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* Ueber den „gelehrten Hund" welcher dem Pastor Jox ans Br.ckscheiv drei Monate Gefängniß zugezogen Hal, liegt Henle folgen der Bericht in der „Trierschen Zeitung" vor: Vor dem königl. Zucht- pclizeigerichte wurde wieder gegen Herrn Jox, Pastor zu Brockscheid, verhandelt. Da derselbe nicht erschien, so Hal das Gericht da« Eon- tumacialverfahren beschlossen. Er war diesmal beschuldigt, den Für sten von Bismarck und den Cultnsminister Dr. Falk gröblich belei digt zu haben. Das qu. Factum besteht nämlich in Folgendem: Einem Ausfluge, welchen der Lehrer mit seinen Schülern nach der „Altenburg" unternommen, hatte sich auch der Herr Pastor mit sei nem Hunde ungeschlossen. Während der Lehrer sich einen Augenblick von den Schülern entfernt hatte, benutzte Herr Jox diese Gelegen heit, um sich einen Jux zu machen. Er ließ sich von einem der Knaben ein Stück von seinem Bntlerbrode geben, rief den Hund her bei und reichte ihm das Butterbrod hin. Als der Hund dasselbe nehmen wollte, sagte der Herr Pastor: „Es ist aber von Bismarck!" /vorauf der Hnnd sich mit gesenktem Schwänze scheu zurückzog. Das selbe geschah zum zweiten Male, als der Herr Pastor sagte: „Es ist von Falk!" und als er hierauf dem Hunde das Butterbrod zum 3. Male darreichte und dabei sagte: „ES ist vom Papst!" wedelte das Thier fröhlich mit dem Schweife und nahm das Brod. Ob dieser „Hundsgemeinheit" beantragte der Staatsanwalt sechs Monate Ge- fäugniß. Das Gericht vcrurtheilte den Angeklagte» zu drei Monaten Gefängniß nebst den Kosten. Und der dressirle Vierfüßler, wird man ihn nicht mit einem Stück glimmenden Schwammes unter dem Schwanz über die Grenze zu den Jesuiten jagen? * Ein Shorthornkalb. Ein ungefähr 3 Monate altes Shor- thornkalb, 22 Ducheß of Airdrie, hat, wie die „Chamber of Agric." mittheilt, schon drei mal seinen Eigenthümer gewechselt, und der Ver kauf hat jedes mal einen großen Vortheil für den Verkäufer zur Folge gehabt. DaS Kalb wurde geboren in Nordamerika und gleich nach der Geburt per Telegramm nach England für ungefähr 42,900 Mk. verkauft. Im Oktober verkaufte man es anderweit für ca. 62,370 Mk., und kurze Zeit später wechselte es seinen Eigenlhümer zum 3. male, indem eS Herr Fox in Harefield kaufte zum Preise von circa 8,320 Mk. (Sollte es in dieser Weise »och lä»ger weiter gehen, so wird das Thier zuletzt kaum mit Gold zu bezahlen sein.) * Halle, 23. Juni. Gestern Vormittag gegen 10 Uhr stürzte das zweijährige Kind des Arbei'-r« Weser, der mit seiner Ehefrau den Weingärten an der Saale gegenüber mit Heumachen beschäftigt war, wohin sie das Kind mitgenommen hatten, in den Fluß. Das Kind würde verloren gewesen sein, wenn nicht die Willwe Burkhardt, welche in der Nähe war, trotz des hohen Wasserstaudes und der rei ßenden Flut beherzt in den Strom gesprungen wäre, das Kind er griffen und so gerettet hätte. Sie wurde nebst dem Kinde durch her- beigeeilte Leute mit Haken ans dem Wasser gezogen. — Auch hier scheint eine Selbstmord-Epidemie zu herrsche»; in dieser Woche allein sind bis heute fünf Selbstmorde zu verzeichnen gewesen. * Nach einer Notiz ans Anßig macht anan große Anstrengungen, um den Dresdner Gewerbeverciu am 2. Juli würdig zu empfangen. Eö hat der dortige Gewerbeverein für diesen Tag alle Hände voll zu thun. Daß die österreichische StaatSbahn schon Mittwoch die Theilnehmerzahl genau wissen muß, liegt daran, daß die österreichi schen