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»98 kegift nie die falsche, sondern ächte Dac- cine hervorbriagt. Leichter und sicherer wird mit Schafpok- ke n geimpft. Diese Impfung mit der gewöhn lichen Vorsicht, wie bei der Vaccine, gemacht, schlägt jedesmal gut an, und hat vollkom men die gleiche Wirkung, wie das Kuhpocken gift. Zu Pesaro wurden im I. 1804 unge fähr hundert Personen mit Schafpocken geimpft. Nachher brach eine mörderische Epidemie der wirklichen Pocken aus, die zu Pesaro und in der Gegend drei Jahre lang anhielt. Aber von alle» mit Schafpocken Geimpften ward kein Einziger durch die natürlichen Blattern ange, griffen. Naturhisiorisch interessant ist noch folgende Thatsache. Werden Schafe unmittelbar von einem Schafe mit der Schafpocke geimpft: so verbreiten sich die Blattern über den ganzen Leib des Thiers. Ist hingegen das Gist vorher durch den Leib eines Menschen oder einer Kuh gegangen und von diesem genommen: so bewirkt es blos einen örtlichen Ausbruch an der Jmpsungsstelle des Schafes. Der ärztliche Scharfblick. Der Dr. L — zu B..., bekannt als ein guter Arzt und jovialer Mensch, befand sich vor Kurzem am Tische eines Freundes; eine heitere Gesellschaft stimmte zu guter Laune, und man trank ein Gläschen des köstlichen Weines mehr als gewöhnlich. Doktor X fühlt sich so eben ein wenig vom Weingeist aufgereitzt, als er zu einem plötzlich erkrankten Kinde in die Nachbar schaft gerufen wird. Ergeht, findet das Kind o^ne Besinnung, äusserst erhitzt, und Hörr, daß dieser Zustand ohne alle merkliche Zeichen eines Ueberganges eingetreten sep. Er greift an des Kranken Puls, schüttelt zweifelhaft den Kopf, wiederholt die Untersuchung, kopfschüt telt aufs neue, greift dann an seinen eigenen Puls, dann wieder an den des Kindes, und sagt endlich mit festem Tone: „ Das Kind ist betrunken!" Die Umstehenden lächeln, die Mutter wi derspricht dem Arzte; dieser fängt noch einmal die Manipulation an, untersucht des Kranken Puls, dann seinen eigenen, wieder den des Kindes, und versichert dann noch einmal und ganz entschieden: „ Das Kind ist wahrhaftig betrunken! Lassen Sie es ausschlasen, und fürchten Sie nichts." Die Mutter kann sich nicht von der Wahr heit des Ausspruchs überzeugen. Der Arzt bit tet, daß man die Wärterin» des anderchalbjäh, rigen Knaben herbei rufen möge: dies geschieht. Er fragt, was mit dem Kinde vorgefallen sey; sie stockt; er setzl ihr härter zu, und sie gesteht, daß der Kleine in ihrer Abwesenheit — einen ziemlichen Trunk Branntewein, den sie, um eine Flasche zu leeren, in ein Trinkglas geschüt tet hatte, genossen habe, wahrscheinlich in der Meinung, daß es Wasser sep. „Schn Sie, — spricht Doktor X — „das wußte ich wohl, Für einen solchen Zustand be sitze