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- ' ' s-u- ? - m" ^ Rr. ISS. Ix dtejsm gegen L Ätorv Äilchlag für jede» Äxemplar. LÄ^Wurad^M'stwerÄMerMÄjch^MWNMr)uAW?tt Leipzig, Mittwoch den 5, Juli 1916. 83. Jahrgang. Redaktioneller Teil. Deutscher Verlegerverein. Verkäufe von Sortimenlsgeschäften ohne Übernahme der Schulden. Erklärung. »Die Unterzeichneten Verleger erklären hiermit, daß sie den Käufern von Sortimentsbuchhandlungen das Rech nungskonto ohne weiteres schließen, die das Geschäft ohne Schulden übernommen und nicht für gleichzeitige Rege lung der vom Vorbesitzer stammenden Verpflichtungen gesorgt haben. Sie betrachten ihr Verlangen als be friedigt, wenn der Käufer eine den Verbindlichkeiten, die dem Verlagsbuchhandel gegenüber bestehen, entsprechende Summe von der Kaufsumme zurückbehält und diese bei dem Vereinsanwalt des Deut schen Verlegervereins, Herrn Justizrat Hillebrand, Rechtsanwalt und Notar in Leipzig, für die Deckung der Ostermeßzahlungen hinterlegt.« Diese Erklärung, die bereits im Börsenblatt Nr. 8 vom 12. Januar und Nr. 79 vom 5. April d. I. mit sämtlichen Unter schriften veröffentlicht worden ist, wird hiermit wiederholt be kannt gemacht. Schattenriffe deutscher Antiquare. Persönliche Erinnerungen aus den Jahren 1870—1915. Von Max Zieger 1. Die nachfolgenden Zeilen wollen versuchen, die Profile von Kollegen auszufangen, mit denen ich im Laufe von über vierzig Jahren geschäftlich und persönlich verkehrt habe, mit manchen freundschaftlich. Ich möchte eingangs bemerken, daß ich die verschiedenen Persönlichkeiten so schildere, wie ich sie gesehen habe, und nur den Eindruck geben will, den sie auf mich gemacht haben, weil ich hoffe, daß auf dies« Weise am ehesten das Indi viduelle der Gestalten herauskommen wird, das ich festzuhalten wünschte für die Berussgenossen, die nach uns kommen. Zn diesem Behufc kann ich ruhig meinen Lebensweg als Antiquar rekapitulieren und kann die Perlen an der Schnur aufreihen, Jahrzehnt an Jahrzehnt anknüpfend. Als junger Mensch, wenig über zwanzig Jahre alt, trat ich nach dem 70er Kriege als Gehilfe bei I. A. St a r g a r d t in Berlin ein; ich kam aus dem Sortiment und hatte keinen Schim mer vom Antiquariat, wohl aber eine unklare Neigung zu diesem Berusszweig«. Hier hatte ich es gut getroffen insofern, als ich auf eine originelle Persönlichkeit stieß und auf einen gewiegten, kenntnisreichen Antiquar; im übrigen mußte ich selbst zusehen und auspassen, um etwas zu lernen, was ja überhaupt das beste ist. Als ersten Gehilfen fand ich Eduard Rosenstein vor, damals ein etwas nervöser, brünetter, jugendlicher Mann, der den Chef verehrte und ihn doch, halb unbewußt, karikierte. Ich trat bald in ein freundschaftliches Verhältnis zu dem äußerst rechtlichen Rabbinerssohn. Er besitzt jetzt ein speziell jüdisches Anti quariat in Berlin. Stargardt war schon ein Mann stark in den Fünfzigen, als ich zu ihm kam; er hatte früher auch Sortiment mit einem Gesellschafter betrieben, mit dem er bittere Ersah« In der Zwischenzeit haben sich noch folgende Firmen zur Einhaltung der Erklärung durch Unterschrift verpflichtet: Bamberg. C C. Büchners Verlag. Berlin. Deutsches Druck- und Berlags- haus G. m. b. H. Jüdischer Verlag, G. m. b. H. Robert Marklcwicz, Verlag. Bremen. Carl Ed. Schllnemann. Chemnitz. Gottlob Koczle. E i l e n b u r g. C. B. cfsenhauer. Halle <Saale). Gebaucr-Schwetschke Druckerei u. Verlag »i. b. H. Hannover. Carl Meyer lGustav Prior). Innsbruck. Verlagsanstalt Tyrolia G. m. b.H. L a n g c n > a l z a. Lchulbuchhandlnng von F. G. 8. Gresilcr. Leipzig. Paul Eberhard!. F. Leineweber. Reiche,ibach'sche VerlagSbh. Hans Welcher Moritz Ruhl. M ll h l h a u s e n iT hü r.j. G. Danner, Verlag. M n n ch e n. Hermann A. Wiechmann. Nordhausern Heinrich Killinger. Stuttgart. Albert Auer's Musik- n. Buch verlag. Weima r. Gustav Kiepenheuer, Verlag. Gesamtzahl der Unterzeichner: 699. rungen gemacht haben soll (dieser Gesellschafter war Reuter, der Gründer des weltbekannten Londoner Nachrichtenbureaus, der einst mit dem ganzen Betrag der Ostermeß- Zahlungen nach Japan und China ging, später aber Stargardt dies« Summe wieder zur Verfügung gestellt haben soll), und hatte sich nun auf das Antiquariat zurückgezogen, und hier wieder aus das Spezialgebiet der He raldik und Genealogie als Stammstock, woran sich deutsche Lite ratur und Aiuiographen-Handel anschlossen. Auf diesen Ge bieten galt Stargardt als vorzüglicher Fachmann; er hatte ein sehr gutes Gedächtnis, verwechselte allerdings häufig die Be griffe, indem er unbewußt etwas ganz anderes sagte, als er meinte — eine Eigentümlichkeit, die ich bei vielen Antiquaren gefunden habe. Das Geschäft befand sich damals in der Jäger- stratz«, im ehemaligen Hause Varnhagen von Enses, einem alten Berliner Palrizicrhause mil Toreinfahrt und geräumigen Hos- gebäuden. Links, Hochparterre, war das Geschäft, bestehend aus einer zweifenstrigen Stube und einem nach hinten gelegenen Pack-Lokal. Die übrigen Räume gehörten zur Prival-Wohnung, wo die etwas streng-schöne Frau Mathilde waltete. Morgens überschritt Stargardt die häusliche Schwelle meist im Schlafrock, um in seiner von Bücherregalen abgegrenzten Ecke die Brief schaften durchzusehen. Erst nach dem zweiten Frühstück warf er sich in einen schwarzen Gehrock. Er war ein kleines, unter setztes Männchen mit auffallend kleinen Händen und Füßen, ergrautem Vollbart und entsprechendem .Haarkranz, von gelb licher Gesichtsfarbe und mil lebendig schwarzen Augen. Der Aus druck des ganzen Gesichts frappierend ähnlich dem bekannten Kopfe von Siegmund Feherabend. Stargardt war anregend und amüsant in der Unterhaltung mit den Kunden. Unter die sen sind mir in Erinnerung geblieben der dichtende Prinz Georg von Preußen, Geheimrat von Loeper, der Goethe-Forscher, 881