode Hal das deutsche Volk vor 6 Jahren durchleb!. In denselben Tagen vor 6 Jahren, in denen wir heute leben, von Vionville bis Sedan, sind eine Reihe glänzender Siege von den Deutschen erfochten worden, zu denen ein General wesentlich beigctragen hat, der jetzt eine Königskrone trägt. Jetzt leben wir wieder in einer Zeit des Kampfes, aber eines Kampfes, der nicht auf blutigem Schlachtfeld auSgekämpft wird. Es ist ein Geisteskampf mit demselben Nachbar auf dem friedlichen Boden der Völkerentwickelung. Möchte dieser Kampf mit ebenso glänzenden Siegen enden. Ich bin Henle Gast einer hervorragenden Industriestadt, die diesen Geisteskampf mit durchznkämpfen hat und wünsche ihr als besten Preis des zu erhoffenden Sieges eine fortdauernde, fröhliche mW kräftige Entwickelung nnd bringe ihr meinen und meiner Officiere Dank dar! Chemnitz hoch!" — Machte schon die äußere Haltung und die edle Gestalt des greisen Feldmarschalls den günstigsten Eindruck, so mußte dessen kräftige und herzliche Sprache Aller Herzen mit hoher Freude erfüllen, welche auch seiteu der Festversammlung den innigsten Aus druck fand. — Auf der Rückseite der neuen Jagdkarten, welche eine grüne Farbe haben, ist auch die Schonzeit des Wildes angegeben. Hiernach dürfen männliches Edel- und Dammwild in den Monaten Juli bis mit Februar, weibliches Edel- und Dammwild, sowie Kälber beider Arten vom 1. Sept, bis Ende Februar, Nehböcke vom I. Juli bis Ende Januar, weibliches Rehwild vom 16. October bis 15. Decbr., Hasen, sowie Fasanen außerhalb der Fasanerien vom 1. October bis Ende Januar, Rebhühner vom September bis Ende November, wilde Enten vom 1. Juli bis 15. März, Schnepfen, Hähne von Auer- Birk und Haselwild vom 1. März bis 15. Mai und vom 1. Septbr. bis I. Januar, Wachteln, Bekassinen, Wilke Tauben vom I. Septbr. bis Ende Januar, Schwarzwild, Ranbsäugethiere, Raubvögel, ein schließlich der Würger, Vögel, die im Jnlaude nicht nisten, während des ganzen Jahres geschossen werden, wohingegen Lerchen, Drosseln, Ziemer (KrammetSvögel) und alle andern kleineren Felo-, Wald» und Singvögel vom Jagdrecht ganz ausgenommen sind. Die Schonzeit der Rehkälber ist bis Schluß des Kalenderjahres indem sie gesetzt worden sind, vom zweiten Jahre an aber bei den Böcken vom l. Februar bis Ende Juni und bei den weiblichen vom 16. December bis 15. October nächsten Jahres festgesetzt. — Die vom Stückgießer I. G. Große in Dresden für den Halber städter Dom gegossene Rie seng locke wurde am Montag Vormittag auf einem Rollwagen, dem 6—8 Pferde vorgespannt werden mußten, nach dem Leipziger Bahnhof gebracht. Herr Große hat dieser Tage aus Frankfurt a. M. den Auftrag erhallen, für die kortige Pfarrkirche des Domes 10 Glocken im Gesammtgewicbt von 27,000 Kilogramm baldigst zu gießen. Zu diesem Guß Hal Kaiser Wilhelm 13,000 Kilogramm französische Geschützrohre geschenkt und das aus dem alten Gelänte deö Domes gewonnene Gekrätz beträgt 5000 Kilo gramm. Um diesen Guß hatten sich in Submission nicht weniger als 13 Concurrenten gemeldet, und obwohl Hr. Große den höchsten Preis von 63,810 M. gefordert halte (der niedrigste war nur 41,500 M.!), erhielt er gleichwohl den höchst ehrenden Auftrag. Die größte Glocke wird in L stehen, soll genau nach dem Muster der Erfurter Susanne gegossen werden nnd 13,000 Kilo, also das Gewicht der vom Kaiser offerirten französischen Kanonen betragen. Aus Reichenbach im Voigtlande melden die dortigen „Nach richten" nnler dem 18. Ang.: Eine ergreifende Scene spielte sich in den ersten Nachmittagstunden des gestrigen Tages hier ab. Im Hofe des Herrn Fr. Möschke im Neustädtel befindet sich ein über 30 Ellen tiefer Brunnen, dessen Wasserstand gewöhnlich 12—15 Ellen betragen hat, in neuerer Zeit jedoch