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Verwilderung der Kritik. Seit Jahren wird gegen einen der prominentesten deutschen Garlendeantten, den Gartendirektvr vun Hamburg, Otto Liune, eine systematische Hetze betrieben wegen der in Ausführung be griffenen Erweiterungsanlage des Ohlsdarfer Friedhofes. Anfangs hcrvorgernsen durch Widerstände der interessierten Grabsteinfirmen usw., die auf dem alten Ohlsdorser Friedhof keinerlei Beschränk ungen unterworfen waren, dann durch das Unverständnis weiter Kreise genährt, die nicht verstehen könneni daß' ein 50 Jahre alter Friedhof nicht verglichen werden kann mit einer jungen, auf kahlem Terrain angepflanzten Neuanlage. Nachdem der Gartendirektor Linne, der, nebenhin bemerkt, die Leitung der Friedhofsverwaltung und der Ncuanlage jahrelang neben- und ehrenamtlich geführt hat, aus einem von ihm selbst veranlaßten Disziplinarverfahren voll kommen makellos hervorging, wurde das Kesseltreiben anscheinend von einer politischen Partei, von einigen Körperschaften, insbeson dere dem sogenannten Künstlerrat, wieder ausgenommen und jetzt erkannte man erst, daß hinter den Angreifern ein Fachmann, der Vorsitzende des B. D. G., Herr Hermann König, stand. Ohne uns mit der Persönlichkeit dieses Herrn näher befassen zu wollen, muß doch einmal die unseren Beruf schwer schädigende Kampfes- wcisc niedriger gehängt werden. Wollte man die ganzen Intrigen in der Ohlsdorser Angelegen heit hier auseinandersetzen, so müßte man ein dickes Buch schreiben. Auf Grund des politischen Vorgehens wurde von der Hamburger Bürgerschaft ein Ausschuß eingesetzt, dessen eingehende Prüfung sämtlicher Beschwerden mit einer glänzenden Rechtfertigung des angegriffenen Garteudirektvrs Linne abschloß. Die angreifende Partei, die den Einflüsterungen des Herrn König Glauben geschenkt hatte, blieb völlig allein und mußte von den Vertretern sämtlicher Parteien von rechts bis links bittere Wahrheiten über sich ergehen lassen. Heute sei nur eine in sich abgeschlossene, besonders charak teristische Nebenhandlung hier geschildert. Die Hamburger Orts gruppe der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst veranstaltete am 23. März v. I. einen Vortrag des Garteninspektors Rosenbaum mit dem Thema „Der umstrittene Ohlsdorser Friedhof". Am N. März, also drei Tage vorher, versandte der Bund Deutscher Gartenarchitekten ein Schreiben an die Hamburger Tageszeitungen. In diesem Schreiben wird gesagt: „Da über die Bedeutung der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und ihre hiesige Ortsgruppe augenscheinlich verschiedene Meinungen bestehen, sei der Hinweis gestattet, daß die Dentsche Gesellschaft für Gartenkunst zum über wiegenden Teil aus Laien und zum kleinsten Teil aus Garten beamten besteht. Die Mitglieder des Bundes Deutscher Garten architekten (dem auch in Hamburg alle bekannten Gartenarchitekten angehören) sind schon vor Jahren aus der Deutschen Gesellschaft sür Gartenkunst ausgetreten, so daß auch die hiesige Ortsgruppe der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst heute vorwiegend van den Beamten und Angestellten des staatlichen Garten- und Fried hofswesens unterhalten wird. Daß das subtile Problem des Ohls- dorfer Friedhofes nicht durch den Vortrag eines Untergebenen des Herrn Linne, dem als Beamten des Kleingartens wohl nur eine gewisse rhetorische Gewandheit zur Behandlung dieses Themas be fähigt, eine objektive Würdigung erfahren kann, liegt auf der Hand. Außerdem möge aber darauf hingewiesen werden, daß es bisher nicht üblich war, daß ein leitender Beamter seine angegriffene fach liche Ehre von einem seiner Untergebenen verteidigen ließ." Die Presse ließ sich natürlich durch diese Kritik, bevor der Vortrag über haupt gehalten war, nicht beeinflussen und eine große Tageszeitung verwahrte sich ausdrücklich gegen eine derartige Verwilderung der Kritik. Der Vortrag fand bei den 500 Hörern wegen seiner Sachlich keit ungeteilte Zustimmung. Die gesamte Presse berichtet ausführlich. Eine Hamburger Zeitung schließt ihren Bericht: „Wer den Vortrag gehört