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V o i g t l ä n d i sch e r Anzeiger. 22. Stück. Freitags den zo. May 1806. Belohnung des Küsters Friß. AuS Mietau. Die Verherrlichung des Küsters Fritz ist jetzt hier das Gespräch des Tages. Dieser be rühmt gewordene Leibeigene, der, wie schon aus srühern Nachrichten bekannt ist*), im ver gangenen Herbst am Kurländischen Strande mehrere Menschen (nicht r? sondern 37) mit eigener Lebensgefahr vom Untergange rettete, hat nunmehr auch vom Monarchen zur Beloh nung seines Edelmuths ein Geschenk von 1000 Rudeln nebst einer goldenen Medaille, am Ban de des Wladimiordens zweiter Classe zu tra gen, — von einem huldreichen Schreiben be gleitet — erhalten. Die Medaille, welche un- gesähr 2; Ducaten schwer seyn mag, zeigt auf der Vorderseite das Brustbild des Kaisers, und auf der Rückseite ein Füllhorn milder Umschrift: „dem Nützlichen/" — Vorgestern war der Ge feierte hier, um beides zu empfangen. In sei nem schlichten grauen Bauerkittel meldete er sich bei dem Hrn. Gouverneur, der ihm, in Gegen wart mehrerer dazu versammelten Slandesper- sonen — nachdem das kaiserliche Schreiben zu vor in der Lettischen Uebersetzung verlesen wor den war, — das Ehrenzeichen eigenhändig um hing, wobei er ihn gerührt in seine Arme schloß. *) Man sehe das 50. Stück des Jahrgangs rsoz. Ihm folgte darin seine würdige Gemahlin, die es nicht verschmähte, den Bauer an ihr men schenfreundliches Herz zu drücken, — worauf denn jeder der hohen und edlen Anwesenden sich beeifene, diesen wahren Ede lmann mit ei ner brüderlichen Umarmung zu ehren. Wie al les dies auf den Nalursohn wirken mußte, der zum ersten Male die Stadt—und, außer der Kirche seines Gebiets, vielleicht noch nie ein großes Haus betreten hatte, wird jeder von selbst erachten! Dennoch verrieth er nichts von jener Furcht, die den Niedriggebvhrnen gewöhn lich im Schimmer der Größe befällt, noch sonst irgend eine Verlegenheit — wie man vielleicht erwartet hatte. Nur bei Vorlesung des kaiser lichen Schreibens (wobei er allein saß, und al les nm ihn her stand) konnte Fritz — durchdrun gen von der Huld des Monarchen — feinem na türlichen Gefühl nicht widerstreben. Es brach in Thränen und Worten aus. „Wodurch", rief er, „habe ich diese Gnade verdient? Ich übte ja nur menschliche Pflicht." — Auch soll der brave Lette, wie er selbst beiläufig erzählt und es fich außerdem bestätigt Hal, in srühern Zeiten auf eben die Weise schon mehrer» hun dert Personen ein Retter gewesen seyn. Aus jene feierliche — folgte eine neue, über raschende Scene für ihn. Die humane Frau Gou-