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.X» 203, 31. August 1922. Redaktioneller Teil. Zeitungsvcrschmclzung in Hamburg. — Die im 27. Jahrgang er- Hochschulwesen und seine Entwicklung bezieht. Besonders interessant scheinende »Nene Hamburger Zeitung« ist am 28. August mit dein sind Hie ulten Urkunden, aus denen frühere Jahrhunderte sprechen. »Hamburger Anzeiger« verschmolzen worden. Das neue Blatt, das Zeitlich geordnet, läßt sich der ganze Werdegang des deutschen Hoch- unter dem Titel »Hamburger Anzeiger vereinigt mit Neue Hamburger schulwescns, von seinen Anfängen bis zur Jetztzeit, verfolgen. Die Zeitung« erscheint, wird entsprechend erweitert zu einer großen politi- i geistigen Zcitströmungen werden auch durch Original-Niederschriften scheu Tageszeitung mit unabhängiger liberaler Richtung. Es wird auch ^ einer großen Reihe von bedeutenden Hochschullehrern gekennzeichnet und das große Format der Neuen Hamburger Zeitung übernehmen. ^ erklärt. Die Valuta der Geistesarbeit. Professor A. Binz schließt einen in Nr. 59 der »Zeitschrift für angewandte Chemie« veröffentlichten Aus satz »Geist und Materie in der chemischen Industrie« mit folgenden Sätzen: »Man redet so viel von der Valuta des Geldes. Nicht weniger wichtig ist für die deutsche Industrie die Valuta der Geistes arbeit, und nicht zuletzt die Handarbeiter haben Anlaß, zu wünschen, daß diese Valuta wieder steigt, denn Zermürbnng der Kopfarbeiter be deutet Stillstand der Fabriken Für die Zukunft ergibt sich also der Schluß: Nicht ans die Rohstoffe kommt es an und nicht ans das Kapital, sondern auf die Geisteskräfte, welche die deutsche chemische In dustrie geschaffen haben. Wenn sie verkümmern, ist unsere Industrie verloren. Haben wir aber die Charakterstärke, trotz der Schwere der Zeit unsere innern Fähigkeiten weiter zu betätigen, so werden wir von neuem wie vor hundert Jahren per aspera acl asti-u steigen«. Hilfshandelsgeschäfte und Umsatzsteuer. — Unter Hilfsgcschäften des Kaufmanns versteht man Geschäfte, die nicht in den eigentlichen Kreis des Unternehmens fallen, die aber der Betrieb selbst mit sich bring:. So z. B. sind Hilfsgeschäfte die Versendung von Waren und die Ver äußerung von Betriebsmaterial, das überflüssig wurde. Das Entgelt dieser Geschäfte unterliegt der Umsatzsteuer, und zwar jeweils den höchsten Sätzen. Für einzelne Geschäfte unterliegt der Kaufmann der Kleinhandclslnxusstener gemäß § 21, die den Kleinhandel trifft, für andere der Privatluxussteuer, weil er diese Geschäfte nicht im Bereich seiner eigentlichen Tätigkeit vornimnu. Im übrigen ist für diese Ge schäfte die allgemeine Umsatzsteuer zn entrichten. (Urteil des Neichs- sinanzhofcs V. 77/21.) Die neue Akademie für Kirchen- und Schulmusik in Bcrlin-Char- lottenburg. — Das Akademische Institut für Kirchenmusik in Charlottcn- bnrg, in der Hardcnbergstraßc, hat jetzt durch Ministerialverfügnng den Namen »Akademie für Kirchen- und Schulmusik« erhalten. Diese Um benennung des Instituts, das in diesem Sommer sein lOOjährigcs Be stehen feiern konnte, erfolgt im Zuge der seit einiger Zeit im Gang befindlichen Neuorganisation und Neubclcbuug der Musikpslcge in Kirche und Schule, an der das preußische Kultusministerium arbeitet.' Die Änderung der