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Voigtländischer Anzeiger. 2. Stück. Das unglückliche Ulm. Das harte Schicksal, welches die Stadt Ulm und die umliegende Gegend, insbesondere die Landgerichte Ilching en, Albeck u. Sös. lingen indem Drang des plötzlich über unsre Gegend hcrcmgebrochencn Kriegs erdulden muß ten, ruft das Mltleiden wohlgesinnter Menschen so laut um Thcilnahipe und Beistand an, daß schon die erste Nachrichr davon, die den öffent lichen Blättern, insonderheit der Allgemei nen Zeitungeinverleiblwar, allgemeine Rüh rung erweckte und Nachfrage nach nähern Um ständen veranlaßte. Noch sind zwar die Einga ben von dem Schaden, welche ganze Gemein heiten und Einzeln« erlitten haben, des Drangs der Umstände wegen nicht so genau, daß sich be stimmte Summen angeven ließen. Allein ein allgemeines Gemählde dessen, was aufdem oben beschriebenen Schauplatz in einem Zeitraum von sechs Wochen geschehen ist, wird bis zur unwi- dersprechlichstcn Ueverzeugung darthun, daß der Schaden ungeheuer ist, und daß der Ruin vieler Familien erfolgen muß, wen» nicht Menschen freunde, welche die göttliche Vorsehung vor ähnlicher Noth verwahrt hat, sich zu ihrer Ret tung vereinigen. Wir freuen uns, durch Thac- sachen bereits Beweise einer solchen Gesinnung erhalten zu haben, die uns an dieser vereinigten Hülfleistung nicht zweifeln läßt. Die hiesige Gegend wurde seit dem Ende Septembers von Soldaten überschwemmt, und ein Heer von beinahe 6o,oos Mann drängte sich schon im Anfang Oktobers in der Stadt Ulm und in einem kleinen Umkreis um dieselbe zusam men. Derbei weitem größere Theil dieses Heers zog, da er keine Magazine hatte, seine Subst. stenz aus der Stadt und den nächsten Ortschaf Freitags den io.,Januar 1806. teil. Bald umzingelte eine andere Kricgsschaar, welche noch zahlreicher und ebenfalls ohne Ma gazine war, dieses feindliche Heer, und zog sei ne Erhaltung gleichfalls aus einen, für die große Masse über alle Beschreibung kleinen Bezirke. D>eß geschah zu einer Zeit, da die Vorrächs- häuser aufgezehn oder aukgeleert waren da alle Arten von Lebensmitteln in sehr hohen Preisen standen, da noch nicht völlig eingeerndtel und noch weniger ausgedioschen war, da endlich die Pfer, de requirirt oder hmweggenon men wurden, und wer zu führen wollte, Gefahr lief, die Zufuhr samml den Werkzeugen des Tranepolls gewalt sam zu verlieren. Ulm allein mußte innerhalb 5 Wochen 15 877 Offiziere, z47.gr; Soldaten und g l,7Z9 Pferde ernähren und öfters auf ein mal mehr als 20,^00 Mann bebe, bergen. Der Drang, der hieraus in einer Stadt von nicht rz,oco Einwohnern und von kaum 1602 zum Tbeil sehr kleinen und höchstens mittelmäßigen Häusern, entstehen mußte, läßt sich kaum be schreiben: sie war eine Sammlu"g von lauter kleinen Kasernen und Pferdestallcn; Wöchnerin nen und Kranke mußten ihre gebeitzten Zimmer nicht selten den Soldaten räumen. Aus diesem ist denn auch der «ast unerschwing liche Aufwand, den die Erhaltung der ungeheu ren Menschenmasse erforderte, der Helzve, brauch, den die Wachtfeuer bei Tag und bei Nacht in» und außerhalb der Stadt nori wendig mach en, und vernicht nur alle Holzvorrarve, sondern auch vor der Stadt alle Verzäunungen und was an den Gartenhäusern verbrennbar war, und sogar an mehrer« Orlen in der Stadt Th urn, Fensterläden und hölzernes Gerüche anguff der Ruin der Hauser in der Stadt, der durch die drei malige starke Beschießung noch vermehrt w ude, und der Gärten und Baumpflantuugen außer halb.