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84 Paradoxien über Liebe, Ehe und Freund schaft. r. Die Liebe ist ein Feuerrad, das durch «in Paar blaue oder schwarze Augen angezün det in Brand geräch, und sich dann seuerspru- delnd in schnellen Kreisen umdreht, aber bald verlischt. — Der Ehestand ist der dunkle hol zige Körper, der zurückbleibt, welcher auch noch, obgleich schwieriger, in Brand gerachen kann, und nur langsamer, aber milder verglüht, oft mals blvs verkohlt. 2. Der Ehestand ist eine Bouteille, in welcheHwei Liebende hineinkriechen; worauf so dann «in Geistlicher oder eine Municipalität den Pfropf setzt und sie mit dem Ceremoniel der Trauung formaliter »erpicht. — In den Vor zeiten, wo man alles haltbarer und auf längere Dauer machte, und fester vermörtelte, ver kalkte, verkorkte und verpichle, mußte man wohl drinnen bleiben, wenn man einmal drin faß, und kam nicht eher wieder heraus, als bis der Tod oder die Landesregierung den Kork ab- zog. — In neuern Zeiten, die durch Genialität, Frivolität und Freiheit vorwalten, ist man da hinter gekommen, den Kork trotz der Verpichung, wie Briefe, trotz dem Siegel, zu lüften, und neben jenem hinaus-, wie neben diesem, hinein zu spatzieren nach Gefallen. z. Lieben oder Verliebtseyn ist eine poeti sche Sublimazion der. Gefühle, welch« am be sten durch den priesterlichen Gegen pracipftitt wird, und das Product dieses Niederschlages sind — Schreihälse. 4. Freundschaft ist ein guter Rheinwein, der mäßig erwärmt, stärkt, wohlthut, und mit den Jahren immer kräftiger, wohlthätiger und reiner wird, indem er den Weinstein, wie jene die moralischen Schlacken, immer mehr und mehr absetzt. — Liebe ist ein sprudelnder Champagner, der exaltirt und in Feuer und Flammen setzt, dessen lieblicher Rausch aber so leicht und flüchtig wie er selbst ist. 5. Freundschaft ist eine Menuet, mit ei ner ehrbaren Jungfrau geranzt, welche nicht erhitzt, nicht ermüdet und nicht erschöpft, und welche man bis ans Ende seines Lebens tanzen kann. — Liebe ist eine Ecossaise, ein Walzer, ein Hopser, der göttlich echausfirt und erschöpft; ein lustiger, wirbligter Tanz, der gesunde Brust und Waden erfordert.' 6. Freundschaft ist ein festes Boot an dem Kriegsschiffe des Lebens, in welches wir uns bei seinen Stürmen und Klippen hineinwerfen und sichern können. — Liebe ist ein Garne« rinscher Luftballon, welcher schnell und hoch über die Erde und das Irdische hebt, uns aber nur zu bald wieder in den Erdenschmutz zurück wirft, wobei wir nicht selten Hals und Beine brechen. — Die Ehe ist der Fallschirm, wel che uns ziemlich unmerklich und ganzbeinig wie der aufs Trockene setzt.