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»75 Belohnte Diensttreue. - Die Frau von Stetten— eine Edle, im ganzen Sinne des Worts, gleich achtungs würdig wegen der Bildung ihres Geistes und der Edelthaten ihres Wandels — verdient als eine wahre Wohlthäterin der ärmern Volks klasse genennt zu werden. Immer beflissen, Gutes zu thun, hat ste erst vor kurzem einen schönen Beweis gegeben, «vie nachahmungs würdig sie wahre Verdienste, auch im niedern Stande, auszuzeichnen und zü belohnen weiß. Eine rechtschaffene Magd, Christiane-Var- bara Köllnerin (je seltner jetzt gute Dienst boten sind, desto mehr ist cs Pflicht, die bes sern zu bemerken), hatte sechzehn Jahre lang in einem bürgerlichen Hause treu und redlich gedient und verheirachete sich im April d. I. an einen braven Mann. Dieß hörte die Frau von Stetten, und ihr Herz konnte dem schönen Drang zur Wohlthätigkeit nicht wider stehn. Sie schenkte der Magd, außer Feyer, kleidern, Viktualien rc. zur Feyer ihrer Hoch zeit, hundert Gulden baar, und überschiekte ihr dieses Geschenk, nebst folgendem Gedichte, das als ein Spiegel für Herrschaften und Dienstboten in diesem Blatte seinen Platz vcr- dient. Schön ist's, gut und treu km Stillen handeln, Redlich durch das Leben hinzuwandeln, Voll Gefühl für Tugend und für Pflicht! Tugend ziert in jeglichem Gewände, Giebt uns Würde selbst im niedern Stande, Und ihr Kranz des Lohnes welket nicht. Ehrbarkeit im schlechten. Dnrgcrkleide> Zieret mehr, als wenn aus Gold und Seide Hoffarth glänzt, und leere Eitelkeit;, Ach! die Sucht nach modischen Gewändern, Und das Spiel mit Flitterstaat und Bändern, Hat so manches, nur zu spat, bereut. Sittsamkeit schmückt mehr als schöne Kleider, Die so manche Modcthörin, leider, Theuer kaufte für der Unschuld Preis. . Schön ist es, sich redlich zu ernähren, Weniges durch Sparsamkeit zu mehren. Und zufrieden seyn bei stillem Fleiß. Du erwarbst dir diese schöne Krone Des Verdienstes, und zu deinem Lohne Reicht ein braver Mann dir heut die Hand k Lang' bemerkt' ich deins stille Treue, Darum sey, am Tag der DundcSweihe, Diese Gabe dir von mir gesandt. SechzehnJahre sind, wie kurze Stunden, Dir in Ein es Hauses Dienst entschwunden, Treu der Pflicht gisngst du durchs Leben hin; Deine Herrschaft har nicht Glanz und Fülle, Aber Redlichkeit, bescheidne Stille, Häuslichkeit und ächten Bürgersinn. — Und ihr Zeugniß spricht zu deinem Lobe, Abgelegt hast du die schöne Probe Der Gesindelreue! Redlichkeit, Ehrbarkeit, Genügsamkeit und Treue Schmückten dich, — dein Beyspiel lehrt aus« neue: Tugend wohne unter jedem Kleid'! Deine Treue, die jetzt, leider, selten: Dcym Gesinde wohnet, zu vergelten, Send' ich dir ein kleines Heirathsgutk Nimm cs hin; mir ruhigem Gewissen Und mit Freude kannst du es genießen, Es ist Lohn für deinen Edelmuth. Wohl dir nun! auf deinen neuen Wegen Folget dir gewiß des Himmels Segen! Ünver-