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Großenhainer Unterhaltung- L Anzeigeblatt. äer Römgk Rmig^auptmann^ll^, «les Königs Amtsgerichts unä äes Äaätraths zu Großenhain. Redaction, Druck und Verlag von Herrmann Starke in Großenhain. 1^1 Erscheinen: Dienstag, Donnerstag, Sonnabend. HVittrnircki don Inserate werden Tags vorher bis ftüh 9 Uhr für 1870 »«ZI-. Abonnement vierteljährlich 1 Mark. ven SU. die nächste Nummer angenommen. LOß V« Anmeldungen neuer Schüler für Ostern werden angenommen im Realschulgebäude vom 10. Januar bis 7. Februar, am besten 11 Uhr. Bei der Anmeldung sind 10 Mark Aufnahmegebühr zu bezahlen, sowie Taufzeugniß, Impfschein und Schulzeugniß vorzulegen; bei Schülern hiesiger Stadtschulen genügt das Censurbuch. Der Schüler ist persönlich vorzustellen. Vorausgesetzt wird die Vorbildung, wie sie ein gut be nutzter vierjähriger Besuch der Volksschule zu bieten pflegt. Dringend zu empfehlen ist, daß der Knabe im Alter von 10—11 Jahren in die Realschule eintrete. vr. Julius Kober, Director. Meujahr 188V. So ist er wieder den« vollendet Der Monde fest geschloss'ner Kreis, Das Jahr hat seinen Lauf geendet, Es ging zur Ruh' ein müder Greis. Verhallt sind Gruß und Abschiedsworte, Schon däminert bleiches Morgenlicht, Das neue Jahr steht an der Pforte Mit holdem Kinderangesicht. Es spricht — die frischen Lippen regen Sich lächelnd — „Bitte, laßt mich ein! Ihr blickt voll Hoffnung mir entgegen, So laßt mich nur« willkommen sein. Bevor der Tag noch angebrochen Bei Glockenhall und Becherklang, Sind viel der Wünsche ausgesprochen Und manche Klage tönte bang. Nicht jedes Sehnen werd' ich stillen, Nicht ebnen jede rauhe Bahn — Ich folge nur des Höchsten Willen, Und was er thut, ist wohlgethan. Mir ist, was in des Schleiers Falten Die Zukunft birgt, nicht offenbar — Ich aber werde segnend walten, Denn treu im Wechsel ist das Jahr. Die Sonne strahlt im Lenz hernieder Und ruft die Blüthen allzumal, Die Aehren reist der Sommer wieder, Der Herbst bringt Frucht in großer Zahl. Und wenn des Winters eis'ge Hülle Erstarrend auch die Erde deckt, -Tief unten regt sich Lebensfülle, Die neuer Lenz aufs Neue weckt. So fügt denn in der Zeiten Rahmen Getrost nur Thun und Lassen ein, Was ihr beginnt in Gottes Namen, Das wird gewiß zum Segen sein. Auf Ihn und eigne Kraft vertrauen Mit frischem Muth, das Ange klar — So mögt ihr hoffend vorwärts schauen, Und nun: Glück auf zum neuen Jahr!" Am Keujahrs-Worgen. Das neue Jahr zieht heute an dem politischen Horizont Europas herauf, zwar nicht bei völlig heiterm, von der Sonne des Glückes beschienenen Himmel, aber doch auch nicht hinter schwarzen, unheildrohenden Wolken ; sein Beginn berechtigt uns zu der Hoffnung, daß wir bei geduldigem Aushalten und fleißiger Mitarbeit früher oder später bessere Tage in ihm erleben werden, als die seines Vorgängers waren. Im Osten geht ja die Frage, deren Lösung schon Jahre lang den Weltfrieden bedrohte, ersichtlich dem fried lichen Ende entgegen, welches die Natur der Dinge ihr anweist, und unser Nachbar im Westen wünscht fürs Erste nichts sehnlicher, als sich von der Sonne des Glücks, welche ihm geschienen hat, auch feruerhin ungestört weiter bescheinen zu lassen. Wir freuen uns des zn erwartenden äußeren Friedens umsomehr, als wir desselben dringend bedürfen, um an deu Aufgaben, welche unsere inneren Angelegenheiten uns stellen, mit Erfolg arbeiten zu können. Auf allen Kreisen unseres ganzen Volkes lastet noch der Druck der wirthschaftlichen Lage. Wir