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Möglich gehalten hatte. Von Spanien aus war er über zwei wolkenhohe Gebirge, über die Klip» pen der Pyrenäen und über das Eis der Alpen gestiegen, ein Zug, der ihn allein unsterblich machen würde und der weder mitAlexanders Zügen, noch mit den Alpenfahrten unsrer Tage — so sehr sie auch angcstaunt werden — ver glichen werden kann. Ein afrikanisches Heer, an glühende Hitze gewöhnt, ein Gefolge von Elephanten, sonst nur in Ebenen brauchbar, Tausende von Pferden, die über Klippen und Eisschollen an der Hand geleitet werden muß, ten und ost ihre Führer mit sich in den Abgrund rissen, ein nie betretenes Land ohne Wagenspur und ohne gebahnte Wege, noch durch keine Charle den Reisenden vekannt, bewohnt von wilden Gallierhorden ohne Städte und Dörfer, von Räubern, die den Zug des Hannibal durch tausend feindliche Angriffe aus unerwarteten Hinterhalten beunruhigten; entblöst von allen Lebensmitteln für Menschen und Vieh; eine Jahreszeit endlich, in welcher selbst jetzt, da diese Länder bewohnt und angebaut sind, kein Wanderer die Reise wagen würde, (es war im November) — alle diese Hindernisse waren dem kühnen Muche Hannibals ein Spiel. Mit um begreiflicher Schnelligkeit führte er seine 59222 Afrikaner über die Pyrenäen nach Frankreich, pastirte oberhalb des heutigen Avignon den Rho- danns (die Rhone) und erreichte von hier in zehn Tagen unter unaufhörlichen Gefechten mit den wilden Galliern den Fuß del Alpen. Hier schienen die strengste Kalte und der wülhendste Hunger seiner Kühnheit ein Ziel zu setzen; aber nicht so. Wie fürchterlich steil die eisigen Zak, ken der Gletscher (Eisberge) auch schienen; den noch gab er Befehl zum Klettern. Und was dies Wagestück noch mißlicher machte, aus den glättesten Wegen und an den steilsten Abhängen stürzten nicht selten verborgene Gallier aus dem Hinterhalte hervor und zwangen die erstarrten Klimmcr zum Fechten, oder sie wälzten (als 1>rol) von dem Rücken der Berge Baumstäm me auf sie herab, die ganze Glieder der Kar, thager mit Pferden und Gepäck in Abgründe stürzten. Endlich nach neuntägigen rastlosem Klettern, bei dem einige tausend Menschen theils u.der größte Theil der Lastthiere vor Hunger und Kälte, theils durch feindliche Uebersalle umge, kommen waren, erreichte Hannibal den Gipfel des Berges Viso, auf welchem der Po ent- springt, eine der höchsten Alpenspitzen. Hier zeigte» sich ihnen zuerst in weiter Ferne die grü- nen Wälder und Gefilde des milden Italiens. Auf sie vertröstete der Feldherr seine bleichen, ausgehungerten und fast erstarrten Krieger, die er in diesen luftigen Schneegefilden zwei Tage ausruhcn ließ. Das Hinabsteigen hatte fast noch größere Schwierigkeiten, als das Hinauf, klettern. Viele wurden in Abgründe begraben, die mit Schnee zugefüllt waren, viele sanden unter Lavinen (Schneefällen) ihren Tod. Ein, mal bor sich den Wandernden eine Kluft dar, die nicht anders umgangen werden konnte, als dadurch, das ei» Weg durch Felsen gehauen ward. Hannibal ließ die Steine sprengen und so ward ein verdeckter, enger Gang ausgehöhlt, der noch jetzt j» sehen ist, fast zwei Stunden lang