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29. Stück. Freitags dm i8. July i8o6. Reminiscenzen aus Olivier Cromwells Leben. Unter die wenigen Menschen der neuern Ge schichte, die sich von der untersten Stuft zur höchsten emporschwangen, gehört Cromwell. In seiner Jugend träumte ihm, er würde einst König seyn, und das Gängelband, Has er eben abgelegt halte, an die Schulter' der Englischen Nation heften: aber er lebte bis zu feinem vier zigsten Jahre ungekannt und ungeachtet. Erst diente er im Heere des Prinzen Friedrich Hein rich von Oranien, dann wurde er Haustheo- löge des Bischofs Williams, und zuletzt durch Borschub einiger Freunde Parlamentsglied. Jetzt hoben ihn seine militärischen Talente im Kriege der Nation gegen den König; die Offi ziere und Soldaten der Armee waren Enthu siasten, die das neue Testament unter dem Sat tel trugen, und von nichts'als der Zerstörung Babylons und der Errichtung des himmlischen Jerusalems sprachen. Cromwell Hörle unter solchen Narren auf, selbst ein Narre zu seyn» Bald regiert er die Armee, und durch sie das Parlament. Als sich dieß ihm widersetzen will, tri« er in den Versammlungssaal, nimmt seine Uhr aus der Tasche und wirft sie gegen die Er de, daß sie in Stücken zerfällt. „Ich will Euch zertrümmern, wie diese Uhr!" rufter, und hier auf jagt er alle Mitglieder eins nach dem andern heraus, zwingt sie, ehrerbietig im Vorbeigehen sich zu neigen, und reißt einem, dcrmitbedeck tem Haupte vorbeigeht, den Hut herab. Dann verschließt er den Saal, und ist Herr. Von nun an war kein König unbeschrankter, als er. Er regierte deshalb unter dem Namen eines Protektors, weil, wie er sagte, die Eng länder wüßten, wie weit die Macht eines Kö nigs sich ausdehne, aber nicht, wie weit die eines Protektors gehen könne. Er wußte es, daß die Meinung die Menschen beherrscht, und daß die Meinung von einem Namen abhängt. Die Religion, die ihn befördert hatte, verach tete er wir die Menschen, durch die er groß ge- worden war. Er trank eines Tages mit seinen Vertrauten, und wollte eine Weinflasche öffnen. Der Propftnzieher fiel unter den Tisch, sie such ten alle, und konnten ihn nicht finden. Unler- deß wartete eine Deputation der Presbyteriani schen Kirchen im Vorzimmer, der Thürhüter meldete sie. — Man sage ihnen, sprach Crom well, daß ich mich eingeschlossen habe, um de» Herrn zu suchen. — Dieses Ausdrucks be dienten sich die Schwärmer, wenn sie ihr Ge bet verrichteten. Als die Deputation auf diese Art verabschiedet war, sagte er: Diese Nar ren glauben, daß wir den Herrn suchen, und wir suchen nur den Propftnzieher. — Durch