fühlen ihn in dem Augenblicke, wo wir die Bilanz unserer Jahresarbeit ziehen, noch tiefer als sonst. Die Hoffnungen, mit denen wir in das vergangene Jahr eintraten, haben sich gar nicht oder nur in geringem Maße erfüllt. Das Uebel ist dadurch, daß es sich außerhalb Deutschlands auSgebreitet und schließlich auch das industriereichste Laud der Welt, England, nicht verschont hat, nur noch schlimmer geworden. In dieser Erscheinung liegt aber andererseits ein nicht geringer Trost. Die Wahrnehmung, daß die Stockung des wirthschaftlichen Lebens über alle Eulturländer hereingebrochen ist, erinnert an das Naturgesetz, wonach auf allen Gebieten auf die Ebbe nothwendig immer wieder eine Fluth folgt und daß diese um so segenbringeuver wirkt, je mehr sie die Wege für sich geebnet findet. Solches Schicksal ist uns Menschenkindern nun einmal beschieden und wir müssen damit rechnen, als mit etwas Gegebenem. Keiner entgeht ihm. Betrachtet man Die jenigen, welche wir vor Allem glücklich zu schätzen pflegen, die mit Gütern Gesegneten und in der Gesellschaft Hoch stehenden, so wird man, wenn sie den Abend ihres Lebens erreichen, auch auf ihrer Stirn die Wellenlinien finden, welche Kummer und Sorge im Laufe der vielen Jahre hinein gruben. Wir beneiden sie nicht! Ja, uns Allen ist gleiches Schicksal beschieden. Wir wissen nicht, was der nächste Augenblick, geschweige denn das neue Jahr in seinem Schooße birgt; wir wissen nicht, welcher Schmerz uns treffen wird, von wem vielleicht wir sogar scheiden müssen. Doch ein Jeder lasse nur die Dinge an sich heranwehen und biete ihnen stolz die Stirn. Im Mißgeschick pflegen die Holländer zu sagen: „steh' unerschütterlich fest" und es scheint uns dies eine gute Stütze in den Ungewittern des Lebens zu sein. Wenn wir die Unannehmlichkeiten erwarten, können sie uns nur halb so viel anthun. Es giebt nicht leicht etwas Herrlicheres, als den Anblick eines Mannes, der tapfer gegen Widerwärtigkeiten ankämpft und aus dem Kampfe lächelnd hervorgeht. Wer seinen eigenen Lebenslauf nachdenklich durchforscht, wird sicherlich finden, daß Begebenheiten, welche ihm einstens voll Trübsal und Ungemach schienen, seinem Charakter und seinen Anlagen gemäß sich fast allemal zuletzt als ihm er sprießlich zeigten. Der Weg, den er zu gehen wünschte, aber zu seinem Gram durch unübersteigliche Hindernisse verlegt fand, war ganz gewiß nicht der richtige für ihn. Mit freundlichen und mit harten Stößen treibt das Schicksal uns die Bahn entlang, auf der unser Fuß gehen kann; wir thun am besten, willig zu folgen. Wer aufmerksam ist und Erfahrungen nicht ungenützt läßt, bringt es schließ lich dazu, die harten Stöße fast schmerzlos von sich ab prallen zu lassen. Die heilige Schrift nennt die Leiden, mit denen wir heimgesucht werden, Prüfungen und sie hat gewiß Recht. Andere sind zwar der Meinung, aller Schmerz diene nur dazu, uns die Pausen von Schmerzlosigkeit schon als ein Glück betrachten zu lassen, gleichwie der Kranke sich im Paradiese wähnt, wenn er zu leiden aufhört. Diese Auf fassung ist aber trüb' und unzulänglich. Man mag vielmehr fest überzeugt sein, daß alles Mißgeschick dem Aufmerksamen nur zu seinem Vortheile ausschlägt; also, wenn man die ! Sache vom höheren Standpunkte aus betrachtet, als er- freulicb gelten kann. Sehen wir daher den Widerwärtig keiten, von denen raS neue Jahr nicht frei sein wird, getrost ! entgegen. Möge aber einem Jeden doch nur ein ganz ge- , ringer Tbeil davon zugemeffen sein! Höchst wahrscheinlich birgt aber das