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V o i g t l ä n d i s ch e r Anzeiger, 14. Stück. Plauen/ Sonnabends den 2. April 1814. Aufruf an christliche Menschenfreunde in Sachsen. sieben Monace lang ohne Unterbrechung hat jede erdenkliche Noth und Plage des Kriegs auf den meisten Ortschaften des Meisner Kreises obern Bezirks schwer gelastet. Diese Kriegs» übel oder ihre unmittelbare Folge — bösartige Krankheiten — haben mehr als 520 Kindern ihre Eltern oder Versorger geraubt. Ohne Nah rung und Kleidung, ohne Erziehung und Bil dung geben diese valer- und mutterlosen Waisen dem Verderben an Leib und Seele entgegen, wenn nicht schleunige Hülfe zu ihrer Rettung geschafft werden kann. Allein die Ortschaften, den«, Ke angehören, sind großemheils noch von ihrs» Bewohnern verlaffen, oder die noch dar« inn verbliebenen Familien, wegen Krankheit oder völliger Verarmung außer Alande, jene Waisen in ihre Mitte aufzunehmen. Gleich un ausführbar ist unter den gegenwärtigen Umstän den die Errichtung einer allgemeinen Anstalt für die Versorgung ver Unglücklichen, wenn Golt nicht Männer erweckt, die Prioaranstalten begründen, wie Ke rin Christoph Buch zu Lan gendorf, im Anfang des iZcen Jahrhunderts, ein Johann Ehrenfried Gagner zu Marienberg in den Jahren dec Lbeurung 1771 und 1772 als Wohlthater der Menschheit unternahmen und aufrecht erhalten konnten. — Der verordnete Hülfs-Ausschuß des Meis ner Kreises obern Bezirks, beseelt von dem in, nigsten Wunsche, zu Rettung dieser Kinder von miausbleiblichem Verderben, beizuiragen, je doch dazu nach dem Maaße der ihm zu Gehöre stehenden Mittel, ohne kräftige Unterstützung unvermögend, ergreift daher das einzige Mittel, welches zu der Erreichung dieses Zwecks den ge- genwärligen Zeitumständen angemessen erscheint. Christliche Menschenfreunde in Sachsen! Er wendet sich an Ihre Mildthätigkeit, von welcher Inn- und Ausland schon so oft die rühm lichsten Beweise gesehen hat. Wer von Ihnen nach seinen häuslichen Verhältnissen und nach seinen Vermögens - Umständen es irgend vermag, der nehme eines jener verwaißlcn Kinder in den Kreis seiner Familie auf, oder suche auf sonsti- ' ge Weise dessen Ernährung und Erziehung zu befördern, eingedenk des Wortes Jesu: „Wer ein solches Kind aufnimmt in meinem Namcn, der nimmt mich auf/' Nur aus diese Weise durch Aufnahme dieser armen Kinder iu Familien oder durch Unterbrin gung derselben bei rechtlich gestunken Landleu ten gegen Kostgeld, kann bei ihrer großen An zahl der dringenden Noth avgeholfen werden. Verbindung zu diesem Zweck mit patriotisch gesinnten Männern und Frauen der Stadt und des Landes, setzt den unterzeichneten Ausschuß in den Stand, stchere Gelegenheit zu guter Un terbringung dieser Kinder nachzuweise,:, oder die Versorgung derselben, wenn Unterstützung«» an Geld eingehen, unter der nöthigen Aussicht zu veranstalten. Wer keine Kinder hat, dem wird Eines die ser Hülflosen von Gott in dieser großen Zeit zu gewiesen; die aber, welche sich eigner Kinder und des Vermögens wohlzuthun erfreuen, be zeigen stch ihres Glücks würdig, indem sie den Verlassenen Vater und Mutter werden, oder durch