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12390 Lürittibiaü s. o. Dtiqn. «ucyhanoeL Nichtamtlicher Teil. ^ 240, 14. Oktober 1912. schon früher veröffentlichte Romane von gutem Durchschnitt. Inwieweit Vas Prokrustesbett eines ganz bestimmten Spalten umfangs zu Kürzungen resp. Einlagen zwingt, habe ich nicht kontrolliert. Die Zeitungen zum Preise von 10 H Pro Num mer dürften besonders im Bahnhofsbuchhandel den Büchern einige Konkurrenz machen. Der Verlag Scherl hat seine M i t t a g s ausgabe des Lokalanzeigers eingehcn lassen, so daß auf diesem Gebiet die Ullsteinsche »B. Z. am Mittag« wieder allein herrscht. Nachdem Vor einiger Zeit Rudolf Mosse eine Export wochenausgabe des Tageblattes begründet hat, hat auch Scherl seiner Woche eine Exportbeilage beigefügt. Beides zeigt, welch starkes Interesse von seiten unserer großen Zei- tungsberleger jetzt dem Auslandshandel entgegengebracht wird. »Die neue Zeitschrift« will Hans Ostwald eine Wochen schrift nennen, die er in nächster Zeit herauszugeben gedenkt. Sie soll den Gebildeten auf allen Wissensgebiete» aus dem lau fenden erhalten und ihm alles Wesentliche und Wichtige, was sich in Kunst, Wissenschaft, Politik, Arbeit und im öffentlichen Leben ereignet, in gedrängter und übersichtlicher Form über mitteln. Hervorragende Sachverständige sollen aus allen Spezialfächern das Wesentliche Mitteilen. Außerdem soll jede Nummer zugleich einen gründlichen überblick über einen besonderen Stoff, von verschiedenen Autoren bearbeitet, brin gen, zum Beispiel über die Kunstausstellungen des Som mers, über Fortschritte der Technik, über Sport, Mode, Frauenbewegung, Friedensfrage, Fllrsorgewesen usw. usw. Bei dieser Produktion neuer Zeitungen und Zeitschriften erscheint es recht bedenklich, daß das Berliner Polizeipräsi dium die Absicht hat, den Verkauf von Zeitungen an den Sonn- und Feiertagen in den Kiosken und auf der Straße künftig auf die Zeit von 8—18 Uhr morgens zu beschränken. Auch wenn man prinzipiell für eine möglichst große Ein schränkung der Sonntagsarbeit ist, im Interesse der Ange stellten wie der Chefs, wird man die mechanische Gleich stellung des Zeitungsverkaufs mit den übrigen Gewerben bedenklich finden. Vielleicht würde sich wenigstens die Frei gabe der reinen Tageszeitungen für die Mittagsstunden — wodurch also die Konkurrenzgefahr für die Buchhandlungen ausgeschlossen würde — ermöglichen lassen (vgl. Bbl. Nr. 238. Red.). . ^ An nicht gerade sehr auffälliger Stelle — ich geriet beim Suchen zunächst in die übrigens wegen der älteren Stiche auch recht interessante Gartenbauausstellung —, hat der Maler I. V. Cissarz im Bibliothekssaale des Kunstgewerbemuseums eine größere Anzahl seiner Arbeiten zu einer Ausstellung vereinigt. Cissarzs Kunst hat eine diskrete Note; mag es sich um Briefköpfe, Ein bände oder Zeitschriftenumschlüge handeln, immer ordnet er sich dem Zweck wie dem Material unter. Auch wo es sich um Illustrationen handelt, begnügt er sich bewußt mit der reinen Flächenwirkung, unter Vermeidung jedes Bildhaften. Von den Briefköpfen erwähne ich hier die für Paul Parey und Adolf Bonz, unter den Zeitschrifttiteln: Deutsche Kunst und Dekoration. Kunst wart und Rhein lande. Die Zahl der Bucheinbände ist zu groß, um Proben zu bringen. Ob die sehr geschmackvollen Stofftapeten muster, auf denen ein Teil der Arbeiten lag, auch von Cissarz stammten, konnte ich leider nicht feststcllen. Die Ausstellungshallen am Zoologischen Garten brachten im September eine Modeausstellung, die, soweit ich beobachten konnte, nicht nur gut besucht war, sondern auch zahlreiche Käufe des meistens aus Damen bestehenden Pu blikums brachte. Der Begriff »Ausstellung« erfährt ja all mählich eine Wandlung, indem es weniger auf die Zurschau stellung einer besonderen Qualitätsleistung, als auf Bezah lung des betreffenden Standes ankommt. Für diese Art Messe Entree zu erheben, erscheint allerdings kaum gerechtfertigt. Unter buchhändlerischen und graphischen Betrieben be merkte ich Verlagsausstellungen von: »Deuts cheModen- Z t g.