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Voigtländischer Anzeiger. 45. Stück. Plauen, Sonnabends den 9. November rZu« Ueber die Ursachen der jetzigen niedrigen Ge- traidepreiße nebst einigen, daraufBezug habenden Nebenbetrachtungen. ie Preiße des Gelraides sind seit mehrer» Jahren her sehr lief herabgesunken, und die Kla gen der Oekonomen darüber find nicht ganz un gerecht, insofern als die aller übrigen Levens» bedürsniffe und der zum Ackerbau nöthigen Ge genstände, z. B. Gefinbehaltung, Schmiede- Wagner- Sattler- und Riemerarveit, Beklei dungsstücke, Colonialwaaren u. dgl. nicht zu gleich mit gefallen, sondern vielmehr bedeutend gestiegen sind. Wer nicht ganz wohlfeil kauf te oder pachtete, muß bei dem jetzigen Werrhe der Früchte nicht nur umsonst arbeiten, sondern selbst an Geld Einbuße leiden. Zu beklagen ist der arme Landmann oder der vonAckerwirthschaft lebende Bürger, der durch die Kriegsdrangsale so viel verlor und bei dem gegenwärtigen Stand der Preiße keine Mittel hat, sich in etwas wie der zu erholen; weniger der größere Gutsbe sitzer und Pachter, die eine solche kritische Pe riode eher aushallen und verschmerzen können und die, wenn sie es nicht können, durch ihre vormaligen überspannten Ankäufe oder Erpach- tungen die gerechte Strafe der Uebenreibung leiden. Uebervaupt aber erfährt der produci« rende Theil jetzt nichts mehr, als was der ewi ge Wechsel der Linge mit sich bringt, und dem der consumirende Theil vorher ebenfalls, viel leicht noch empfindlicher, unterworfen war. Wie viel litten die, nicht Feldbau treibende» Stände in den ersten sechs Jahren des neun zehnten Jahrhunderts, wo bei uns der Scheffel Roggen bis auf io—12 Thaler stieg und wo mitunter unsre Hauptnahrungsquelle, die Ma- nusaklur, ziemlich sparsam floß. Da konnte der Arme und der Mittelmann oft kaum die nothdürflige Nahrung von Brod und Kartof feln erschwingen Wvährend der Ackerwirth nach Berhältniß reich oder wohlhabend wurde. Jetzt hat sich das Blatt einigermaßen gewendet: der Nichlerbauende Hal wohlfeileres Brod und dek Erbauende weniger Gewinn. So will es ei» gerechtes Geschick, und so muß es sepn, wenn das nölhiqe Gleichgewicht erhalten werden soll. Jndeß wird jeder Oekonom, der jene glückliche Zeit gehörig nutzte d. h. nicht etwa zum immer höher steigenden Wucher, sondern zu einer wei sen Sparsamkeit, der sich durch den reichen Ecldzufluß nicht zu Weichlichkeit nnd Luxus, als