sich bis auf ebensoviel Zoll redncirt halte und zur Speisung des daselbst befindlichen Dampfkessels nicht mehr ausreichend war. . Um nun den früheren Wasserstand womöglich wieder zu gewinnen und da Ausgrabung des felsigen BodeuS sich als zeitraubend erwiesen, hatte ein Sachverständiger vor einigen Tagen eine Sprengung mittelst Dynamit vorgenommen. Gestern nun ver suchte Möschke mit seinem 20jährigen Sehn unter Beobachtung aller möglichen Vorsichtsmaßregel» wegen etwa noch vorhandener, durch jene Sprengung verursachten schlechten Dünste wieder in de» Brunnen einzndringen. Kaum aber, daß der Vater den Sohn mittelst eines improvisirten Fahrstuhls in die schwindelnde Tiefe hinabgelassen hatte, Wirkte auch schon noch vorhandene schlechte Luft auf diesen ei», so daß er verlangt, schleunigst emporgezogen zu werde». Doch schon in einer Höhe von kaum zehn Ellen verläßt diesen die Besinnung und er stürzt aus dem Fahrstuhl heraus und auf den Grnnd des Brunnens hinab. Der besorgte Vater steigt schleunigst, uni dem bedrängten Sohne Hülfe zu bringen an der senkrecht im Brunnen befestigten Leiter hinab, arbeitet ihn anch glücklich wieder auf den Fahrstuhl hinauf und läßt diesen von der Gattin aufwärts ziehe», als in einer Höhe von 25 Ellen der betäubte Sohn abermals schwankt, im jähen Sturze aber und nur noch mit einem Fuße im Fahrstuhl hängend vom Arme des Vaters aufgefangen wird. Auf die Hülserufe dcS geängstigten Vaters und dessen Familie eilen zahlreiche Nachbarn herbei, doch Niemand wagt eS, auch nur die geringe Tiefe hinabzu- steigen und den Sinkenden durch vorhandene Seile zu befestigen und so vor dem abermaligen Sturze zu bewahren, als nach übermenschlicher, fast halbstündiger Anstrengung den auf's höchste erschöpften Vater, die Kräfte verlassen, und er die theure Last in die jähe felsige Tiefe stürzttn sehen muß. Auch jetzt noch wagt es Niemand aus dem über hundert Köpfe zählenden Pnblicnm, den Unglücklichen aus sciuer gefahrvollen Lage zu befreien bis endlich der in der Nähe beschäftigte Brunnenbauer Hartzsch herbeigeholt ist und, obgleich schweißlreifend sein Leben zur Rettung des verloren Geglaubten mnthig aufs Spiel setzt, in die Tiefe eilt, den Bewußtlosen an Seile befestigt und mit ihm glücklich das Freie erreicht. Die sofort angestellten Wiederbe lebungsversuche erweisen sich als erfolgreich, und da anch wie durch ein Wunder der Verunglückte körperlich gerade nicht erheblich verletzt ist, so dürfte dieser Vorfall, welcher allgemeine Theilnahme erweckt hat, für das Leben und die Gesundheit der Betreffenden ohne ernst lichere Folgen enden. In Ehrenfriedersdorf verunglückte am 17. August bei einer Brunnenzrabung des Posamentenfabrikanten N. OttmannSbacher der Bergarbeiter Hofmann durch Stickluft in dem ca. 12 Meter tiefen Brunnen. Der Barbier Wunderlich von ebendaselbst, welcher zufällig vorbeiging und noch Rufe aus der Tiefe vernommen halte, wurde, ohne die Gefahr zu achten, hineingelassen und befestigte das Seil an Hofmann, welcher gesenkten Hauptes mit schlaff herabhängenden Armen, wie schlafend, unten stand. Infolge der schlechten Lnft wurde auch Wunderlich ohnmächtig und konnte das Zeichen zum Aufziehen nicht mehr geben. Nach längerem Warten zogen die oben Harrenden das Seil in die Höhe und gewahrten zu ihrem Schrecken, daß alle Beide leblos waren. Vielen Bemühungen gelang es endlich, Wunderlich ins Leben zurückMusen, Hofmann dagegen, welcher den Gasen zu lange ausgesetzt gewesen, war todt. Der Gemeinderath zu Greiz hat auf Antrag des Gemeinde vorstandes beschlossen, zwei Mitglieder des GemeinderatheS zu beauf tragen, die dem Grafen Moltke bei seiner bevorstehenden Ankunft daselbst feiten der Stadt darzubringenden Ehrenbezeugungen vorznbereilen und