neue Jahr auch viel Erfreuliches für uns im Schooße. Zwar seufzen wir noch unter der wirthschaftlichen Niederlage, die uns seit Jahren bett offen, aber schon sehen wir Land und neues Hoffen erwacht in uns. Bald wird sich Alles zum Bessern kehren! Es liegt etwas in der Lust wie eine Verkündigung nahen HcilS. Allerdings sind wir noch nicht ganz aus der Nacht heraus, aber wenn es auch erst dämmert, so leuchtet dem aufmerksamen Beobachter doch schon ein schönerer Morgen stern. Und so treten wir voll Muth und Zuversicht ins neue Jahr hinüber, uns gelobend, Wahrheit und Liebe zu den Menschen und Allem, was gut und evel ist, zum Leitstern unseres Lebens zu machen. Dann tragen wir die Quelle vielfachen Glückes in uns. Tagtäglich wird dieses Glück Jedem zu Theil, der seinen Willen dem Guten zuneigt und selbst in Trübsal sich auf seiner Bahn nicht irre machen läßt. Ja, diese Eigenschaften erheben den Menschen über sich selbst, heiligen die Stelle, wo er weilt, und erfüllen ihn mit wahrem Frieden! In diesem Sinne und mit diesem Wunsche allen unsern Mitmenschen ein glückliches neues Jahr! Tagesnachrichtm. Sachsen. Aus einer der Finanzdeputation der zweiten Kammer vorgelegten Denkschrift, welche die Elbstrom-Re- gulirung behandelt, ist ersichtlich, daß Preußen für diese Negulirung bis jetzt ziemlich 13'/« Mill. Mark aufgewendet und zur Fortsetzung derselben weitere 8 Millionen bewilligt hat. Als interessant ist aus der Denkschrift zu ersehen (und es erstreckt sich diese Thatsache auch auf die corrigirte Elb- strecke innerhalb Sachsens), daß die Tragfähigkeit größerer Fahrzeuge seit 1842 vou 3000 auf 10,000 Etr. gestiegen ist. Ein anderer Nutzen wird aber auch darin gefunden, daß die Fahrzeuge, welche früher nur 2—3 Fahrten machen konnten, jetzt 6—7 Fahrten ausführen können. Ebenso ist bei der leichteren Handhabung der Fahrzeuge die Bemannuug derselben von 6—7 auf 3—4 Manu reducirt worden. Die Kettenschleppschifffahrt ermöglicht es aber den Transport- Fahrzeugen, bei widrigem Winde ihre Fahrten ungehindert fortzusetzen und jeden Aufenthalt zu vermeiden. Auch soll bemerkt worden sein, daß mit Einschränkung der Stromrinne zugleich die Eisbildung und Schollenentwickelung abgenommen und daß mit Minderung der Untiefen das Eintreten von Eisstopfungen nachgelassen habe, so daß mit der Elbcorrection die Vorfluth und der Eisgang an Gefährlichkeit verloren, die anliegenden Niederungen gewonnen hätten. Ein recht trauriger Vorfall trug sich am zweiten Feier tage im Thiergarten zu Colditz zu. Der 21 Jahre alte Oeconomieverwalter Arno Steiger, der Sohn des Ritter gutsbesitzers Steiger in Zschirla, hielt sich zu den Festtagen bei den Aeltern auf und hatte eine Schlittenfahrt nach Col ditz unternommen. Auf dem Nachhausewege nun war im Thiergarten das Pferd durchgegangen und mit dem Schlitten nach Leisnig zu gerast. Bei dem Anprall an eine Brücken mauer wurde der unglückliche junge Mann aus dem Schlitten geschleudert und so schwer verletzt, daß er nach wenigen Augenblicken eine Leiche war. Das Geschirr war total zertrümmert. — Am 28. Decbr. Abends 7 Uhr brach bei dem Häusler Carl Ruhland in Tauscha bei Königsbrück Feuer aus, infolge dessen Wohnhaus, Stallgebäude und Scheune ein geäschert wurden. Deutsches Reich. Von mehreren Bundesregierungen werden neuerdings zahlreiche und lebhafte Klagen wegen der Ueberhandnahme des Vagabouden- und Bettlerwesens laut und wird als Verbesserung dieser Zustände eine ra- dicale Beschränkung des Freizügigkeitsgesetzes verlangt. In