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Redaktioneller Teil. 178, 4. August 1913. die Schreiber dieses bei Erscheinen mehrfach ausführlich referiert hat. Derselben Bewegung dienen das vom »Institut Inter nationale cts Lidliograpbie«, dem älteren Bruder der Union, zu sammengetragene »Ubgertoire LikUogiapbigue Universal«, das, nach dem Deweyschen Dezimalsystem geordnet, zurzeit II Mil lionen bibliographischer Zettelaufnahmen aufweist. Um in ge wissem Sinne vollständig zu sein, sind im ganzen etwa 50 Millionen Titelaufnahmen erforderlich, so daß noch eine enorme Arbeit zu leisten ist, für deren Durchführung die finan zielle Beihilfe der der »Union« sympathisch gegenüberstehenden Regierungen angegangen werden soll. Jüngere Schöpfungen der Union sind die »Libliotkogue Internationale Oolleetive« mit 75 000 Bänden, das »Repertoire de voeuinsntation« mit 300 000 Zettelaufnahmen und das im Jahre 1910 gegründete »Inter nationale Museum« mit zurzeit etwa 10 000 Gegenständen. Das sind alles natürlich nur Anfänge, wenn wir berücksichtigen, welche weitgehenden und vielseitigen Zwecke das »Internationale Zen trum« erfüllen soll. Sie nehmen freilich schon jetzt so viel Raum in Anspruch, daß der Bau eines »Uaiais Aondiri« zur dringenden Forderung wird. Die Kongressistcn beschäftigten sich eingehend mit dieser Frage; als derjenige Ort, an dem der Wellpalast errichtet werden soll, wurde einstimmig Brüssel bestimmt, und die belgische Regierung hat sich denn auch zur kostenlosen Über lassung des Baugrundes bereit erklärt, nachdem die Übernahme eines archäologisch zwar höchst interessanten, jedoch hygienisch nicht ganz einwandfreien und ganz unmodernen Gebäude komplexes der früheren Abtei »^dbaxe de ia 6ambre«, die in den letzten Jahrzehnten nach einander der Kriegsschule, der Kriegsakademie und dem Militärischen Karthographischen In stitut gedient hat, abgelehnt worden ist. Gleichzeitig wird in der Presse dafür gearbeitet, daß die belgische Regierung einen inmitten des zu einem Brüsseler Vorort gehörigen ausgedehnten Parkes von Woluwe-St.-Pierre gelegenen Bauplatz zur Ver fügung stellt, dessen landschaftliche Schönheit und Entfernung vom Häusermeer der Großstadt der Bedeutung und Würde des zu künftigen Weltpalastes entsprechen würden. An diesen ersten Bau könnten sich, in Anbetracht des verfügbaren freien Terrains, im Laufe der Jahre dann je nach den Bedürfnissen noch andere, internationalen Zwecken dienendeUnternehmungen anschließcn und das Ganze sich zu einer »6itö internationale« (die Übersetzung »Internationale Stadt« ist nicht ganz sinngemäß) auswachsen, in der dann namentlich auch die Vorlesungen einer in Aussicht genommenen »Internationalen Universität« stattfinden würden. Letztere soll sich vorläufig auf Ferienkurse über internationale Fragen beschränken, jedoch mehr und mehr zu einer kosmopo litischen »Freien Hochschule« ausgebaut werden. Der Kongreß beschäftigte sich ferner mit dem Entwurf der Einrichtung eines Internationalen üdersetzungsamtes, jedoch ohne über die Ausführung schon jetzt Beschluß zu fassen, sowie mit der schon ost aufgeworfenen Frage der Herabsetzung der Tarife des Weltpostvereins. Er ersuchte die Mitglieder und Regierungsvertreter, in ihren Ländern darauf hinzuarbeiten, daß bei der für das nächste Jahr nach Madrid berufenen Internatio nalen Konferenz des Weltpostvereins diesbezügliche Anträge ge stellt werden. Der jetzige Wellposttarif ist im wesentlichen seit dem Jahre 1875 unverändert geblieben und inzwischen eigentlich nur das Briefportogewicht von 15 auf 20 g, sowie der Porto zuschlag für die weiteren 20 p von je 25 auf je 15 vts. herabgesetzt worden. Dagegensolldas»Weltpennyporto«, d.h.BriefportolOcts., Postkarten 5 ots., Bücherbestellzettel 2 bzw. 1 ots. eingeführt und die Expedition von Drucksachen - Massenbeförderungen dadurch verbilligt werden, daß sie zum Postpakeliarif oder als Fracht- sendung von einem Lande an die Grenzstation eines anderen gesandt und dann zum Tarif des Bestimmungslandes weiter befördert werden können. Daß die Union der Internationalen Verbände als Verleger!» des »Lnnuairo« und der »Vio inter nationale« sowie ihrer anderen Publikationen seit ihrer Be gründung in die Reihe der Kollegen vom Verlagsbnchhandel getreten ist, dürfte aus meinen früheren Mitteilungen bekannt sein. Auf dem Kongreß erfuhren wir, daß sie nun auch dem Sortiments- bzw. Kommissionsbuchhandel in gewissem Sinne Konkurrenz zu machen beabsichtigt. Sie ist auf dem Wege, eine »Buchhandlung der internationalen Verbände« zu errichten, die sich jedoch aus schließlich auf die