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145. 25. Juni 1912. Nichtamtlicher Teil. vvrsenblatt f. ». Dtschn. vuchhandeL 7729 ohne diese praktische Reformen nicht auf festen Grund stellen kann. Ohne uns vom theoretischen Gebiet zu entfernen, müssen wir jedoch auch die praktischen Fragen der Organisation er örtern und feststellen. inwieweit die Vertriebsorganisation die Produktion beeinflußt. In dieser Weise werden wir auf wissenschaftlicher Grund lage dahin gelangen, Wege und Richtungen der Bücherpro- duktion zu erkennen. Kleine Mitteilungen. Central-Verei« Deutscher Buch- und Zeitschrifterrhandler. — Von der diesjährigen Generalversammlung des Vereins in München (15.—-1V. Juni) sind folgende Ergebnisse zu melden. Zum Geschäftsbericht wurde folgender Antrag eingebracht: »Die Generalversammlung wolle beschließen: Der Ge schäftsbericht des Zentral-Vorstandes möge in Zukunft stets einen Abschnitt enthalten, der die allgemeine Geschäftslage unseres Berufes beleuchtet und eine geschichtliche und ver gleichende Übersicht über alle Vorgänge innerhalb und außer halb unseres Gewerbes bietet, die für uns von Wert, Interesse und Bedeutung sind. Erwünscht sind dabei objektive Hin weise auf die praktische Nutzanwendung für unsere Mitglieder aus allen zur Erwähnung gebrachten Verhältnissen oder Vor gängen.« Ferner ging folgender Antrag ein: »Der Unterzeichnete beantragt, es möge eine ständige, all- jährlich in der Generalversammlung neuzuwählende Kommission von drei Mitgliedern gebildet werden, deren Aufgabe es ist, sich mit dem Vorstand des Börsenvereins in Verbindung zu setzen, um alle den Buch- und Zeitschriftenhandel be treffenden Fragen gemeinsam mit diesem zu beraten und zu entscheiden. Die Kommission soll sich auch mit den Behörden und mit der Presse in Verbindung zu setzen versuchen. München, den 17. Juni 1912. Rob. Markiewicz. Beide Anträge wurden angenommen. In die neue Kom mission wurden gewählt die Herren Markiewicz, Geißler und Max Mittag. An die Spitze des Centralvereins wurde als erster Vor sitzender wiederum Herr Ernst Globig-Berlin berufen (auf 3 Jahre), weiter wurden neu- bzw. wiedergewählt die Herren Wilhelm Hiller-Magdeburg zum 2. Schriftführer (auf 3 Jahre), Härdel-Nürnberg zum 2. Schatzmeister (auf 3 Jahre), Schröter- Dresden und Klein-Düsseldorf zu Beisitzern (auf 1 Jahr), Robert Giesler-Hamburg zum Mitglied der Prüfungskommission (auf 3 Jahre). — Ferner wurde beschlossen, einen neuen Syndikus anzustellen, und Straßburg zum Ort der nächsten Generalversamm- lung bestimmt. Deutscher Buchüewerbevereiu- — Uber die in diesem Jahre in München abgehaltene Hauptversammlung wird berichtet, daß sie gut besucht war und einen allgemein befriedigenden Verlauf nahm. In der Gruppe der etwa 40 auswärtigen Teilnehmer war Leipzig, der Sitz des Vereins, am stärksten vertreten, doch waren auch Gäste aus anderen deutschen Städten und aus Österreich und der Schweiz gekommen. In der Sitzung am 20. Juni im Künstler hause sprach Herr Ministerialdirektor von Meine! dem Verein die Anerkennung der Regierung aus, daß er in verdienstvoller Weise für gefällige und schöne Buchausstattung sich bemühe, durch Vervollkommnung der Jllustrationstechnik die Meisterwerke der Kunst den breitesten Volksschichten zugänglich mache und so zur Hebung des guten Geschmacks viel beitrage. Namens des Magistrats sprach Herr Studienrat vr. Kerschensteiner, wies auf die enorm aufsteigende Entwickelung hin, die das deutsche Buch gewerbe in den letzten Jahrzehnten in künstlerischer Hinsicht genommen und die heute einen durchschnittlichen Stand er reicht hat, wie ihn kein anderer Staat aufweise. Dieser Auf- schwung sei der Anregung aus Künstlerkreisen und der großen Opferwilligkeit der Verleger und Schriftgießer in Deutschland zu danken. Die vom Buchgewerbeverein gegebenen An- regungen habe man in München befolgt; es seien dort Fach schulen für das graphische Gewerbe und die künstlerisch geleitete Lehr- und Versuchsanstalt für Photographie entstanden, die sich Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 79. Jahrgang. der kräftigen Unterstützung von Staat und Stadt erfreuten. Daraus sei zu ersehen, daß hier diesem Gewerbe nicht bloß platonische Liebe, sondern opferwillige Gesinnung entgegen gebracht werde. Der Vorsitzende des Vereins, Herr Or. L- Volkmann, in Firma Breitkopf L Härtel, Leipzig, gab nach dem Dank an die beiden Redner einen Bericht über die in Leipzig geplante inter nationale Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik (einschließlich Photographie), die unter dem Protektorat des Königs von Sachsen zu Ehren des 150jährigen Bestehens der Kgl. Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe veranstaltet wird. Im Anschluß an den mit lebhaftem Beifall aufgenommenen Vortrag wurde auf Vorschlag von Kommerzienrat Oldenbourg eine Kommission ernannt, die für eine gediegene Durchführung der bayerischen bzw. Münchener Abteilung bürgt, denn es sollen nicht bloß die einzelnen Firmen, sondern auch die Fachvereinigungen zur Be teiligung eingeladen werden. Die für diese Kommission be stimmten Herren sind: Bleicher (Firma Grimm L Bleicher), Buchdruckereibesitzer Graßl, Hofphotograph Greiner, Edgar Hanfstaengl, vr. Georg Hirth, Alexander Jadasson für den Drei Masken Verlag, Obernetter, Alexander Oldenbourg, Rat Ritter von Schmaedel, Generaldirektor Schwarz, Sellier, Simhart (Firma Brend'amour, Simhart <L Co.), Karl Wolf in Firma Wolf L Sohn, Generalkonsul Tüngler und Verlagsbuchhändler H. v. Weber. Die geschäftlichen Beratungen vollzogen sich glatt; es wurden der Geschäftsbericht und die Rechnungslegung genehmigt. Das Andenken der verstorbenen Mitglieder, sowie des ver dienten dahingeschiedenen Verwaltungsdirektors Wörnlein (Leipzig) wurde durch Erheben von den Sitzen geehrt, die Vorstandschaft mit Herrn Dr. Volkmann an der Spitze wiedergewählt. An Stelle des durch Krankheit an weiterer Amtsführung behinderten Herrn Martin Schroeder wurde Herr Gustav Flinsch (Firma Ferd. Flinsch, G. m. b. H., Leipzig) neugewählt. In den Vereinsausschuß wurden ebenfalls die bisherigen Mitglieder durch Zuruf wiedergewählt. Allgemeiner Knnstgewerbezeichnertag. — Der vom Ver band der Kunstgewerbezeichner aus Anlaß der Bayerischen Gewerbeschau München 1912 geplante »Allgemeine Kunst gewerbezeichnertag« findet in der Zeit vom 29. Juni bis 2. Juli in München statt. Die Hauptverhandlungen sind für Sonntag, 30. Juni, vormittags 10 Uhr, im Münchener Kunst gewerbehause angesetzt. Es referieren der Privatdozent an der königlichen technischen Hochschule München vr. pkil. Popp über »Die Aufgaben und Entwicklungstendenzen des neuzeitlichen Kunstgewerbes«, sowie der Vorsitzende des Verbandes der Kunst gewerbezeichner Herm. Weiß-Berlin über »Die Stellung und Aufgaben der Zeichner im Kunstgewerbe«. An den Verhandlungen können alle deutschen Kunstgewerbezeichner und sonstigen Inter essenten teilnehmen. Auskunft erteilt die Verbandsgeschäftsstelle in Berlin 80. 16. Wusterhausener Str. 12. Um einen neuen Rembrandt ist das Berliner Kaiser Friedrich-Museum unerwarteterweise bereichert worden. Das Werk hat man bisher für eine Wiederholung des Bildnisses des sogenannten Vaters von Rembrandt gehalten. Nachdem Professor Hauser das Bild von entstellenden Übermalungen befreit hat, ist es jetzt von Wilhelm Bode als ein Original, und zwar ein Jugendwerk Rembrandts, erkannt worden. »Seine frische und leichte, ausdrucksvolle und geistreiche Haltung«, so schreibt Bode in der Zeitschrift für bildende Kunst, »gibt dem schon seinem Umfang nach für Rembrandts Jugend ungewöhnlichen Porträt einen der ersten Plätze. Das repräsentative Werk, das das Monogramm des Künstlers trägt, zeigt die Halbfigur jenes Mannes, den Rembrandt um 1630 so oft gemalt hat, daß man den alten Müller Härmen van Rhyn darin sehen wollte. Uber dem breit ausladenden Mantel hängt eine prächtige goldene Kette, den Hals umschnürt ein Stahlkragen, den energisch beleuchteten, forsch blickenden Kopf schmückt ein keckes Federbarett.« Das Lon doner Exemplar, das bisher als Original galt, ist nach Bodes Aus- führungen nur eine tüchtige Wiederholung in der Art jener Schüler, die sich schon damals um den erst 2Sjährigen Jüngling in seiner Leidener Werkstatt drängten. Wenn Rembrandt selbst eine Arbeit von sich kopierte, so wurde unter seinen Händen 1008