leitenden Kreisen ist man diesem Gedanken näher getreten, indem dort auch die trotz des Socialistengesetzes immer weiter um sich greifende socialiftische Propaganda von der Freizügigkeit hergeleitet wird. Die vorläufigen Berathungen der Reichscommission zur Verhütung des gelben Fiebers auf Seeschiffen machen die spätere Hinzuziehung von Vertretern der deutschen Seeufer staaten zu den Arbeiten der Commission wahrscheinlich. Die „Nordd. Allg. Zlg." schreibt in officiöser Form: „Die Zahlungseinstellung eines bekannten Handelshauses in Hamburg (I. C. Goddfroy und Sohn) hat die Besorgniß wachgerufen, daß die von demselben begründeten Factoreien und Plantagen auf Samoa mit dem hierzu gehörigen, über fast alle Südsee-Inseln verbreiteten Geschäft in die Hände fremder Gläubiger übergehen könnten. Der in Folge dessen vielfach geäußerte Wunsch, daß dieser Verlust für den deutschen Handel eventuell unter finanzieller Beihülfe des Reichs verhütet werden möchte, geht seiner Erfüllung ent gegen. Nachdem an maßgebender Stelle die Einbringung eines Antrags an die gesetzgebenden Factoren des Reichs wegen Gewährung einer Unterstützung des Unternehmens vermöge einer subsidiären Dividenden-Garantie für die Actionäre in Aussicht gestellt worden ist, wird demnächst der von namhaften Finanzmännern entworfene Plan zur Errichtung einer neuen deutschen Gesellschaft ins Leben treten, welche mit der Erwerbung der fraglichen Factoreien und Plantagen ihre Wirksamkeit beginnen soll." Wie mehrere Berliner Blätter melden, ist daselbst am ersten Feiertage von der Polizei eine geheime nihilistische Druckerei entdeckt worden. Der Inhaber, ein Schriftsetzer Werner, wurde nebst zwei Gehilfen verhaftet. Zugleich sollen 1000 Exemplare einer soeben fertig gestellten social revolutionären Zeitung mit Beschlag belegt worden sein. Ein Student namens Cohn, ein Pole, gehört ebenfalls zu den Verhafteten. Am Sonnabend haben fernere Verhaftungen und Haussuchungen (namentlich bei ausländischen Studenten) stattgefunden, bei welchen Correspondenzen entdeckt worden sind, welche auf eine Verbindung von Socialisten und Nihilisten schließen lassen. Werner soll ein berüchtigter Revolutionär und schon in Sibirien gewesen sein. Das fünfte allgemeine deutsche Turnfest in Frankfurt a. M. wird an derselben Stelle abgehalten werden, wo das erste deutsche Schützenfest stattfand. Baron Rothschild hat das ihm gehörige Terrain dazu bewilligt. Frankreich. Das neue Ministerium hat sich in fol gender Weise constituirt: de Frehcinet, Conseilöpräsident und Minister des Auswärtigen; Lepöre, Inneres und Cul- tus; Cazot, Justiz; Magnin, Finanzen; General Farre, Krieg; Jaureguiberry, Marine und Colonien; Ferry, Unterricht; Varroy, öffentliche Arbeiten; Tirard, Ackerbau und Handel; Cochery, Posten und Telegraphen. — Die Pariser Blätter heben hervor, daß das neue Cabinet voll kommen homogen sei und nur aus Mitgliedern der gemäßig ten Linken und der republikanischen Union bestehe. England. Das Kriegsamt hat angeordnet, daß die Geschützgießerei des Woolwicher Arsenals nächsten Montag ihre volle Thätigkeit wieder aufnehme. Wie verlautet, ist die Entscheidung in dem Kampfe zwischen Vorderlader und Hinterlader gefallen und handelt es sich um Anfertigung einer größeren Anzahl Hinterlader nach französischem System. Die Hinterlader fallen an Rohrgewicht schwerer aus als das Caliber der entsprechenden Vorderlader. Die Admiralität hat Weisung gegeben, daß auf den StaatSwerften weiter keine Arbeiter entlassen werden sollen.