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Istch n Chemnitz, 1. Dezember 1926. 3. Jahrganq Nr. 12 Der Behörden-Gartenban Mviintsschrift für den. deutschen behördlichen Garten-, Obst-, Gemüse-, Weinbau und das Friedhvfswesen. Herausgeber und Verleger: Reichsverband der deutschen Gartenbaubeamten. Bernfsverband der Beamten und Angestellten des Garten-, Obst-, Gemüse- und Weinbaues und des Friedhafswesens. irsn- cibof. itter !l!ö !!SII eien idböt liön iksu iott - wll ite! AKS. Die ftuten Willens sind —! 10. Nov. 1926. An die Arbeitsgemeinschaft der technischen Beamtenverbände (Nateb), z. H. des Ausschusses für Gartenbau und Friedhofswesen. Berlin. Der ergebenst unterzeichnete Neichsverband hat seit langer Zeit fortlaufend Kenntnis erhalten von dem Borgehen des Erwerbsgartenbaues und der freien Gartenarchitekten gegen die behördlichen Gartenbau- nnd Friedhofsbetriebe einerseits und die Gartenbau- und Friedhofsbeamten andererseits. Es kann zugegeben werden, datz die schwere Wirtschaftskrise und ungünstige Autzenhandelsverhältnisse den deutschen Pflanzenbau, die Gemüse- und Obsterzeugung schwer treffen, daß ebenso die freien Gartenarchitekten und Landschaftsgärtner schwer unter Auftragsmangel leiden, sodaß diese Berufskreise alle Wege erspähen, um Absatzmöglichkeiten und Aufträge ausfindig zu machen. Trotz der wohl allenthalben in Behördenbetrieben abgebauten Kriegs- und Nachkriegsoerhältnisse können bei gutem Willen Mittel und Wege ausfindig gemacht werden, mit denen den Wünschen der freien Berufskreise entgegen gekommen werden kann. Darunter sind zu verstehen: 1. Verzicht auf Auslandsware bei Dekorationen (Südblumen), bei Gruppenpflanzungen (Blumenzwiebeln, Gruppenpflanzen, Rhododendron, Azaleen usw.), bei Gehölzbestellungen (Baumschulmare für die Bepflanzung von Neuanlagen und der durch Notstandsarbeiten entstandenen Grünflächen). 2. Vergebung von Aufträgen an den Erwerbsgartenbau z. D. Baumschulware, Gruppen-u. Fensterschmuckpflanzen. 3. Vergebung von Aufträgen zur Ausführung von Griinflächenneuanlagen, Friedhöfen und Friedhofserweiter ungen auf Grund von Berdingungsvorschriften und unter Aufsicht und Kontrolle der Gartenämter oder der Garten- und Friedhofsoerwaltungen. 4. Mitwirkung der Gartenbaubeamten im Nutzgartenbau an der Abwehr übermäßiger Einfuhr und der Werbung für den Konsum- deutscher Garten- und Obstbauerzeugnisse. S. Durch Bereitwilligkeit, das Friedhofsmonopol, die Besteuerung der auf Friedhöfen tätigen Erwerbsgärtner, die Friedhofsordnungen einer Überprüfung zu unterziehen. Bei diesem guten Willen wäre aber von der Gegenseite zu fordern, datz alle Maßnahmen zu unterbleiben haben, die den Bestand und die Entwicklung der behördlichen Garten- und Friedhofsbetriebe schädigen oder bedrohen. Solange die Einfuhr ausländischer Obst- und Gartenbauerzeugnisse noch viele Hunderte Millionen guten deutschen Geldes kostet, kann die Produktion der behördlichen Beiriede überhaupt nicht ins Gewicht fallen. Der behördliche Gartenbau hat i.n oolkswirtsckaftlicher und sozialer Beziehung und in Bolkskulturfragen den Beweis erbracht, daß er ein wesentliches Stück Volksgut ist, das nicht ungestraft geschmälert werden kann. Er dient allen Volksschichten ohne Ausnahme. Seine Kaufkraft ist vor allem ein wesentlicher Teil der deutschen Gartenbauwirtschaft. Der Reichsverband der deutschen Gartenbaubeamten ersucht deshalb den Gartenbauausschutz der Nateb, unter Hinweis auf die oben angedeuteten Möglichkeiten, den deutschen Städtetag und obere Behörden von der Lage zu unterrichten mit der Bitte, die Gartenämter und Friedhofsverwaltungen der Städte und Gemeinden, der Provinzen und Kreise vor unberechtigten Angriffen oder gar Schäden zu schützen. Mit dem oben angedeuteten Vorgehen hat aber gleichzeitig eine widerliche Hetze gegen die Beamten der Garten- und Friedhofsbetriebe eingesetzt, die geeignet ist, den im öffentlichen Dienst stehenden Garten- oder Friedhofsbeamten in seinem Ansehen zu schädigen;..nicht nur, datz diesem Beamten persönlicher Egoismus und schlechter Wille vorge worfen wird — und das in aller Öffentlichkeit — sondern es wird auch mit Nachdruck selbst in grotzen Tageszeitungen und in Schreiben an die Behörden versucht, die Leistung der Beamten in künstlerischer, technischer und gärtnerischer Hinsicht herabzusetzen, während die Angreifer für sich allein den Titel der Kiinstlerschaft und überragender technischer und gärtnerischer Erfahrung in Anspruch nehmen. Die deutsche Gartenbau- und Friedhofsbeamtenschaft lehnt es ab, über sich aus dem eigenen Berufe heraus Berater oder gar Übergeordnete zu dulden. Sie weist mit aller Schärfe darauf hin, datz weder Bor- noch Ausbil dung, noch Erfahrung den Fachmann des freien Berufes von .dem des Gartenbaubeamten unterscheiden Sie mutz weiter darauf Hinweisen, datz jahrzehntelange Erfahrung und Übung im spezialisierten Schaffen ihr nicht mit Phrasen und grotzen Worten abgesprochen werden können. Die deutsche Gartenbau- und Friedhofsbeamtenschaft widerspricht vor allem der tendenziösen und durch nichts erwiesenen Behauptung, datz die behördlichen Garten- und Friedhofs betriebe viel teurer arbeiteten als die Betriebe des freien Berufes. Frisierte Nechnungsbeweise besagen hierbei garnichts, da gerade die behördlichen Betriebe eine ganze Reihe sozialer, ideeller und kultureller Aufgaben zu lösen haben, die durch Zahlen nicht erfatzbar sind. Empörend wirkt der den Behörden offen empfohlene Abbau der Be amten und Angestellten in den Behördenbetrieben, auch hier bleiben die Angreifer den Beweis schuldig, datz dieser Abbau eine Notwendigkeit sei. Der Neichsverband der deutschen Gartenbaubeamten ersucht deshalb die Nateb als Spitzenorganisation, alle Mittel anzuwenden, dieses Treiben zu unterbinden. Mit vorzüglichster Hochachtung Der Reichsverband der deutschen Gartenbaubeamten. Bärwald Böhm Vorsitzender. Hauptgeschäftsführer.