Aufnahmebedingungen für die neue Akademie hat es sich Vorbehalten. Die Herbstwoche für Kunst und Wissenschaft in Kiel verspricht in diesem Jahre besonders vielseitig und interessant zn werden. Für den 4. September haben der Reichspräsident, der Neichsminister des Innern, der Ncichsiv-ehrminister und der Neichsjustizmiuistcr ihren Besuch zuge sagt. Am gleichen Tage wird Gcrhart Hauptmann als Gast der Stadt den Aufführungen seines »Hirtenliedes« und »Hanneles Himmelfahrt« beiwohnen. Besondere Anziehungen bieten weiter eine Opern-Urauf- führnng von Theodor Blank »Das ewige Leben«, Psitzners Kantate »Von deutscher Seele« und Aufführungen der Niederdeutschen Bühne, darunter die Uraufführung einer plattdeutschen Neudichtung des Spieles von »Jedermann« von Otto Mensing. Eine Reihe von Vorträgen be kannter Gelehrter, wie Ernst Cassircr, Rudolf Stammler, Richard Ha mann, v. Uexküll, Helene Lange, Ernst Troeltsch, Abderhalden, Eugen Fischer, geben dem wissenschaftlichen Teil der Veranstaltung ihre Be deutung. Wo bleibt das neue Hartgeld? (Siehe Bbl. Nr. 160.) — Am 11. August sollte das neue Hartgeld (Ein-, Drei- und Fünfmarkstücke) in den Verkehr gebracht werden. Es hat sehr viele Leute gegeben, die mit großem Interesse dieser neuen Geldart entgegensahen, um sich schleu nigst damit einzudecken und die schmutzigen Scheine dafür auszugeben. Bisher hat man jedoch vergeblich ans die Münzen gewartet. Die Öffent lichkeit hat noch kein Stück gesehen, und vielen ist cs ein Rätsel, wo das ansgcgebenc Hartgeld hingekommen sein mag. Zur Aufklärung hier über wird ans parlamentarischen Kreisen mitgeteilt: Für den Versas- sungstag (11. August) wurden 10 000 der neuen Dreimarkstücke in den Verkehr gebracht. Das Volk erhielt sie nicht. 1000 Stück erhielten die Angestellten der Generalstaatskasse, 1000 Stück die Angestellten der Münzen, der Rest ging Behörden und Ministerien zu. Gegen ein A n f- geld von 500 Prozent kann auch ein gewöhnlicher Sterblicher die Verfassungsdenkmünze erhalten. Demnächst werden weitere Ausmün- znngen erfolgen, man will angeblich für jeden Deutschen eine Verfas- snngsdenkmünze prägen, also 60 Millionen Stück. Ties bedeutet aber nicht, daß auch jeder eine erhält, denn die Sammler und Händler wollen leben. In den nächsten sechs Wochen sollen auch die anderen Hartmün zen folgen und bis Ende des Jahres sollen 500 Millionen ausgeprägt sein. Bucheinband-Ausstellung.—Die Firma M ax Hörhold , Buchhand lung und Antiquariat in Leipzig zeigt eine schöne Ausstellung wert voller Einbände in ihrem neuen Ansstellnngs- und Verkaufsraum Titt- richring 18. Ein prachtvolles Meisterstück deutscher Buchbinderkunst ist der in Grolier-Manicr gearbeitete und hervorragend schön erhaltene Einband der Kurfürftenbibcl. Unter den frühen Drucken des 16. Jahr hunderts ragt die als große Seltenheit bekannte Tezemberbibel Luthers hervor, deren Holzschnitte aus der Werkstatt Cranachs hervorgegangcn sind. Die reiche Auswahl von Kupserstichwerkcn (vor allem Merian), Galeriewerken, frühen Drucken, Seltenheiten und Kostbarkeiten ans allen Gebieten wird jedes Kenners Aufmerksamkeit erregen. Ausstellung zur Geschichte des deutschen Hochschulwesens im Kaiser Friedrich-Museum der Stadt Magdeburg. — Am 27. August fand die Eröffnung der