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„Zn Unschuld war die erste Welt geboren, Es athmete der Staub in Aerherlicht, Zu schöner Jugend war der Mensch erkehren, Der Zukunft Dunkel sah sein Auge nicht; Nicht Trug, noch Zweifel, feindlich ihm ver schworen, Umhüllten ihm des Lebens Angesicht; Und lieblich, wie der Lenz, der ihn umglühte, Entfaltete sich seines Wesens Dlüthe, Denn unter Göttern wandelte das Leben, Der leise Wunsch erfüllte die Natur, Es hob die Brust kein ungezügelt Streben, Der Gegenwart galt ihre Hoffnung nur, Der holden Schönheit ward der Preis gegeben, Die seegnend vom Olymp herniederfuhrz Und jede Liebe, die das Herz gefunden, Empfand es still, und ward von ihr empfunden. Da war das Daseyn, wie des Daches Welle, Die sorglos hin durch bunte Blumen hüpft, Unwissend, ob zurück zu ihrer Quelle, Ob in der Fluchen Ozean sie schlüpft. Frei stand der Mensch! des Schicksals Morgenhelle, War mit des Mittags Stürmen nicht ver knüpft; DasRecht galt noch, dleTreu', die frommeSitte, Und Eintracht stand in ihrer goldnen Mitte. Doch nicht die Unschuld konnte das vollenden, Wozu den Menschen das Geschick berief, Cr mußte fallen, und den Zauber enden, Zn dem sein Geist unthätig träumend schlief; Erringen sollt' er sich mit eignen Händen Den Frieben, der ihm zürnend jetzt entlief; » ?! Und in dem Streben das Verlorne finden, Und in dem Leben seine Welt ergründen. Da floh' die Einfalt. Des Gesetzes Strenge Trat an den Platz der leitenden Natur; Das Unermeßne wich der Lebens-Enge , Aus der beschränkt hervorging seine Spur. Nun blühte das Gewerbe, das Gepränge, In Städte zog die stille Hirtenflur, Und mit dem Element, das ihn geboren, Rang jetzt der Mensch um das, was er verloren. Auch diese Zeit verschwand. Die Völker breiten Sich aus, befeindend das gemeine Gut; Die Macht gebeut, die Kraft, die Krieger streiten, Und von den Waffen fließt das erste Blut. Verschiedne Bildung wirkt verschiedne Zeiten, Die Meinung herrscht mit zügellosem Muth, Und über Länder, über Meer und Seen Sieht man der Zwietracht blut'ges Panner wehen! Und noch war nicht das Schrecklichste erschienen, Da trat die Zukunft, schwarz verhüllt, hervor; Dem Staube sah man jetzt die Menschheit dienen, Die frech den Glauben an sich selbst verschwor, Den Raub des Höchsten frevelnd sich erkühnen, Und keiner Warnung neigte sich ihr Ohr. Da floh die Schaam und das Gesetz von hinnen, Und taumelnd lag der Geist in seinen Sin, nen! — Unhell'ge Zeit! — Du kehrest nimmer wieder, Seit sich der Mensch dem finstern Trug ent-