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301, 30. December. Nichtamtlicher Theil. 524? hervorgehen — statt der Schlüsse, die Hr. Kaiser zieht —, daß sie eine richtige ist, s. Zt. aber fallen gelassen werden wußte, weil die Vor bedingungen zu ihrer Verwirklichung noch fehlten. Die Zeiten haben sich aber so gründlich geändert, die staatliche und gesetzliche Zer rissenheit hat aufgehört, die Verkehrsanstalten bieten so enorme Er leichterungen, daß jetzt der Realisirung der Springer'schen Idee (sie ist, nebenbei gesagt, von vielen Buchhändlern getheilt worden) eigent lich nichts mehr im Wege steht, als die süße Gewohnheit des Alther gebrachten. Hr. Kaiser weist darauf hin, daß in jetziger Zeit der Detaillist durch directen Bezug vom Fabrikanten seinen Nutzen vergrößern will. Ganz recht, das möchte der Sortimenter aber auch! Oder meint Hr. Kaiser, der Weg über Leipzig sei ein directer? Ein voll ständig durchgeführter directer Bezug ist im Buchhandel unmög lich, wie wohl Jeder ohne Beweisführung zugeben wird. Der directe Bezug kann aber zusammengefaßt und auf einen Punkt vereinigt werden, und wenn Hr. Kaiser ihn für Partien dieses oder jenes Buches zugibt (was spesenfrei doch auch nicht geschehen kann), — warum denn nicht für Alles? In diesen handelspolitischen Auslassungen merkt Hr. Kaiser nicht, daß er sich in einem kleinen Jrrgange befindet, indem er den geborenen Zwischenhändler zwischen Producent und Consument, den Detaillisten oder in unserem Falle „Sortimenter", als solchen nicht anerkennt, nur weil er mit einem Fremdworte betitelt wird. Erst der Großsortimenter soll („sehr richtig und besser"?) Zwischen händler benannt werden. Da sage man doch lieber: der große und der kleine Zwischenhändler. Da wir also schon Zwischenhändler haben, können wir die neue Organisation nicht nochmals Zwischen händler nennen. „Sortimenter" und „Zwischenhändler" wäre auch eine kaufmännische Anomalie. Das Gescheideste wäre ja, wenn die Zwischenhändler (Sorti menter) gar nicht existirten, sondern die Consumente» (Publicum) direct vom Producenten (Verleger) kauften. Dann könnten die Ladenpreise um mindestens 25 A niedriger sein. Nun das geht nicht und das Sortiment hat sich naturgemäß herausgebildet aus den Urformen des Verkehrs. Da diese Zwischenhändler also vor handen sind und sein müssen, muß ihnen auch gestattet werden, sich eine Organisation zu geben, die sie, und nicht der Fabrikant (Ver leger), für die nutzbringendste und beste halten Weswegen der Verleger nicht an den Frachtkosten theilneh- men kann, verstehen wir nicht. Der nicht in Leipzig wohnende Verleger trägt jetzt doch auch die Fracht nach Leipzig oder hat dort für Lager und Auslieferung Gebühren zu zahlen. Er kann umso mehr die Last auf sich nehmen, wenn das Verfahren der so rühmend erwähnten Firmen Hirschwald rc. Verallgemeinerung findet, und durchweg nur mit 25U geliefert wird. Daß diese Rabattverkürzung die Ladenpreise billiger macht, dürste auch eine der vielen Illusionen sein, mit denen wir, höchst unkaufmännisch, einfachen Geschäfts gewinn bemänteln. Diese Gegenkritik mußte vorausgeschickt werden, um dann Hrn. Kaiser in seiner Polemik gegen das „persönliche" Großsorti ment Recht zu geben, und damit kommen wir zu 2. die Macht, die der Privatbesitzer eines Großsortiments erlangt, könnte für das gesammte Sortiment den Ruin bedeuten. Sitzt derselbe erst fest, so würde das menschlich Naheliegende sehr schnell folgen: er würde mit diesem oder jenem Sortimenter in Zwiespalt gerathen, dorthin dann direct an das Publicum liefern und hierfür immer mehr Geschmack bekommen. College Heyfelder sagt für diesen Fall auf S. 102 der Weimarischen Verhandlungen: „Die Verleger würden in letzterem Falle alle Vergünstigungen, da mindestens überflüssig, zu