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66 mit Vaterlandsliebe, Thatendurst und Römer haß, führte gerade zu der Zeit ein Comando in dem damals noch wilden Spanien. Er achtete die römi.che Anmaßung mcht, ging mit seinen Afrikanern über den Demarkationsfluß und er oberte Sagunt. Die Romer berüchtigten ihn des Friedensbruchs, schickten nach Karthago und verlangten, daß man ihnen den verwegnen Feldherrn ausliesern sollte. Die Rathsherrn im Senat, durch den bittersten Parteigeist in zwei feindselige Factionen gespalten, zaudern lange und können sich nicht vereinigen. Die römischen Gesandten dringen endlich auf eine bestimmte Antwort, und einer derselben, des langen Redens müde, faßt zuletzt den untern Zipfel seiner Toga zusammen und spricht: „ Hierin liegt Krieg und Friede." Sagt kurz, rvas ihr wollt! „Wir wählen nicht, antwor tete ihm eines der Häupter der Stadt, gib, Ivas du willst!" „Nun so sep es Krieg!" ries der Römer und ließ den Mantel auseinan der fallen. Don diesem Tage an begann der zweite punische Krieg, der das stolze Rom dem Untergange nahe brachte, und es gewiß von sei ner Höhe herabgestürzt haben würde, wenn Machdruck und Einigkeit in dem Senate der Handelsmänner von Karthago geherrscht hätten. Denn ein Feldherr trat jetzt gegen Rom auf, der an Geistesgröße und Heldenmuth in der Weltgeschichte nur wenige seines Gleichen hat. Hannibal eilte, den Schwur zu erfüllen, den er einst als Knabe am Altäre in die Hände sei nes tapfer» Vaters niedergelegl halte. In ihm sahen die Soldaten mehr als einen Hamilkar; wie der Kriegsgott selbst schritt er durch ihre Reihen; aus dem Feuer seiner Augen blitzte die Kühnheit seines Geistes hervor; die WÜ'de sei ner Züge verrielh die besonnene Klugheit; Gang und Stimme den angebohrnen Herrscheradel. Keine Gefahr konnte seine Geistesgegenwart er schöpfen, keine Strapatze seinen Körper ermü den. Unempfindlich gegen Frost und Hitze, gleichgültig gegen die Wollüste der Schwelger, ungebunden an bestimmte Zeiten des Schlafens und Wachens, begehrte er vor dem geringsten Soldaten nichts voraus. Oft schlief er unter seinen Wachen im Kriegsrocke aus bloser Erde, in seiner Kleidung war nichts, das ihn auszeich- nele. Er war der Erste ins Treffen hinein, der Letzte aus dem eroberten Schlachtfelde. Murrte auch zuweilen der Soldat über die Beschwer den, Entbehrungen und Gefahren, in welche er ihn nachzog; — ein Blick, ein freundliches Wort von Hannibal versöhnte alles wieder. Wer denkt hier nich an Friedrich II. und Napo leon I. ? Aber solche Männer müssen auch an der Spitze der Heere stehen, wenn ihre Anstren gungen gelingen sollen; denn ein solcher Mann ist mehr wcnh, als ioo,coo menschliche Kriegs maschinen. Die Römer machten sich gefaßt auf einen Krieg zur See, und entwarfen allerlei Pläne, den Feind in Spanien anzufallcn. AVer ehe man noch damit fertig mar, stand Hannibal schon — allen unerwartet — mit Elephanten, numidischen Reitern und Fußvolke in Italien, und von einer Seite war er herein gebrochen, aus welcher man einen Einfall gar nicht für möglich