Kongreßberichte und andere Veröffent lichungen der internationalen Vereinigungen beschränken soll. Die Union beabsichtigt, die Vorräte derselben, soweit sie nicht an die Kongreßmitglieder oder im Tauschverkehr verteilt worden sind, in Depot auf Lager zu nehmen und an den Buchhandel zu liefern. Bei den großen Schwierigkeiten, die die Beschaffung der nicht von regulären Verlagsbuchhandlungen verlegten Kon greß-Verhandlungen im allgemeinen verursachen, ist die Zweck mäßigkeit der geplanten Einrichtung ohne weiteres einleuchtend, mit der übrigens der Nebenzweck einer Erhöhung der Einnahmen der Union verbunden sein soll. Ob aber die letztere vom buch- Händlerisch-Icchnischen Standpunkte aus die richtige Ausiiefc- rungsstelle sein dürste, wird die Erfahrung lehren. Schließlich sei iroch mitgeteilt, daß die Vertreter der Internationalen Ver bände für ihren nächsten Kongreß voraussichtlich über das Welt meer gehen werden, um sich aus der bei Gelegenheit der Eröff nung des Panama-Kanals im nächsten Jahre in San Francisco stattfindenden Ausstellung zusammenzufinden. Brüssel, Juli 1913. Ios. Thron. Kleine Mitteilungen. 8. Die »Insel«, Buchhandlungsgehilfcnvcrein in Tübingen wird in den Tagen vom 0. und 10. August ihr 40. Stiftungsfest feiern, wozu sich schon eine Anzahl früherer Mitglieder, darunter auch Gründer des Vereins, angcmeldet haben. Am 0. August findet abends im oberen Museumssaale ein Unterhaltungsabend für Familien statt, zu dem auch Freunde des Vereins aus der Bürgerschaft eingeladen sind. Am Sonn tag (10. August) wird früh 10 Uhr eine Festversammlung der Insel im Jnselhause abgehalten, an die sich ein kurzer Frühschoppen anschließt. Um 1 Uhr ist Festmahl im Museum — der offizielle Festakt und Höhe punkt des Festes. Nach einer Kaffeetafel im Museumsgarten wird um 4 Uhr mit Musikbegleitung nach Schloß Hohen-Tübingen marschiert, in dessen Rittersaal — durch gütige Erlaubnis der königlichen Do mänendirektion — ein Tanzvergnügen die Insel und ihre Gäste ver einigt. Um 0 Uhr wird wieder zur Stadt hinabgegangen, womit der Schluß des Festes erreicht ist. Auswärtige Freunde werden am Montag noch Ausflüge unternehmen, zu deren Führung sich einzelne Insulaner bereit erklärt haben. Die Insel hat ja stets neben reicher Pflege der Berufsbildung, Treue und Freundschaft gehegt und hat sich in der Reihe der Berufsvereine eine anerkannte Stellung zu wahren gewußt. Eröffnung der neue» Landesbibliothek in Wiesbaden. — Am 17. Juli fand in Wiesbaden die Eröffnung des neuen Heimes der Landesbibliothck statt, zu der die Spitzen der Behörden erschienen waren. Nach einer Begrüßungsrede des Oberbürgermeisters Geh. Oberfinanz rat Glässing ergriff der Direktor der Bibliothek Professor Or. E. Liese gang, der ja als Förderer des deutschen Volksbibliothckwesens ge nügend bekannt ist, das Wort. Er gab einen kurzen Überblick iiber die Geschichte der Landesbibliothek, die im Jahre 1000 aus den Händen des Staates in die Verwaltung der Stadt Wiesbaden übergegangen ist, und wies auf die Ziele hin, unter denen das bedeutendste wohl die Neukatalogi sierung ist, die in wenigen Jahren vollendet sein wird. Das Gebäude ist ein Zweckmähigkeitsbau, dessen Innenausstattung der Kunstmaler Völker besorgte. Vor dem .Hauptportal steht eine von dem Bildhauer Bierbrauer geschaffene Gutenbcrgfigur. Anläßlich der Eröffnung ver lieh der Kaiser dem Direktor Professor I)r. Liesegang die königl. Krone zum Roten Aölerorden 4. Klasse. Au§ dem polnischen Buchhandel. In dem Artikel über den polni schen Verlag im Jahre 1912 (vgl. Bbl. 1913, Nr. 78) ist gezeigt worden, daß der polnische Büchermarkt an Überproduktion nicht zu leiden hat. Es gibt im Gegenteil in der polnischen Literatur wirklich die bekannten unausgefüllten Lücken. Die Redaktion der Zeitschrift »Xgisrka« will nun den Versuch machen, dem Mangel in systematischer Weise abzuhelfen, und zwar dadurch, daß sie eine Enguete veranstaltet, um zunächst festzustellen, was überhaupt fehlt. In dem betreffenden Aufsatz (Nr. 6 des laufenden Jahr ganges) wird an konkreten Beispielen nachgewiesen, daß es z. B. an praktischen Handbüchern für Handwerk und Gewerbe, an Ausgaben verschiedener Schriftsteller fehlt, während andererseits viele Bücher un nötig in parallelen Ausgaben erscheinen (was übrigens anderswo auch Vorkommen soll). Infolgedessen müßte oft die Zuflucht zu Ersatz in anderen Sprachen genommen werden. Es sei aber zu fordern, daß der polnische Verlag selbst imstande sei, allen literarischen Bedürfnissen zu genügen. Es käme vor allem darauf an, eine grundlegende Handbuch- (Fortsetzung auf Seite 7823.)