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V o i g tlän d i sch e r Anzeiger. 2i. Stück. Plauen, Sonnabends den 25. Map i8n. Zur Geschichte zweier Günstlinge Pauls I. bekanntlich lassen mehrere Potentaten die in ihren Gebieten befindlichen Holz-Hautenstücke, als Pfähle, Brückengeländer, Schilderhäuser und dergl., welche der Krone ausschließlich ge hören , mit gewissen Farben markiren. Hierzu bedient,man sich im preußischen Staate der weißen und schwarzen, und in Rußland der ro chen, schwarzen und weißen Farbe. Unter der Regierung des verstorbenen Kai sers von Rußland, Paul I-, besaßen zu einer Zeit zwei Männer, ein paar Freunde, X. und M., die besondere Gunst des Monarchen; D. hatte alle große Lieferungen für Rechnung der Negierung, und X, war dem Kaiser unentbehr lich und beständig um die Person desselben. Einstmals bemerkte der Regent, bei einer Spazierfahrt durch die Straßen von St. Pe tersburg, einige alte, übel aussehende Bu den in einer Hauptstraße, welche mit den übri gen, eleganten Pallästc» mächtig conlrastirten und die ganze Gegend verunzierten. Er äußerle sein Mißfallen über diesen Gegenstand zu seinem Begleiter N., und setzte hinzu: „ Wenigstens sollte man dergleichen Dinge mit der Krottfarbe überpinseln lassen." X. begriff den Sinn der Kaiserlichen Worte nicht klar, und da er, nach dem gewöhnlichen Takte der Favoriten, lieber zu viel als zu we nig thun wollte, so hatte er sich kaum vomKai- .scr entfernt, als er auch schon den Befehl gab, man solle alle dergleichen Holzstücke mit der Kronfarbe (weiß, roth und schwarz) anstreichen. Natürlich ahnete man in dem Gebote desGünst« lings den Willen des Herrschers, und verfuhr äußerst rasch. Es waren kaum drei Tage ver gangen, so war kein Pfahl, kein Brett, keine hölzerne Treppe an den Wohnhäusern, keine Brunnenbedeckung mehr unbemalt, alles prang, te wundersam in den bekannten Wechselfarben; doch konnte man eben nicht sage», daß die Re sidenz dadurch an Schönheit gewonnen habe: imMgentheil, die Ueberladung mit den bunt scheckigen, grellen Farben gab dem Ganzen ei» höchst possirlichcs Ansehen, und auch der Me- lancholicus halte Mühe, das Lachen zu verbeißen, wenn er die Straßen hinauf oder hinunter sah, und allenthalben ihm das Farbengemisch ins Auge sprang. So wie vor Kurzem, machte auch jetzt wie ¬ der