«, »Bazar«, »Die Praktische Hausfrau« und die Zeitschriften der Firma John Henry Schwerin. Von Agenturen: die Paris-New Uork Fashion Co. (amerikanische Damen - Journale), Arthur Tichauer, Favorit Schnittmuster-Dresden, Buch- und Kunstdruckerei Phönix. Auch eine Sortimentsbuch handlung, die junge Firma Neuß L Pollack, hatte einen Verkaufsstand. Als gutes Prognostikon möchte ich noch bemerken, daß die Ausstellung »Die Frau i n H a u s un d B e ru f«, die im vorigen Jahr an gleicher Stelle stattfand, wie jetzt fest- gestellt ist, mit einem Überschuß von 168 880 ^ abschlietzt. Auch in der jungen Kinobranche sind jetzt Kämpfe aus gebrochen, die die Festsetzung von Mindestpreisen zum Ziel haben. Wenn wir diese Branche mit dem Buchhandel in Parallele stellen wollen, so nimmt der Filmsabrikant die Rolle des Verlegers ein, die Filmverleihin st i- tute die Rolle des Sortimenters, während man die Theater, die endlichen Entleiher resp. Käufer des Films, schon als Publikum betrachten mutz. Filmfabrikanten und Filmverleiher haben sich zu Verbänden zusammengeschlossen und eine Kon vention geschlossen, die die für Leihgebühren der Films den Theatern gegenüber bestimmten Mindestsätze aufstellte, außer dem verlangte, daß die Theater künftig nur von den in der Konvention vereinigten Firmen beziehen sollten. Gegen diese scharfen Bestimmungen haben sowohl die unabhängigen Film verleiher als auch die Theater, die sich inzwischen zu einem festen Verband zusammengetan haben, Stellung genommen; sie erklärten, die ihnen durch die Konvention auferlegten Be dingungen: 1. höhere Preise für das Filmmaterial zu zahlen, 2. die Produktion der Firma Pathe und der anderen der Konvention nicht angeschlossenen Firmen nicht zu spielen, für unannehmbar. Sie stellen den in der Konvention vereinigten Firmen anheim, innerhalb acht Tagen obenerwähnte Bedin gungen zurückzuziehen, und fordern sie auf, gemeinsam mit allen Interessenten der Kinobranche in Unterhandlungen zur Schaffung geregelter Verhältnisse zu treten. Sollten die Kon ventionen erhalten bleiben, so werden die Unterzeichneten nach Ablaus der Frist die ihnen geeignet erscheinenden Abwehr maßregeln treffen. Auch wegen der Zensurfrage, die in ihrer heutigen Handhabung den Filmfabrikanten großen Schaden bringt, sind die Filmfabrikanten mit dem Berliner Polizei präsidium in Verhandlung getreten. Das Ergebnis war die Zusicherung der Zensurbehörde, eine Vereinfachung und mil dere Handhabung der Filmzensur einzufllhren. — Die Film produktion hat so stark zugenommen, daß in den beiden jetzt vorhandenen Polizeikinos täglich durchschnittlich 6080 Meter Filmnovitäten der kritischen Prüfung der Zensoren unter liegen. Die nicht genehmigten Filmstücke werden von der Be hörde einbehalten. Ende dieses Jahres soll ein illustriertes Werk »Der deutsche Kaiser im Film« im Verlag von P. Kle binder, Berlin, erscheinen, dessen Abbildungen den Kaiser und seine Familie nach bisher erschienenen Films darstellen. Die internationale Filmindustrie will damit dem Kaiser zu seinem Jubiläum huldigen. Die Redaktion des Prachtwerkes führt Max Schach.