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ZS sem Worte zusammen, und setzt es dem Männ- lieben und Jungfräulichen entgegen. So war es — aber es blieb nicht so. Wo eine Nation.nichts gilt, hört das Individuum auch bei seinem entschiedenen Werthe auf, viel zu gellen. Fremde Achtung ist sehr oft die Stütze unserer eigenen. Die politische Nichtig« keil der deutschen Nation hat auch den einzelnen Deutschen nm seine Selb,Müdigkeit gebracht. Ausländer kennen seinen Werth nicht, und er fieng darum selbssan, ihn zu bezweifeln, denn fremder Glaube ist nur gar zu oft der zureichen de Grund unseres eigenen Glaubens, und es gehört mehr Muth dazu, als mancher denkt, gegen einen allgemeinen Glauben zu zweifeln, oder gegen einen allgemeinen Zweifel zu glau, den. Wenn auch der Deutsche je wieder mit die sem Gefühle als Glied eines geachteten, großen Ganzen austrelcn sollte, so soll er cs doch nicht als Bürger Eines großen Staates. Er hat bis jetzt schon viel verloren, aber dadurch al lein würde er noch mehr verlieren, alS er je verlor. Die schwerste Krankheit der Völker ist vielleicht die Größe der Staaten, und ihr größ tes Uebel ist gerade ihre Größe. Das leben dige Einzelne verliert sich in der tobten Masse. Reines frisches Wasser hält sich nur in rege» Dachen und Strömen; in Meeren gesammelt, hört es auf trinkbar zu seyn. Wenn Selbstvertrauen auch nicht immer ein Beweis von Kraft ist, so ist doch alle Kraft ohne dasselbe ein rodtes Kapital; und Selbst vertrauen fehlt dem Deutschen, Mit dem Ge brauche seiner Kraft lernt der Mensch ste kennen. Der Deutsche konnte sie, als Deutscher, lan ge nicht kennen lernen, oder üble sie im brüder lichen Zweikampfe gegen sich selbst, und verlor auf der einen Seite als Besiegter eben so viel, als er auf der andern als Sieger gewonnen halte. ^--Mt kindlicher Blödigkeit — ohne darum noch immer kindliche Sillen zu haben — nimmt der Deutsche die arrogante Anmaßung des Aus länders für Superiorilät, und, Kindern ähn lich, findet er nicht selten den Pumpernickel, der aus der Fremde kömmt, schmackhafter, als Hausgebackenes Waizenbrod. Nur wer sich selbst achtet, darf Achtung von Andern fordern» Armes verkanntes Volk, das geduldig das Kreuz seiner politischen Nichtigkeit auf sich nimmt und trägt, solltest du dann wirklich ewig dazu verdammt seyn, gleich den Juden unter allen Nationen zerstreut, den fleißigen Aushel- ser und Handlanger zu machen, ohne je wieder im Ganzen selbst etwas zu seyn! In London, Rom, Paris und Petersburg, und auf dem weiten Gebiete der nordamerikanischen Staaten fehl ihr das deutsche Talent geschätzt, die deut sche Tugend geachtet, und den deutschen Fleiß belohnt, uud warum in Deutschland so selten? Wenn di« Fürsten und der Adel Deutsch lands mit weinenden Augen auf die gegenwär, tige Lage ihrer Staaten sehen, dann können sie in ihrem Gewissen nur sich anklage». Ihr, oder ihrer Ahnen Werk ist's! — Auch wenn man den Haß der feindliche» Brüder avrechnet, der in dieser großen Familie, in ewigen, ver derb-