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12412 virlnidlcm I. > rische vuch«»nd,l. Künftig erscheinende Bücher. ^lk 240, 14. Oktober 1912. Das Buch des „Aber noch höher, als das Buch der Frau von Leyking, „Briefe, die ihn nicht erreichten", bewerte ich die Tagebuch- blätter „Friedenssucher" von Otto Nell". (F. W. van Oesteren in der „Neuen Freien Presse".) Seelenfriedens und der Lebensfreude. (A In einigen Wochen erscheint bei mir die seit längerer Zeit erwartete 2. Auslage des Buches! Friedenssucher Tagebuchblätter herausgegeben von Otto Nell (Lanna Gräfin O'Donell). Preis broschiert Mark 3,50, in Leinenband Mark 4.50. Bedingungsweise mit 30°/^; bar mit 35^ und >1/10. (?Xas Buch erregte bei seinem ersten Erscheinen nicht geringes Aufsehen, und die bedeutendsten Rezensenten ^ widmeten ihm mit Recht spaltenlange Besprechungen. Das Publikum brachte ihm mit sicherem Ge fühle größtes Interesse entgegen, so daß es bald vergriffen war. Auch jetzt wieder dürfte es stark begehrt werden, und es wird wohl stets einen bevorzugten Platz in der Literatur einnehmen. Ein stilles, vornehmes, tiefes, ernstes Buch, Es ist mehr, als ein bloßer Roman in Tagebuchform, Im Gegensatz zu dem Buche der Baronin Leyking, „Briefe, die ihn nicht erreichten", das Schwermut ausströmt und lebensverneinend wirkt, klingt der „Friedenssucher" in Lebensbejahung aus. Der Leld des Romans ist ein katholischer Priester, dessen Wiege in dem Stammschloß einer Familie der österreichischen Locharistokratie gestanden hat. Ein Gelöbnis der bigotten Mutter und Standesrücksichten zwingen den sensitiven und wissensdurftigen Jüngling in den geistlichen Stand hinein. Er hat auch den besten Willen, seiner Kirche zu dienen, aber nur zu bald kommen Zweifel, und sie mehren sich und werden immer quälender, je mehr er sich der ungeheuren Kluft bewußt wird, die die moderne Bildung von der Welt anschauung der katholischen Kirche trennt. Noch tiefere Einblicke in die Unzulänglichkeit der Mittel, mit denen die katholische Kirche dem seelischen Ringen unserer Zeit gegenübersieht, gewinnt er dann als Priester. Im Beichtstuhl, im persönlichen Verkehr mit seinen Pfarrkindern, wo er Trost oder moralische Lilfe spenden soll, erkennt er, wie armselig und nichtssagend das ist, was ihm seine Kirche zu diesem Zwecke in die Land gibt, und so kommt er endlich dahin, daß er, innerlich seiner Kirche und seinem Amte völlig entfremdet, das selbe nur noch unter bittersten Seelenkämpfen ausübt. Dazu kommt noch die Liebe zu seiner Schwägerin, einer an der Seite seines verknöcherten Bruders unglücklich gewordenen Frau. Diese Liebe vollendet den mora lischen Zusammenbruch. Im Glühen der Leidenschaft sinkt er vor der geliebten Frau auf die Knie und fordert sie auf, mit ihm zu fliehen. Aber sie, obwohl sie ihn liebt, weist ihn zurück. Ihre Mutterpflicht ist ihr Schild gegen sein Ungestüm. Da fällt er in schwere Krankheit und geht nachher, seiner Priesterwürde entbunden, aus Reisen. Fünfzehn Jahre arbeitet er bei einem ihm befreundeten Plantagenbesitzer auf Java und widmet sich nebenher naturwissenschaftlichen Studien. Und aus Arbeit und Studium erwächst ihm der Frieden des Lerzens, so daß er endlich auch daran denken kann, in die Leimat zurückzukehren Ein schöner Bund seelischer Freundschaft verbindet nun die beiden Menschen, die ihrer Liebe entsagt haben, und diesem Bunde entsprießen Blumen edelster Menschlichkeit. Das Buch ist das Bekenntnis eines Menschenkindes, das sich zum Lichte durchrang, und das da lernte, daß Mensch zu sein die wichtigste, ja einzige Aufgabe auch eines Priesters und Adeligen sei; ja, es ist mehr noch als das, es ist geradezu ein Brevier gesunder Weltanschauung und Lebensführung. Es ist ein in edlem Ton und mit überzeugender Kraft erschallender Appell nicht nur an die Standesgenoffen, sondern an alle Menschen, die da selbst guten Willens sind, Reife, Licht, Freude und Frieden zu suchen.