Ausstellung in den Räumen der Graphischen Abteilung des Museums statt. In der Eröffnungsrede wies der Herr Oberbürger meister auf die Notwendigkeit des Zusammenwirkens der Kopf- nnd Handarbeiter hin und gab der Hoffnung Ausdruck, daß dies zum Segen des schwergeprüften Vaterlandes geschehen möge. vr. Greischcl über nahm nach einigen einleitenden Worten die Führung durch die vier großen Säle, in denen die Ausstellung nntergebracht ist. Mit Fleiß und Verständnis ist alles zusammengetrageu worden, was sich auf das Die Deutsche Bunscngcsellschaft tagt in diesem Jahre im Nahmen der Hundertjahrfeier der Gesellschaft der Naturforscher und Ärzte in Leipzig am 21. und 22. September. Sie stellt einen allgemeinen Phy siker- und Chemikerkongreß dar und hat für die wissenschaftliche Welt die größte Bedeutung. Es werden Hunderte von Gelehrten aus allen europäischen Ländern und den Vereinigten Staaten erwartet. Das all gemeine Berhandlungsthema lautet: Die Beziehungen der physikalischen Chemie zu den anderen Naturwissenschaften. Es werden 21 Hauptvor träge gehalten. Die Namen der Vortragenden zeigen deutlich, von welcher Wichtigkeit für die gesamte Naturwissenschaft die Tagung ist. ES halten Vorträge u. a. Geh. Rat Prof. Wilhelm Ostwald-Leipzig, Prof. Svante Arrhenius-Stockholm, Prof. Heinrich Goldschmidt-Christia- »ia, Prof. I. Loeb-New Port, Geh. Rat Walter Nernst-Berlin, Prof. Abel-Wien, Prof. Emil Bauer-Zürich, Prof. Beutner-Leyden, Prof. Hans v. Euler-Stockholm, Prof. Kasimir Fajans-München, Geh. Rat Hantzsch-Lcipzig, Geh. Rat Prof. Theodor Paul-München. Hascnbautcchnische Gesellschaft. — Die diesjährige Hauptversamm lung findet in der Zeit vom 7. bis 9. September d. I. in Stettin statt. Die Vorträge haben übernommen: Landrat a. D. Vr. Tewaag, Direktor der Stettiner Oderwerke, A.-G. für Schiffs- und Maschinen bau, Stettin, Prof. E. Jacoby der Universität Riga, Stadtbaurat Fabri- cius, Stettin, Magistratsbaurat Waeser, Frankfurt a. M. Auskünfte durch die Geschäftsstelle, Hamburg 14, Dalmannstraße 1, oder durch den Stettiner Ortsausschuß, Hascnbetriebsamt, Stettin, Freibezirk. Goethe und die österreichische Valuta. Ein Gvethefrcund schreibt der »Vossischen Zeitung«: Gelegentlich seines Kuraufenthaltes in Karls bad 1811 verzeichnet Goethe in den Annalen folgende Notizen über das Sinken des Geldwertes in Österreich als Folge der Kriegsunterneh- mungen zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts: »Ein ergangenes Patent hatte alle Welt verwirrt gemacht, die vorhandenen Zettel hatten allen Wert verloren . . . Die Verkäufer und Empfänger konnten dem sinkenden Papicrwert nicht genug nachrückcn, den Käufern und AuSge- benden geriet es auch nicht zum Vorteil: sie verschleuderten Groschen nnd wurden so allmählich ihre Dhaler los. Ter Zustand war von der Art, daß er auch ben Besonnensten zur Verrücktheit hinriß . . « Goethe und Lessing in Holland. — Der niederländische Kultus minister hat unlängst »Faust« und »Nathan der Weise« als unge eignet zum Literatnrnntcrricht in den holländischen höheren Bürger schulen von Amersfoort erklärt und die Behandlung dieser Dichtungen demgemäß verboten. Das Verbot hat in Holland starkes Aufsehen er regt. Der Minister wurde in der Kammer darüber interpelliert, doch 1249