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»86 Gefahr zeigte. Abe» die des linken Kniees war schrecklich, da die Knochen zerschmettert, die Ligamente, Flechsen und die Arterien zerrissen waren. Alle meine Kollegen waren dafür, au» genblicklich die Operation zu machen, doch nie» rnand halte den Muth dazu, da sie so wenig Erfolg versprach und der Berwundele so ganz ohne Kraft, ohne Besinnung war. Aufgemun- tert durch den glücklichen Ausgang in ähnlichen Fällen, durch einen Schimmer von Hoffnung gestärkt, selbst aufgefordert durch das Verlan gen des Kranken, die Operation zu machen, entschloß ich mich dazu. In weniger als zwei Minuten war ste bewerkstelligt und der Mar schall äußerte wenig Schmerz. Ich legt« den gewöhnlichen Verband an und überließ den Marschall, als ich ihn nach der Lobau begleitet hatte, wo ihm der Kaiser be gegnete, dem Herrn Paulet. Nach vier Tagen, als es mein Dienst zu, ließ, eilte ich wieder zu ihm. Man hatte ihn Del einem Brauer in Ebersdorf ins Quartier gebracht. Hier lag er in einem kleinen Käm merchen, das aufder einen Seite mir der Braue rei, auf der andern mit einem ungesunden feuch ten Hose in Verbindung stand. Er war äußerst schwach, niedergeschlagen, todtenbleich. Seine Gedanken hingen nicht zusammen, die Stimme versagte ihm oft, und er klagte über Schwere im Kopse. Das Deckbett war ihm zu schwer, ob es schon sehr leicht war. Bis jetzt Hane man ihm säuerliche, mit Eis abgekühlte Ge tränke gegeben. Meine Gegenwart schien einen angenehmen Eindruck auf ihn zu machen. Der Wind hatte sich von Süd nach Nord gedreht, die Lust war kalt, da es die Nacht vorher sehr geregnet hatte. Ich ließ ihn mit Flanell bedecken und oft guten Bouillon und g«, ten Wein geben, das kalte Getränke aussetzen. Die Kräfte nahmen etwas zu ; der Schlaf war ruhiger. Den Tag darauf wurde der Verband erneuert. Der alte war von einer eiterigen Flüs sigkeit durchdrungen, der Stumpf am linken Schenkel hatte ein gutes Ansehen, die Wunde am rechten ließ ebenfalls keinen Zufall bemer ken. Wir bedeckten die Wundflächen mit Plu- maceaux, die mit Digestivsalbe bestrichen wa ren, und die Eomprcffen wurden mit warmem versüßten Wein befeuchtet. Die nächsten 24 Stunden gingen gut hin. Ich selbst täuschte mich nun; gegen die Hoffnung aller glaubte ich an Genesung. Aber in der Nacht vom 6tc» zum 7ten Tage der Verwundung zeigte sich ein gefährlicher Fieberanfall. Die Herreu Aoen, Lenfrank, Paulet und ich vereinigten uns zu ei ner Berarhschlagung; man kam überein, die China in starken Gaben zu reichen, und ihr Schwefeläther zuzusetzen. Der zweite Fieber, paroxismus 12 Stunden später, war schwä cher, der drille aber mit Jrrereden und einer völligen Abspannung der Kräfte verbunden. Die Gefahr nahm nun immer mehr zu. Noch zeig ten die Wunden keinen Zutritt des Brandes, aber die Eiterung hatte sich auffallend vermin, dert. G«,Maj. der Kaiser, von der Gefahr un terrichtet, besuchte ihn auf feinem Schmerzenla, ger. Auch ward der berühmte Frank zur Be- rachschlagung gezogen. Er billigte die bishe- rige Behandlung und blieb mit uns bei dem Kranken, dessen Kräfte nun immer mehr ab, nahmen. Er fiel in ein völliges Delirium, das aber von kurzer Dauer war und starb endlich einige Stunden darauf sehr sanft, den 9«» Tag nach der Schlacht, Wir