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Der Behörden-Gartenbau ! - Monatsschrift für den. deutschen behördlichen Garten-, Obst-, Gemüse-, Weinbau und das Friedhofswesen. ß ß kerausgeber und Verleger: Reichsverband der deutschen Gartenbaubeamten. - Berufsverband der Beamten und Angestellten des Garten-, Obst-, Gemüse- und Weinbaues und des Fricdhofswescns. - Nr. 6 Chemnitz. 1. Juni 192N. 3. Jahrgang Vie!_aufbakn der Lartenbautecknikerr. Wo beginnt sie? Diese Frage zu beantworten ist wohl eine der schwierigsten in unserem Berufe überhaupt. Ihrer Beantwortung ausweichen hieße nicht tapfer sein und wäre schädlich für unseren Beruf. Wir müssen hierüber einmal zur Klarheit kommen. Schlecht hin und allgemein kann die Frage wie folgt beantwortet werden. Wer eine anerkannte technische Mittelschule mit Erfolg besucht und die Abschlußprüfung bestanden hat, erhält das Prüfungszeugnis als geprüfter Techniker. Technische Mittelschulen sind nun: die staatlichen oder städtischen Bauschulen, die Maschinenbauschulen (staatliche und private), staatliche Gewerbeakademien, also alle die jenigen Schulen, deren Aufgaben und Lehrziele über das Maß einer einfachen (l—3 semestrigen) Fachschule hinausgehen, auf der anderen Seite aber den Grad einer Hochschule (Vorbereitung für die akademische Laufbahn) nicht erreichen, akademische Abschlußprüfungen nicht haben und akademische Würden nicht verleihen. Daß wir es hierbei mit schwierigen Grenzfragen nach unten »und oben auch in anderen Berufen zu tun haben, soll nicht bestritten werden, ja, es ist notwendig, daß diese Tatsache besonders festgehalten wird. Als klärendes Beispiel (nach oben) ist die staatliche Gewerbeakademie Chemnitz anzusehen, die bei der Aufnahmebedingung der Obersekunda reife das 7femestrige Studium vorschreibt. Und doch ist's beileibe keine Hochschule, sondern — eine Vorbereitung für das Hochschul studium. Ans diesen Feststellungen geht ganz zweifelsfrei hervor, daß wir im Gartenbau-Berufe eine Hochschule noch nicht haben, sondern daß alle unsere Höheren Staatslehranstalten für Gartenbau, unsere Lehr- und Forschungsanstalten für Obst-, Wein- und Garten bau eben technische Mittelschulen sind, es auch bleiben müssen und wenn sie 6 und 7 Semester Ausbildungszeit vorschreiben würden. Es wäre auch abwegig, vor diesem Wahrheitsbild die Augen ver schließen zu wollen oder gar anderen Leuten weiß machen zu wollen, daß es anders sei. Die Unterrichteten, die Wissenden machen wir sowieso nicht — klüger. Aus dieser klaren Feststellung gewinnen wir vielleicht die Kraft und den Mut, nun erst recht und mutiger als bisher für die Schaffung einer richtiggehenden Gartenbauhoch schule einzutreten Der Normaltyp der technischen Mittelschule in unserem Berufe ist also: Eine 4 und mehr semestrige höhere Lehr sund Forschungs-) Anstalt mit der Aufnahmebedingung mindestens Ljährig abgeschlossener Lehrzeit und der Nachweis der Obersekunda reife (bez. Nachweis der gleichwertigen Vorbildung). Erstrebens wertes teils schon erreichtes Ziel dieser Lehranstalten ist und bleibt: Vorbereitung auf das Hochschulstudium. Nun gibt es in allen technischen Berufen noch staatliche und anerkannte private Lehranstalten, die dem guten Volksschiiler nach Erlernung eines Berufes und nach 1—2 Gesellen- oder Gehilfen jahren die sogen, technische, mittlere Laufbahn, also die Techniker laufbahn vermitteln, ihre Abschlußprüfung lautet ebenfalls auf: geprüfter Bau-, Maschinen-, Elektro-, Gartenbau- usw. Techniker. Sofern diese technisch-schulische Ausbildung mindestens 4 Semester umfaßt, muß das Prüfungszeugnis „geprüfter Techniker" ebenfalls anerkannt werden. Wir beobachten an all diesen Lehranstalten die Tatsache, daß sie aus mancherlei Gründen auch eine beachtliche An zahl Schüler, die die Obersekundareife besitzen, ausbilden. Einmal deutlich gesprochen und als Beispiel angeführt heißt das: Volksschüler, die 2—3 Jahre gelernt haben, 1 oder 2 Jahre Gehilfe gewesen sind und dann mindestens 4 Semester Köstritz oder Oranienburg besucht haben, sind Mittelschultechniker und haben Anspruch aus die Über nahme in die mittlere technische Laufbahn, wenn sie in einen Be hördenbetrieb als Beamte oder Angestellte eintreten. Daß sie hierbei in äußerst starken Wettbewerb mit den Absolventen der übrigen höheren Staatslehranstalten und der Lehr- und Forschungsanstalten treten, ist selbstverständlich. Das hat aber auf unsere Feststellung zunächst keinen Einfluß. Alle anderen Gartenbauschulen, die das Lehrziel der oben ge