Personenwagen, die die Dresdner hin- und zurückbringen sollen, erst nach und nach über Prag herangeschleppt werden müssen und vor definitiver Bestellung kann mit dem Wagenherbeischaffen »icht begonnen werden. — Außig ist übrigens eine echldeutsche Stadt, durch und durch Industrie« und Handelsstadt, hat gute Gasthöfe und billige Preise und freut sich, mit den Dresdnern in engere Verbindung, in Austausch von Wissen und Erfahrungen zn trete». * Ein jüngst verstorbener Rittergutsbesitzer im Glogauer Kreise hatte bei Lebzeiten angeordnet, daß bei seiner Beerdigung die Leichen träger die Hofe- oder Dienstleute sein sollten. Eine Bezahlung dieser Träger war vergessen worden. Bei dem Besuche der Grabstätte des Ehrenmannes fand die Hinterbliebene Gatti» auf dem Grabe ein Schriftstück, Folgendes enthaltend: „Liebe Anna, bezahle doch endlich meine Träger, sonst habe ich im Grabe keine Ruhe. , Deist Hermann!" Sofort holte die verehrte Frau das Versäumte nach unv ließ jedem der Träger 2V» Thr. gegen Quittung auszahlen. Letzteres geschah aus dem Grunde, um den Schreiber zu ermitteln, was aber nicht gelungen ist. Was ist Publikum? DaS Publikum, das ist ein Mann, Der Vieles weiß und wenig kann. Das Publikum, das ist ein Weib, Drum sucht es immer Zeitvertreib. DaS Publikum, es ist ein Kind, Drum ist'S bald so, bald so gesinnt. DaS Publikum, eS ist ein Knecht, WaS sei» Herr thut, das ist ihm recht. DaS Publikum ist eine Magd, Die stets ob ihrer Herrschaft klagt. Das Publikum sind alle Leut', Drum ist's bald dumm und bald gescheut. Dies wird mir Niemand nehmen krumm, Denn Einer ist — kein Publiknm. — Wie die „Dr. Nachr." hören, steht mit dem 1. Juli d. I. bei Ucbernahme der Privatbahnen durch den Staat eine Vermehrung bcz. ein Avancement der juristischen Beamten der General Direktion der k. Staatsbahnen in Aussicht und zwar in der Art, daß die bis- berigc» Hilfsarbeiter und Assessoren bei genannter Behörde, die Herren Dr. Nilterstädt und Zieger, zu Direktions-Räthen avanciren und drei bisherige Beamte des hiesige» Bezirksgerichts, Herr Assessor LouiS Müller u«d die Hrn. Referendare Sasterstädt und Dr. Schelcher, Ersterer als Direktions-Assessor, die letztere» Beiden als Direktions- Sekretäre neu eintreten. * Ein katholischer Pfarrer war einem Mädchen schon von dessen frühester Jugend zugethan und bewies dieses Jnlerresse durch eine besondere Sorgfalt, welche er auf Erziehung und Kleidung des Mäd chens verwandte. Als Sie erwachsen war, äußerte er gegen dieselbe eine erhöhte Zärtlichkeit und beschenkte sie ost und reichlich, so daß in der Gemeinde allmählig der Verdacht Wurzel faßte, daß der Pfarrer eine mehr als väterliche Zuneigung zu dem Mädchen habe. Der Pfarrer sowohl, als auch daö Mädchen wurden deshalb von einigen Gemeindeangehörigo» mit andauernder Aufmerksamkeit beobachtet. Eines AbendS bemerkten einige Kirchenvorsteher, daß der Pfarrer und sodann das Mädchen sich in die Kirche begaben. Als beide sich darin befanden, traten die Beobachter ebenfalls in die Kirche, fanden aber nur den Pfarrer in derselben. Nach genauer Durchsuchung fand man endlich auch das Mädchen versteckt in einem Spinde. Die Sache gelaugte zur Anzeige bei der gerichtlichen Behörde und die Staats anwaltschaft klagte hierauf beide Liebenden, trotzdem eine in der Kirche, verübte Unzucht weder behauptet noch »achgewiesen werden konnte wegen beschimpfenden Unfugs in der Kirche auf Grund des 8- 166 des Str.-G.