verweigern, die Sortimenter ihren Bedarf von anderer Seite zu beziehen haben." Eine derartige Resolution klingt ebenso schön, wie die des Eise nacher Sortimentertages, ist aber auch ebenso ohnmächtig. Wir möch ten die Verleger sehen, die den dann unterdrückten Sortimentern bei springen durch Nichtlieferung an das Großsortiment. Als wir in diesen Wochen einem Leipziger Großsortiment Baar-Rabatt und Freiexemplare kündigten, lautete die Antwort: Sie sind nun der Dritte im Bunde! Also nur drei Verleger nach allen Resolutionen, Nothschreien und directen Aufforderungen der Sortimenter! Und später, wenn die Verleger die Süßigkeit des großen und glatten Ge schäftes mit dem Großsortiment erst kennen gelernt haben, sollten sie Neigung verspüren, dieses aufzugeben, um den Einzelsortimenter zu erhalten? Wer will das glauben? Doch nur derjenige Sortimenter, der auch glaubt, daß jeder Verleger oo ipso ein reicher Mann ist, der, ohne die Sorge des täglichen Brotes für Weib und Kind zu haben, nur seinen Idealen zu folgen braucht. Sind die Sortimenter überhaupt noch existenzfähig, wenn sie in einen Kampf mit ihrem Großsortiment gerathen? Greift Leipzig jetzt schon so gewaltig ein, daß sein Druck bis in die entferntesten Winkel Deutschlands zu spüren ist (die Oesterreicher werden ihn infolge des ermäßigten Packet-Portos auch bald genießen), so wird das Local-Großsortiment, welches das Terrain vollkommen kennen gelernt hat, nichts mehr aufkommen lassen. Also, warum sich abhängig machen von die Existenz vernich tenden Eventualitäten, wenn man es in der Hand hat, durch ein Vereins-Sortiment nicht nur Herr daheim zu bleiben, sondern auch den ganzen Gewinn einzustecken, der sonst einem Einzelnen zu fallen würde! Ein Vereins-Sortiment macht auch den Satz des Hrn. Hey- selder auf S. 101 u. 102 der Weimarischen Verhandlungen, betreffs Extra-Vergütung der Verleger an den Großsortimenter, der Hrn. Kaiser bös gemacht hat, hinfällig, denn die Sortimenter Wollen für ihr Vereins-Sortiment keine Wohlthaten. 3. Hr. Frommann stellt in Nr. 293 d. Bl. viele Fragen, die in den Schlußsätzen s. und b auf schon oft Verhandeltes und Fest gestelltes zurückführen. Wir möchten darauf nur eins bemerken: Mit einem Schlage werden geschäftliche Reformen nie durch geführt werden. Die Schaffung von Vereins-Sortimenten ist nicht schwierig, kann vereinzelt vorgenommen werden und die Verkehrswege werden sich sehr schnell dahin reguliren lassen. Als Ucbergangs- stadium wird Leipzig seine Commissionsstellung behalten und für das Ausland ebenfalls. Warum sollte ein Verlagsort wie Stuttgart, um nur ei» Beispiel zu nennen, nicht direct an Vereins-Sortimente in Frankfurt, München rc. senden können, und nebenbei über Leipzig nach dort, wo man diese noch nicht errichtet hat? Wir sehen in den Vereins-Sortimenten weder eine großeUmwälzung, noch ein gefähr liches Experiment. Es ist die natürliche Fortentwickelung unseres bisherigen Systems, hervorgerufen durch die erdrückende Centra- lisation in Leipzig und begünstigt durch die leichten Verkehrswege und Mittel. 4. Es ist nicht nöthig, wörtlich den Schulze-Delitzsch'schen Ge nossenschaften zu folgen. Man könnte außer dem eingezahlten Ge schäftsanteil noch eine Garantie bis zu einer gewissen Höhe, von jedem Mitgliede, einrichten. Der Betrag der Garantie wird in der Mitgliederliste als rechtsverbindlich verzeichnet. Dadurch würde wohl noch eine klarere Basis des Credits geschaffen, wie bei der Solidarhaft. Es würde also ein Antheilfonds vorhanden sein, und ein nicht eingezahlter, in Nothfällen aber stets zu benutzender Garantiefonds. 5. Auch die sechsmonatliche Kündigung, welche der Solidar haft der Genossenschaften anklebt, müßte fallen. Statt dessen werden die Geschäftsantheile als unkündbarer Fonds angesehen. Nur in 722*