nannten Lehranstalten nicht erreichen, sind keine technischen Mittel schulen. Sie haben auch nicht den Ehrgeiz, solche zu sein und dienen meist dem praktischen, freien Berufe durch Erreichung von Sonder» zielen: Fachschule für Spezialkulturen, Verbesserung der Ausbildung für die untere Laufbahn als Gartenbaubeamter usw. Für die mittlere Laufbahn, beginnend mit dem Eintitt als Gartenbautechniker, gilt grundsätzlich die Einstufung mit den gleich vorgebideten Technikern des Baufaches. Wenn also z. B. eine Großstadt ihre Bautechnikcr in die Gruppe VII einreiht, dann ist vom städtischen Gartenamt die gleiche Behandlung der Gartenbautechniker zu betreiben. Nach der staatlichen Besoldungsordnung ist für die Gartenbautechniker, sofern sie den oben genannten Anforderungen entsprechen, die Eingangsgruppe VI, ganz gleich, ob es in einer größeren Gemeinde oder in einem abgelegenen Staatsbetriebe ist. Äußerst wichtig ist für den jungen Techniker, der die Technikerlauf bahn beschreitet sich nicht in der Gruppe VI als Gartemneister ein» führen zu lassen, denn diese Laufbahn findet jetzt schon und künftig sicherlich erst recht ihr Ende in den Gruppen VII und VIII. Aus nahmen bestätigen hier nur die Regel; den im Behördendienst tätigen Gartenbautechniker ist angelegentlichst zu empfehlen, sich ganz energisch auf die 2. Staatsprüfung (I. staatliche Prüfung — staatlich geprüfter Gartenbautechniker) vorzubereiten, also auf die Prüfung zum „staatlich diplomierten Gartenbauinspektor", da das Bestehen dieser Prüfung zumeist gleichgewertet wird mit der staat lichen Baumeisterprllfung und Lei normaler Eingruppierung zum Anspruch auf die nächsthöhere Gehaltsgruppe berechtigt. Mele städtische Besoldungspläne, namentlich in Mitteldeutschland und im Westen sehen diese Regelung ausdrücklich vor. Ist dieser Ausbildungs abschluß erreicht, dann steht dem jungen Gartenbautechniker — Gar tenbauinspektor ohne Inspektion — die Lausbahn des Gartenbau sachmanns, hat er besonderes Glück, bis zur Gehaltsgruppe XIII offen. Wie lange noch? Sicherlich bis zu der Zeit, wo dann der akademisch vorgebildete Gartensachmann auf den Plan und in Wett bewerb mit seinen Kollegen der mittleren Laufbahn tritt. Dann wird und muß der Abschluß der Laufbahn des Gartenbautechnikers dort enden, wo jetzt in den großen Verwaltungen der (Garten-) Bauamtmann seinen Werdegang beschließt. Ausnahmen werden bis tief in die künftige Übergangszeit auch immer nur die Regel bestätigen. Allen denen, die es angeht, sei an dieser Stelle gesagt, daß der an mehreren Stellen zur 2. Prüfung verliehene „Diplom-Gartenmeister" Wegfällen muß, er läßt sich mit der jetzigen und wohl auch künftigen Befvldungsordnung nicht in Einklang bringen und beschwert unseren Beruf mit einer Berufsbezeichnung, die wirklich überflüssig ist. Gartenmeister kennt die Besoldungsordnung nur in den Gruppen V und VI und soll unseren Praktikern Vorbehalten bleiben und ge gönnt werden. Als Ausweg könnte solgendes empfohlen werden: Entweder der junge Techniker begnügt sich, gehen seine Pläne nicht höher, mit dem „geprüften Gartenbautechniker" oder aber, dem Be fähigten, dem Strebfamen wird es mit einer Zulassungsarbeit er möglicht, sich zur Prüfung zum „Diplom. Gartenbauinspektor" zu melden. Dadurch würde die jetzige Verwirrung in der technischen Laufbahn unseres Berufes ganz bedeutend gemildert und — den Forderungen unserer Zeit Rechnung getragen. Wir wissen, daß dieser Vorschlag Widerspruch auslösen wird, es ist aber notwendig, um endlich in unserem Berufe reine Bahn zu schaffen. Wir Gartenbau beamten sind an einem folgerichtigen Aufbau unseres Berufes weit aus am stärksten beteiligt. Im freien Berufe, der die individuelle Entwicklung in den Vordergrund stellt und stellen muß, fällt der peinlich genau geregelte schulische Werde- und Ausbildungsgang nicht so ins Gewicht als in der Bcnmtenlaufbahn. Der Garteubau- beamte muß eifersüchtig bestrebt sein, einmal seine Ausbildung der erreichbaren Höhe zuzutreiben, andererseits aber den unzweideutigen Nachweis erbringen, daß er anderen Berufen ebenbürtig ist. Nicht aus Ehrgeiz und falschem Stolz, sondern zwecks Erreichung wirt schaftlicher Sicherungen für sich und seine Familie. Der neueste Vorschlag der Rateb, für die künftige Besoldungsord nung und die mittlere Laufbahn (in der jetzigen bestehenden Be- Die Hauptversammlung des Reichsverbandes findet während der Herbstblumenschau der Jubi läums-Gartenbau-Ausstellung in Dresden, in der Zeit vom 3. bis 5. September 192t), statt.