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verstanden wir die Schriften der alten Grie, chen und Römer nicht so deutlich und leben' big, als jetzt, wo wir Volksredner ebenso große Bewegungen haben hervorbringen sehen, wie in Rom und Athen, Dämagogen tausch, ten das Volk damals, wie jetzt, und stürzten es in Jrrgänge, wo es seine Selbstständigkeit und Freiheit bedroht sah. Die langen Reden im Livius und Iulius Cäsar kamen uns sonst als Geschöpfe der Einbildungskraft der Histori ker vor, und in unsern Tagen sprachen Feldher ren zu ihren Soldaten vor und nach der Schlacht, in Reden, welche gewaltige Funken sprüheten, Lust zu Heldenchaten in jedem Gemüthe erweck ten, und den Tod für das Vaterland als die größte Ehre darstellten. In einem kurzen Zeiträume haben wir meh rere Völker alle Gtaatsformen durchwandern sehen; wir haben Republiken entstehen, 'und bald wieder in Monarchien übergehen sehen. Das Schauspiel, das wir in wenigen Jahren erblickt haben, hat uns alle Gestalten der Vor, Welt wieder vorgeführt; heute sahen wir jemand von dem Volte abgebetet, den es morgen unter Verwünschungen aus das Schafot schickte; alte Reiche, die man für die Ewigkeit gebauet hielt, stürzten plötzlich in Nichts zusammen, und ver, schwanden aus der Reihe der Staaten. Allein so gehaltreich dies Schauspiel im Großen ist, so verderblich und blutig ist es für die Einzel, ncn, die heute wohlhabend, und morgen bettel arm dastanden. Wenn aber dieser Kampf mit der Zeil aus- Mnipst, und auf die Stürme Friede erfolgt ist, müssen die, welche die Zeit verstehen, die Lehren und Warnungen zum ewigen Andenken niederlege», die eine solche furchtbar schauerliche Zeit nur zu nachdrücklich gepredigt hat. Die Menschen zeigen sich ihres Dasshns nur dann werth, wenn sie die Zeit nicht blos klug, son dern auch weise gemacht hat. Was geschehen ist, das muß auch für die Nachwelt Nutzen ha ben. Die Experimente unserer Tage müssen für unsere Nachkommen theils als Schreckbilder, theils zur Aufmunterung dienen. Wir sind da, die Erfahrungen zu sammeln, welche die Ge genwart in so vielen Gestalten aufstellt, und sie mit aller Kraft und Lebendigkeit in die Annalee der Geschichte einzutragen, damit nicht ferner auf den Menschen der Vorwurf laste, daß sie nie klug werden, daß sie immer wieder die Feh, ler begehen, welche sie schon lausend Mal ge macht haben, und daß alle Geschichtswarnung für sie vergeblich sey. Eine solche Anklage, die immer wiederkrhrt, muß endlich grundlos ge, macht werden, und die Gegenwart und Zukunft müssen aus der Schule dessen, was wir erfah ren haben, gewitzigt herauskreten. Wir aber, die wir noch in Stürmen leben müssen das als Manner ertrage», was wir aus Kurzsichtigkeit oder aus Eutmüthigkeit verschul det haben. Die Zeil hat uns Vieles entbeh ren gelehrt, sie muß uns aber auch noch han deln lehren. Unnützes Wortgepränge muß den Thaten Platz mache», welche von uns die Zeit erwartet; denn wir sind aufgerufen, mit dem Bösen zu kämpfen, und Gutes zu thun. Was nicht mehr in unsere Lage paßt, das muß durch etwas