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8. Stück. Sonnabends den 20. Februar 18^8. Ein Wort über die Deutschen. Der Deutsche, sagt mau, ist kein Staats» bürger. Das mag in einer gewissen Rücksicht wahr sepn; aber er ist mehr noch als Staats bürger, er ist Weltbürger, und schätzt und liebt das Nützliche und Gute, unter welchem Him melsstriche er es auch findet. Da das weit schichtige Gebiet, aus dem die deutsche Zunge herrscht, in mannichsaltige Staaten zersplit tert ist, so hat dem Deutschen keine Hauptstadt ihren einseitigen Geschmack, und keine bestimm te Regierung ihre Grundsätze, Ansichten und Vorurtheile aufgedrungen. Mit menschlicher Theilnahme schließt er sich an alles Menschliche an. Da ihm sein Vaterland auf eine gewisse Art fremd ist, so vermag er es, auch die Frem den mit kosmopolitischem Sinne in den weiten Kreis seines Vaterlandes zu ziehen. Da er keine Hauptstadt, als den Maaßstab des Höch sten und Größten, an jedem Fleck der Erde an legt, so siebtes für ihn noch einen höhernHim mel, als den von London und Paris, und er ergreift in jedem Lande, in jeder Sprache, das Wahre, Gute und Schöne mit reinem Sinne. Treue, Redlichkeit, Geradheit und Keusch heit waren germanische Tugenden, die der Sohn vom Vater erbte. Ein Manu, ein Wort', sagte der Deutsche, und die Kraft war eine Zwil- lmgsschwester der Aufrichtigkeit; und Lüge, Heuchelei und betrügerisches Wortgepränge wa- rcn dem deutschen Karakcer fremd. Ein Mann, ein Wort! Die Sprache selbst hatte den höch sten Adel der beiden Geschlechter in den beiden Worten: ein Mann, eine Jungfrau, ausgedrückt. Der höchste Werth des Mannes lag in seiner Männlichkeit, der höchste Werth des Mädchens, in seiner Jungfräulichkeit, und an die Stelle der Jungfrau konnte mit gleichem Welche nur die keusche Mutter treten. Die Sprache eines Volks ist ein wesentli cher Theil seiner Karakleristik. Jungfräulich keit nennt der Deutsche nicht gerade Unbekannt schaft des einen Geschlechtes mit den Geheim nissen des andern; sondern für ihn giebt es ei nen jungfräulichen Sinn, eine jungfräuliche Schaam, eine jungfräuliche Zartheit, eine jung fräuliche Schüchternheit und Bescheidenheit. In der Volkssprache nennt der Deutsche den Mann ohne Männlichkeit, nämlich ohne Muth und Wahrhaftigkeit, eine Hure. Er faßt das Niedrige, Feige, Schmutzige und Feile in die sem