hat, wird um so mehr von dem von uns bereits als be denkliche Methode bezeichneten Vorgehen des Bundes Deutscher Gartenarchitekten abrücken. Bezeichnender Weise hat keiner der Gegner in der Aussprache das Wort ergriffen." Als nun das gleiche Schreiben in der Bundeszeitung abgedruckt wurde, ersuchte Garteninspektor Rosenbaum gemäß Z 11 des Presse gesetzes um Aufnahme folgender Berichtigung: „Es ist nicht wahr, daß ich als Angestellter des Herrn Linne eine große Verteidigungsrede über den Ohlsdorser Friedhof ge halten habe, cs ist ferner nicht wahr, daß Herr Gartendirektor Linne als leitender Beamter (eine angegriffene Ehre von mir, nämlich einem seiner Untergebenen, verteidigen ließ, vielmehr habe ich den Vortrag in der Landesgruppe Hamburg Schleswig-Hol stein der Deutschen Gesellschaft sür Gartenkunst übernommen, ohne daß der Gartendirektor Linne überhaupt Kenntnis von dieser Veranstaltung oder meiner Wahl des Themas hatte." Die Ausnahme der Berichtigung wurde von Herrn König nb- gelehnt und führte zu einer Anzeige an die Staatsanwaltschaft. Herr König wurde verurteilt, die verlangte Berichtigung abzu drucken. Dies geschah in Heft 3 des Deutschen Gartenarchitekten in einer Umrahmung, die die Leser über den wahren Sachverhalt täuschen und Garteninspektor Rosenbaum persönlich herabsetzen sollte. Daraufhin hat dieser folgendes Schreiben an Herrn König gerichtet: Herrn Hermann König, In Heft 3 Ihrer Zeitschrift geben Sie Ihren Lesern eine Darlegung des non mir veranlaßten Vorgehens wegen Uebertreiung des Pressegesetzes, die vollkommen irreführend und in verschiedenen Punkten unwahr ist. Ich könnte ja nun aufs neue den Weg gehen, auf Grund des Z 11 des Presse gesetzes eine Berichtigung, zu verlangen. Da ich mich aber überzeugt habe, daß Sie nicht nur, ivie Sie selbst zugeben, die geschriebenen Pressegesetze nicht kennen, son dern auch die ungeschriebenen Gesetze eines anständigen Journalisten Ihnen nicht geläufig zu sein scheinen, sehe ich hiervon ab. Nur die Revolverpresse nämlich pflegt Berichtigungen angegriffener Personen in der Presse abzulehnen, wenn sie nicht genau dem K 11 des Pressegesetzes entsprechen. Die anständige Presse gibt einem Angegriffenen ohne weiteres Raunt zu Gegenerklärungen. Nur die Revolver presse bringt gerichtlich erzwungene Berichtigungen in einer Form, die diesen Zwang möglichst kaschiert. Nur die Revolverpresse verläßt sachliche Gesichtspunkte und arbeitet mit persönlicher Herabwürdigung, wohl wissend, daß gegen „Wert urteile" Berichtigungen nicht möglich sind. Zunächst ist es vollkommen unwahr, daß ich Sie bei der Staatsanwaltschaft denunziert habe, weil der verantwortliche Schriftleiter nicht in der Zeitung ge nannt war. Meine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft erfolgte lediglich, weil Sie es ablehnten, meine Jhmn übersandte Berichtigung unwahrer Tatsachen abzu drucken. Bevor ich die Anzeige erstattete, wandte ich mich an den ebenfalls als Schriftleiter firmierenden Herrn Maaß in Lübeck, „um die mir äußerst widerwärtige Strafanzeige zu ersparen." Erst als auch dieser Schritt erfolglos blieb, erfolgte dis Anzeige, zu der ich ja nun gezwungen war. Das Amtsgericht verurteilte Sie zu 60.— RMk. Geldstrafe oder 6 Tagen Haft mit der Begründung: „Die unberechtigte Weigerung ist nach Ueberzeugung des Gerichts nicht in gutem Glauben erfolgt. Das Recht des Herrn Rosenbaum war so evident, daß der Angeklagte es sicher erkannt hat. Hier erscheint mit Rücksicht aus die wenig honorige Handlungsweise des Angeklagten eine höhere Strafe an- gemessen." Das Urteil der Berufungsinstanz hat dagegen folgenden Wortlaut: Auf die Berufung des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts dahin abgeündert, daß der Angeklagte unter Freisprechung im übrigen wegen Uebertreiung des 8 19 des Pressegesetzes zu 10— RMk. Geldstrafe oder 1 Tag Haft verurteilt wird. Ferner wird ungeordnet, daß der von Herrn Rosenbaum unter dem 20. April 1925 eingesandte Berichtigungsartikel in die nach Rechtskraft des Urteils erschei nende folgende Nummer des Teutüben Gartenarchitekten