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Voigtländi scher Anzeiger. 4. Stück. Freitags den 24. Januar 1806, Schrecklicher Unglücksfall zu Friednchg- grün bei Falkenstein. Auszug eines Briefs vom Herrn Pa stor Carl zu Falkenstein. Ich mochte Z Stunden ohngefähr geschla fen haben, als ich nach Friedrichsgrün geru fen wurde, wo ein Haus, und 4 Kinder — kaum kann ich's für Entsetzen schreiben — zu Asche verbrannt sind. Einen zu Kohle verwan delten Körper eines Knaben habe ich in dem Au genblick gesunden, wo er mit anderm Schutt, da man ihn für ein Stück verkohlten Holzes an sah, verworfen werden sollte. Zwey Kinder gehören dem Hausbesitzer an, zwey aber einem Schmelzer bei der Glashütte, der sich in die sem Hause eingemielhel balle. Die Mutter lag nach hiesiger Waldsitte nackend im Bette, und so wollte sie dem Flamnientodte entrinnen, stürzt aber, vom Dampf erstickt, schon an der Hausthür nieder, und würde das Schicksal zweyer Knaben, die ihr verbrannt sind, gelheilt habenwenn sie beim Fallen nicht zur Thür heraus gefallen wäre. Dorr lag sie bewußt los, und wurde von den herbeilaüfenden Retten, den, vom Feuer stark beschädigt, indem sie auf einer Geile im Schnee erstarrt war, her» ausgezogen. Sie lebt noch, und wird viel leicht, um den höchsten Jammer des Menschen leidens zu ertragen, noch lange leben; denn ich glaube, daß sie von Verstand kommen wird. Daneben liegt der Mann, der Gegenstand un aussprechlichen Entsetzens. Der Kopf, beide Arme und beide Beine sind im eigentlichsten Ginn des Wortes gebraten, und alle diese Theile Ha- Len ihre Form durchaus verloren. So lag der Elende, und so liegt er noch und lebt, denn die Brust und Eingeweide sind unverletzt geblieben. Neben ihm lechzt ein Kind, das fast an allen Theilen des Leibes verletzt ist, und alle diese Jammergestalten haben kein Hemde, kein Bette, kurz gar nichts, um sich die kleinen armseligen Bequemlichkeiten verschaffen zu können, die das Elend zu fordern ein Recht hat. Auch ein Mäd chen von r; Jahren, die Tochter des Schmel zers , ist über und über verbrannt. Denk' dir nun das Aechzen der Verbrannten, und die Schrcckenstöne der wüthcndstcn Verzweiflung dazwischen, die beiderseitige Acitern über den Flammentodt ihrer Kinder anstimmen, so hast du, wenn du es nicht selbst sahst, immer nur ein schwaches Bild des Elends, in welchem in wenig Minute» 2 Familien schmachteten. Was ich an Geld bei mir hatte, hab' ich alles weg- gegeben, und ließ auch gleich das Opfer-und Haufergeld im Dorfe cinsammlcn, um nur einst, weilen für Brod, oder sonst etwas, das durch augenblickliche Zahlung erkauft werden muß, herbcizuschaffen. Drei Kühe im Stall hat der Glasmeisicr gerettet, aber wahrscheinlich nur, um diese armen Thiere verhungern sehn zu müssen, denn nur wenig Menschen haben ein wenig Fut ter gebaut, und können, beim höchsten Mitleid, nichts geben. Heute laß ich ein sta>k beladenes Fuder Stroh hinausfahren. Gestern hat meine Frau die eine Mutter und das Kind nothdürflig bekleidet, und heute erwarte ich in Falkenstein eine Collette an Kleidungsstücken. Aber lieber Gott! es muß alles dürftig ausfallen, weil die Noth allenthalben die Familien und ihren Wohl stand geplündert hat. Indessen ists doch einst weilen Hülfe; Gott wird doch für mehr sorgen. Wenn nur diese Elenden ein Lager hätten, das nur etwas ähnliches von einem Bette hätte!! Liebster Bruder! kannst du vielleicht in Plauen etwas