-B. an. Sowohl der erste Richter, als auch ei» zweiter erklärten den Pfarrer und das Mädchen des ihnen zur Last gelegten Vergehens für schuldig, indem sie erwogen, daß, wenn auch unsittliche Handlungen, namentlich im geschlechtlichen Verkehr, im Einzelnen nicht »achgewiesen sind, die Belhälizung des unsittlichen Liebesver hältnisses in der Kirche durch den Geistlichen wegen der Stellung des Letzteren als Seelsorger der Gemeinde und wegen der Heiligkeit des Ortes als beschimpfender Unfug um so mehr anzusehen ist, als, wie die Zeugen bekunden, der Glaube» und das Gefühl dieser Leute schwer dadurch gekränkt worden ist. Das Obertribunal trat auf die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten der Auffassung der beiden Bordcrrichter bei, indem cs in seinem Erkenntnisse ansführte: „Die thatsächliche Feststellung der Jnstanzrichter erschöpft den Thalbestand des Z. 166 des Str.-G.-B. und läßt einen RechtSirrthum nicht erkennen. Insbesondere setzt die Verübung beschimpfenden Unfugs in einer Kirche nicht die Absicht der Beschimpfung, sondern uur den allgemeinen strafrechtlichen Dolus, daö Bewustsein eines in der Hand lung liegenden beschimpfenden Unfugs, voraus, welcher nur, wenn die Verlheirigung des Angeklagten dazu speciell auffordert, einer ausdrück liche» Feststellung bedarf und im andere» Falle als stillschweigendes Merkmal der Handlung einbegriffen zu erachten ist." Uan-ivirthschaftliches. * Vortheilhafte Benutzung des Kartoffelkrautes. Wenn man im Herbst herumwandert, sieht mau in manchen Gegen den auf de» Neckern dichte Rauchwolke» aufsleigen, kommt man näher, so überzeugt man sich, daß selbe von dem ans Haufen zusammenge- brachten und nun angezündeten Kartoffelkraut herrühren. Ander wärts, wo Streumangel ist, verwendet man dasselbe aber zerkleinert zur Einstreu, oder es wird auch de» Komposthaufen zugesetzt. Da das Kartoffelkraut sehr reich an Kali ist, giebt es einen vortrefflichen Dünger für Wiesen und Kleeäcker, und diejenigen Landwirthe, welche das Kartoffelkraut sorgfältig sammeln, treffen wohl das Richtige, wie der üppigere Wuchs von GraS und Klee im Frühjahre zeigt. * Vortheile des Quetschens des Pferdefutters. Viel fache Erfahrung hat gelehrt, daß, wenn Heu und Stroh nur in ge schnittenem und der Hafer nur in gequetschtem (nicht geschrolenem) Zustande verfüttert werde», reichlich der fünfte Theil an Futter er spart wird, während die Tbiere dabei kräftig sind und ein gutes Aussehen haben. In allen besseren englischen Ställen wird der Hafer gequetscht und als Halmfutter geschnitten und die Engländer verstehen sich bekanntlich auf Pferde. * Gegen das Durchgehen der Pferde. Nach Angaben des Dr. Barella hat der Sattler Ingels zu Brüssel einen Apparat construirt, mittelst dessen durchgehende Zugpferde augenblicklich zum Stehen gebracht werden sollen. Er beruht darauf, daß ein Pferd, welchem die Nasenöffnungen plötzlich zusammengedrückt werden, in Folge LuftmattgelS stehen bleiben bleiben muß. Der kleine, sehr hübsche Apparat wird an den, Zaume angebracht und ei» Zug an einem Zügel reicht hin, um durch Federkraft zwei kleine Zapfen in Bewegung zu bringen, die die Nasenöffnungen comprimire». Beim Nachlassen des Zügels hört der Druck auf. Zahlreiche Versuche in Brüssel haben das Instrument als praktisch erwiesen. Der Director der Thierarzneischule zu Brüssel, Thiernesse, hat einzelne Modifika tionen angebracht nud erklärt den Apparat für dnrchauS zufriedenstellend.