ausgenommen wird. Soweit Freisprechung erfolgt, trägt die Staatsrasse, im übrigen der Angeklagte die Kosten des Verfahrens. Und die Begründung fogt: „In dem Ganzen ist eine Herabsetzung sowohl des Gartendirektors Linne, wie ein. solche des Herrn Rosenbaum unzweifelhaft zu er blicken und zwar unter Angabe der unrichtigen Tatsache, daß Herr Rosenbaum im Auftrage des Herrn Linne gehandelt hat Hiernach erschien dem Gerichte die von dem Zeugen Rosenbaum verlangte Berichtigung nach Z 11 des Pressegesetzes durch aus am Platze. Es handelt sich hier um eine Berichtigung von Tatsachen und nicht von Werturteilen. Die Ablehnung des, Angeklagten, diese Berichtigung auf zunehmen, war daher unberechtigt Der Angeklagte hat aber bei dieser Ablehnung in gutem Glauben gehandelt Er hat sich mit seinem Anwalt in Verbindung ge setzt und das Schreiben ist nach den Instruktionen des Anwalts versaßt worden, daß er sich zur Ablehnung berechtigt fühlte, kann ihm nicht widerlegt werden, wenn anch diese Ablehnung unberechtigt war." Ich habe wörtlich zitiert und überlasse es jedem Unbefangenen, sich ein Urteil haben. Und dann beklagen Sie sich über „Verwilderung der Kritik". Also Ihren Freispruch von Strafe verdanken Sie lediglich Ihrem Verteidiger, der gleichzeitig als unvereidigter Kronzeuge fungierte, obschon er in seiner In struktion an Sie schrieb: „Es kann natürlich zweifelhaft sein, ob meine Auffassung von dieser Sachlage absolut durchschlagend ist. Auf jeden Fall läßt Sie sich aber vertreten und da Sie ja um die Berichtigung möglichst herumkommen wollen, würde ich an Ihrer Stelle diesen meinen Standpunkt sich zu eigen machen", hat er die Schuld an der Ablehnung der Berichtigung aus sich genommen ihren guten Glauben begründet. Des weiteren glauben Sie mich kränken zu können, indem Sie mir das Prädikat als „Gartenkünstler" absprechen. Nun, ich habe noch niemals Wert dar auf gelegt, für einen Künstler gehalten zu werden oder mich je sür einen solchen ausgegeben. Und darin liegt der ganze Unterschied zwischen meiner und Ihrer Künstlerschaft. Erinnern Sie sich garnicht mehr, daß ein anerkannter Städtebauer und Künstler über Arbeiten von Ihnen, Herr König, geurteilt hat, sie gehörten zu den kitschigsten Schülerarbeiten, die er je gesehen hat? Und daß Sie dagegen „in eigener Sache" in Möllers Deutscher Gärtnerzeitung sich gewehrt haben, in der Sie schreiben: „Die Angelegenheit hat natürlich eine Vorgeschichte, in der die persönliche Eitelkeit und der „Künstlerfimmel" gewisser Kollegen keine geringe Rolle spielt." Ihre eigenen Worte treffen genau auf vorliegenden Fall und auf Ihren ganzen Kampf gegen Ohlsdorf zu. Den Inhalt dieses Schreibens werde ich den 125 Lesern Ihrer Zeitschrift zu gänglich machen. Mit der Ihnen gebührenden Hochachtung gez. Rosenbaum, M. d. B. Man muß abwarten, wie lange noch der Bund Deutscher Gartenarchitekten diesen Mann als Bundesvorsitzenden ertragen will. Vorläufig ist nicht anzunehmen, daß die Mitglieder mit der unsach lichen uild persönlichen Kampfesweise des Herrn König einverstan den sind. Unser Beruf hat wahrlich sehr nötig, geschlossen aufzu treten, um feine volle Anerkennung zu erringen. Wir sind der Meinung, daß beamtete und freie Gartenarchitekten sich gegenseitig helfen und unterstützen, nicht aber bekämpfen sollten. Wir können nicht ruhig zusehen, wenn das Ansehen, das führende Persönlich keiten des Berufs wie Jacob Ochs, Schnackenberg, Linne, Tutenberg und Rosenbaum sür unseren Beruf in Hamburg erkäinpft haben, von taktlosen Möchtegerns und Wichtigtuern wieder vernichtet wird. Kritik wird sich jeder im öffentlichen Leben stehende Garten beamte gefallen lassen müssen, wenn sie sachlich ist und dort an gebracht wird, wo sie innerhalb des Berufes hingehört. Gegen die Aufputschung der Oeffentlichkeit, die naturgemäß neuen, künstlerischen Gedanken nicht so schnell zu folgen vermag, müssen wir uns im Interesse unserer Standesehrc energisch verwahren. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß der gegen die in Ausführung begriffene Neuanlage in Ohlsdorf von Herrn König und seinen